Myokardinfarkt Typ 2: Ursache ist oft nicht das Herz

Einem Myokardinfarkt vom Typ 2 liegt offenbar in vielen Fällen eine nicht kardiovaskuläre Ursache zugrunde. In einem Review über 14 Studien mit knapp 4000 Patienten zählten neben Tachyarrhythmien z. B. auch Eisenmangel, Infektionen sowie eine respiratorische Insuffizienz zu den häufigsten Auslösern. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Beim Myokardinfarkt (MI) vom Typ 2 liegt definitionsgemäß ein Missverhältnis zwischen myokardialem Sauerstoffangebot und Sauerstoffbedarf vor. Damit unterscheidet sich der MI Typ 2 grundlegend vom klassischen MI (Typ 1), der durch ein akutes atherothrombotisches Ereignis in den Koronarien, z. B. eine Plaqueruptur, verursacht wird. Da die Therapieempfehlungen in den beiden Fällen sehr stark voneinander abweichen, ist das klinische Assessment ganz entscheidend. Ein Forscherteam aus China hat nun in einer Literaturübersicht die wichtigsten klinischen Charakteristika des MI Typ 2 zusammengestellt. Demnach betrifft das Krankheitsbild in erster Linie ältere Patienten, vor allem Männer, und zwar insbesondere solche mit einer oder mehreren relevanten Begleiterkrankungen. Als Haupttriggerfaktor geben Guingqiang Wang und Kollegen von der Qingdao University in Shandong Arrhythmien an, insbesondere Tachyarrhythmien. Aber auch nicht kardiovaskuläre Auslöser spielen dem Team zufolge offenbar eine wichtige Rolle. Wang und sein Team hatten 14 Kohortenstudien – sieben retrospektive und sieben prospektive – berücksichtigt; daran waren insgesamt 3867 Patienten, die einen MI Typ 2 erlitten hatten, beteiligt. Das mittlere Alter der Teilnehmer lag bei über 60 Jahren. Zwischen 70 und 98% der Patienten wiesen bei der Präsentation einen NSTEMI (Nicht-ST-Hebungsinfarkt) auf. Meist nur ein Auslöser Als häufige Ursachen für den akuten Infarkt identifizierten Wang et al. neben Arrhythmien auch Anämie, Hochdruck, Infektion bzw. Sepsis, respiratorische Insuffizienz, Hypotension, Herzinsuffizienz sowie „postoperative Faktoren“. In den meisten Fällen (> 70%), so die Forscher, habe es sich um „einen einzelnen Auslöser“ gehandelt, mehr als zwei gleichzeitige vorhandene Triggerfaktoren waren relativ selten (max. 6%). Die Diagnostik des MI Typ 2 ist angesichts des heterogenen Krankheitsbilds eine Herausforderung. Bei den diagnostischen Verfahren, die in den verschiedenen Studien angewendet wurden, schwanken die Angaben sehr stark; so betrug der Anteil der Koronarangiografien zwischen 5% und 60%, eine PCI (perkutane Koronarintervention) kam in 0% bis 51% zum Einsatz. Wang et al. empfehlen, bei der Diagnostik sowohl die akute Myokardschädigung/-ischämie als auch das Missverhältnis aus myokardialem Sauerstoffangebot und bedarf zu berücksichtigen. Leitlinien für das optimale Management des MI Typ 2 gibt es derzeit noch nicht. Experten empfehlen je nach klinischem Szenario ganz verschiedene, teilweise entgegengesetzte Maßnahmen, z. B. die Transfusion von Blutprodukten, Kreislaufunterstützung, Volumenentzug, respiratorische Unterstützung, Frequenzkontrolle oder Senkung des Blutdrucks. Den Studienteilnehmern wurde nach der Entlassung aus der Klinik eine relativ breite Palette von Medikamenten verschrieben, darunter Aspirin, P2Y12-Inhibitoren, Betablocker, ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorblocker und Statine. Therapie abhängig vom Pathomechanismus Nach Wang und seinem Team muss die Therapie davon abhängig gemacht werden, welche Pathomechanismen im Einzelfall vorliegen. Die sonst beim Herzinfarkt übliche Therapie mit Antikoagulanzien und/oder Thrombozytenfunktionshemmern könne bei diesem Krankheitsbild u. U. sogar von Nachteil sein. Der MI Typ 2, so Wang und Kollegen, sei langfristig mit einer hohen Mortalität verbunden, wobei die meisten Todesfälle auf nicht kardiovaskuläre Ursachen zurückzuführen seien. Allerdings sei die schlechte Prognose angesichts des fortgeschrittenen Alters der Patienten und der Häufigkeit an Begleiterkrankungen auch nicht besonders überraschend. Auch die hämodynamische Instabilität spiele dabei wohl eine Rolle. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wodurch wird ein Myokardinfarkt vom Typ 2 ausgelöst? Antwort: Verschiedene Triggerfaktoren scheinen eine Rolle zu spielen, darunter vor allem Tachyarrhythmien, Infektionen/Sepsis sowie Ateminsuffizienz. Bedeutung: Beim therapeutischen Management sind die individuellen Ursachen zu berücksichtigen. Einschränkung: Kohortenstudie mit heterogener Studienpopulation. Heterogenität der diagnostischen Verfahren.

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