In den ersten Jahren nach einer Krebsdiagnose ist das Frakturrisiko mehr als die Hälfte erhöht. Besonders hoch ist es für Personen mit Metastasen und nach einer Chemotherapie, viel Bewegung geht dagegen mit einer verringerten Gefahr für Knochen- und Wirbelbrüche einher.
Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.
Eine überstandene Krebserkrankung kann bei älteren Menschen das Risiko von Stürzen und Frakturen erhöhen, etwa, weil solche Menschen als Folge der Erkrankung gebrechlicher sind. Aber auch andere Faktoren wie Bewegung und Ernährung oder die Krebstherapie können das Risiko für Stürze modulieren und die Belastbarkeit der Knochen reduzieren. Ein Team um Dr. Erika Rees-Punia von der amerikanischen Krebsgesellschaft in Minneapolis hat sich aus diesem Grund Angaben einer großen prospektiven Bevölkerungsstudie, der Cancer Prevention Study II (CPS-II), genauer angeschaut und nach Faktoren für ein erhöhtes Frakturrisiko gesucht. Danach scheinen vor allem eine fortgeschrittene Erkrankung, wenig Bewegung, Rauchen und eine Chemotherapie die Gefahr für Frakturen zu erhöhen.
57% mehr Frakturen
An CPS-II nehmen seit den 1990er-Jahren über 180.000 Personen aus 21 US-Bundesstaaten teil. Unter anderem sollen über die Studie Krebsrisikofaktoren, -inzidenzen sowie -sterberaten ermittelt werden. Ein Teil der Personen wird alle zwei Jahre auch nach Lebensstilfaktoren wie Bewegung, Ernährung und Drogenkonsum befragt. Für seine Analyse bezog sich das Team um Rees-Punia auf Angaben zu über 92.000 älteren Personen, die 1999 noch nicht an Krebs erkrankt waren. Im Schnitt waren diese zu Beginn 69 Jahre alt, knapp 70% hatten mindestens einen College-Abschluss oder eine Ausbildung, etwas mehr als die Hälfte gab an, sich körperlich ausreichend zu bewegen, nur 5% rauchten, aber knapp die Hälfte hatte früher einmal geraucht, der Frauenanteil lag bei 56%.
Bis Ende 2017 waren rund 14.200 Personen an Krebs erkrankt (15%), Männer und Raucher waren deutlich häufiger betroffen als Frauen und Nichtraucher. Die Forschenden um Rees-Punia schauten nun anhand von Medicare-Daten nach Frakturen bei Personen mit und ohne Krebs, wobei sie sich auf solche konzentrierten, die für gebrechliche Menschen typisch sind, also Becken- und Wirbelkörperbrüche sowie Radiusfrakturen. Rund 11.400 solcher Frakturen traten bei Personen ohne Krebs, 1240 bei solchen nach einer Krebserkrankung auf.
Über den gesamten Studienzeitraum hinweg erkrankten Krebsüberlebende häufiger an den genannten Frakturen als vergleichbare Personen ohne Krebs. Berücksichtigt wurden dabei neben Alter, Geschlecht, Wohnort und Ethnie auch Lebensstilfaktoren wie Rauchen, Alkohol- und Tabakkonsum, BMI sowie körperliche Aktivität. Am stärksten war das Frakturrisiko für Krebskranke im Vergleich zu nicht erkrankten im ersten Jahr nach der Diagnose erhöht (plus 57%), es normalisierte sich dann etwa acht bis neun Jahre nach der Diagnose, um dann erneut anzusteigen.
Verdoppeltes Frakturrisiko bei Metastasen
Fassten die Krebsforschenden um Rees-Punia die ersten fünf Jahre nach der Diagnose zusammen, so ergab sich für Erkrankte mit Fernmetastasen ein mehr als verdoppeltes Frakturrisiko – verglichen mit Personen ohne Krebs. Keine signifikante Risikoerhöhung bestand hingegen nach einem lokalen Tumor und eine mäßige nach einer regionalen Erkrankung (plus 51%). Für Zeiträume über fünf Jahre zeigte sich nur noch ein signifikant erhöhtes Frakturrisiko für Personen mit Fernmetastasen. Sämtliche Risikosteigerungen bezogen sich zudem auf Becken- und Wirbelkörper-, nicht auf Radiusfrakturen – hierfür bestand bei den Krebsüberlebenden kein erhöhtes Risiko.
Männer, egal ob mit oder ohne Krebs, erlitten nur rund halb so oft Frakturen wie Frauen, auch Übergewichtige waren insgesamt seltener betroffen (minus 22%) als solche mit normalem Gewicht. Krebsüberlebende schienen zudem langfristig von körperlicher Aktivität zu profitieren, unter den besonders aktiven war, verglichen mit inaktiven Krebsüberlebenden, die Frakturrate fünf Jahre nach der Diagnose um ein Viertel reduziert. Bei aktiven Rauchern war das Frakturrisiko hingegen langfristig mehr als verdoppelt, und bei Krebskranken mit Chemotherapie war es in den ersten fünf Jahren nach der Diagnose um etwa ein Drittel erhöht, für eine Radiotherapie gab es hingegen keinen Zusammenhang mit der Frakturrate.
Möglicherweise könnte eine bessere Nachsorge Anreize für mehr körperliche Aktivität und einen Rauchstopp setzen und damit das Frakturrisiko wieder etwas senken, vermuten Rees-Punia und Mitarbeiter.
Das Wichtigste in Kürze |
Frage: Ist das Frakturrisiko bei älteren Menschen nach einer Krebserkrankung in besonderer Weise erhöht? Antwort: Vor allem in den ersten fünf Jahren nach der Diagnose ist die Frakturrate höher als bei vergleichbaren Personen ohne Krebs. Betroffen sind primär Menschen mit Fernmetastasen, aber auch Raucher und körperlich Inaktive. Bedeutung: Ein gesünderer Lebensstil nach einer Krebserkrankung könnte vielleicht helfen, das Frakturrisiko zu mindern. Einschränkung: Reine Beobachtung, Kausalität unklar. |