Beim Pediatric Acute-onset Neuropsychiatric Syndrome (PANS), das unter anderem das plötzliche Auftreten von Zwangs- und Tic-Störungen beinhaltet, wird eine entzündliche Diathese vermutet. Eine Längsschnittstudie stützt diese Annahme.
Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.
PANS ist eine klinische Diagnose: Charakteristisch ist der abrupte Beginn der Symptome, die betroffenen Kinder zeigen plötzlich dramatische Zwangs- oder Tic-Störungen und/oder eine Verweigerung von Nahrungsmitteln. Gleichzeitig treten mindestens zwei weitere neuropsychiatrische Symptome wie Angst, Depression, Reizbarkeit, Entwicklungsregression oder sensorische/motorische Probleme auf.
Die Symptome lassen sich nicht durch andere neurologische Erkrankungen (Chorea Sydenham, Tourette-Syndrom) erklären. Der Verlauf des PANS ist fluktuierend mit Schüben („flares“) und nahezu symptomfreien Phasen. Damit entspricht das klinische Bild dem von PANDAS (Pediatric Autoimmune Neuropsychiatric Disorder Associated With Streptococcal Infection). Anders als bei PANDAS steht das Auftreten von PANS aber nicht notwendig in Zusammenhang mit einer Gruppe-A-Streptokokken-Infektion. Bei PANS wird aber ebenfalls ein Zusammenhang mit Infektionen oder auch mit Stoffwechselerkrankungen vermutet.
Für beide Syndrome gibt es zunehmend Evidenz, dass das adaptive und das angeborene Immunsystem bei der Pathogenese beteiligt sind und dass dabei entzündliche Prozesse in den Basalganglien eine Rolle spielen. „Diverse Befunde sprechen für eine entzündliche Diathese in einem immungenetisch anfälligen Wirt“, schreibt eine Forschungsgruppe von der Stanford University School of Medicine in Palo Alto in JAMA Network Open.
Das Team um Meiqian Ma hat jetzt in einer retrospektiven Studie weitere Hinweise gefunden, dass der Entstehung von PANS eine systemische Entzündung zugrunde liegen kann und dazu passend bei den betroffenen Kindern ein erhöhtes Risiko für Autoimmunerkrankungen zu bestehen scheint.
Häufig Zeichen für Autoimmunität
Für die Studie wurden die Krankenakten von 193 Kindern mit PANS (58% Jungen, Durchschnittsalter 7,5 Jahre) ausgewertet. Sie waren an der Stanford Immune Behavioral Health Clinic für einen Zeitraum von durchschnittlich vier Jahren behandelt worden. Um das Vorliegen einer Entzündung während der Flares beurteilen zu können, wurde nach einem definierten Set von Immunmarkern geschaut, nämlich nach Zeichen für Autoimmunität (z. B. antinukleäre Antikörper, Antihiston-Antiköper), für eine gestörte Immunregulation oder Entzündung (z. B. Leukopenie, CRP) und für eine Vaskulopathie (z. B. Livedo reticularis, Petechien am Gaumen, erhöhter Von-Willebrand-Faktor). Von den Kindern, für die entsprechende Untersuchungsergebnisse vorlagen, hatten 54% erhöhte Autoimmunmarker, 36% Zeichen einer Vaskulopathie und 12% Indikatoren für eine Entzündung.
Viele Kinder entwickeln Arthritis
Zusätzlich unterstützt wird die Hypothese, dass PANS von entzündlichen Prozessen getriggert wird, durch das hohe Risiko der untersuchten Kinder für Arthritis und Autoimmunerkrankungen: Im Alter von 14 Jahren hatten 28% von ihnen eine Arthritis und 8% eine andere Autoimmunerkrankung entwickelt. Im Durchschnitt waren die Kinder bei einer Arthritisdiagnose zwölf Jahren alt, die meisten von ihnen erfüllten die Kriterien für eine Enthesitis-assoziierte Arthritis, eine Spondyloarthritis und/oder eine Psoriasis-Arthritis.
Die Häufigkeit von Zeichen einer Immunaktivierung sowie von Arthritiden und anderen Autoimmunerkrankungen sei „unerwartet hoch“ gewesen, betonen Ma et al. Damit sehen sie ihre Hypothese untermauert: „Bei einem signifikanten Anteil der PANS-Patienten besteht Evidenz für eine subtile systemische Entzündung. Die psychiatrischen Symptome bei PANS könnten daher die Reaktion des Gehirns auf einen globalen Prozess widerspiegeln.“
Das Wichtigste in Kürze |
Frage: Gibt es bei Kindern mit PANS (Pediatric Acute-onset Neuropsychiatric Syndrome) Hinweise auf eine systemische Entzündung? Antwort: In einer Kohortenstudie waren bei betroffenen Kindern Marker für Autoimmunität, Vaskulopathien und Entzündungen erhöht. Die Kinder erkrankten außerdem häufig auch an Arthritis und anderen Autoimmunerkrankungen. Bedeutung: PANS ist möglicherweise Teil einer entzündlichen Systemerkrankung. Einschränkung: Retrospektive Analyse ohne Kontrollgruppe; möglicher Einfluss von Medikamenten auf Arthritisrisiko nicht untersucht. |