Butylscopolamin kann Todesrasseln vorbeugen

Wird sterbenden Patienten gegen terminale Rasselatmung Butylscopolamin gegeben, sollte das möglichst präventiv passieren. Dadurch lässt sich das Auftreten des Rasselgeräuschs nachweislich reduzieren. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. In der deutschen Leitlinie gibt es für „Sterbende mit belastender Rasselatmung“ eine Kann-Empfehlung für Anticholinergika. Sie werden wegen ihrer sekretionshemmenden Wirkung empfohlen, denn das rasselnde, gurgelnde Atemgeräusch wird durch Sekret in den oberen Atemwegen verursacht, das nicht mehr abgehustet bzw. geschluckt werden kann. Die Wirksamkeit von Anticholinergika ist jedoch umstritten, die Ergebnisse von randomisierten Studien widersprüchlich. Mediziner*innen aus den Niederlanden vermuten, dass die Behandlung in vielen Fällen zu spät kommt – schließlich haben Anticholinergika keinen Einfluss auf vorhandenes Sekret. In einer randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie, mit dem Akronym SILENCE, konnten sie nun belegen, dass Butylscopolamin s.c. in der Sterbephase prophylaktisch verabreicht dem Auftreten der Rasselatmung vorbeugen kann. Die Behandlung mit Butylscopolamin bzw. Placebo wurde begonnen, wenn bei Hospizpatienten, die zuvor in die Studienteilnahme eingewilligt hatten, nach Einschätzung der Ärzte die Sterbephase begonnen hatte. Sie durften außerdem keinen Atemwegsinfekt, keine systemische Anticholinergikatherapie und noch keine Rasselatmung haben. 157 Patienten erfüllten diese Voraussetzungen, 79 wurden der aktiven Therapie zugelost, bestehend aus viermal täglich 20 mg Butylscopolamin s.c., 78 erhielten entsprechende Placeboinjektionen. Nur halb so viele Patienten betroffen Primärer Studienendpunkt war eine terminale Rasselatmung von Grad 2 und mehr nach Back, das heißt ein Rasselgeräusch, das am Bettende zu hören ist, und das zu zwei Zeitpunkten im Abstand von vier Stunden. Mit dem Anticholinergikum trat solch eine Rasselatmung bei 13% der Sterbenden auf, mit Placebo bei 27%, ein signifikanter Unterschied. Das Auftreten der Rasselatmung wurde zudem durch Butylscopolamin hinausgezögert: 48 Stunden nach Therapiebeginne waren 8% der Patienten betroffen, mit Placebo waren es 17%. Anticholinerge Nebenwirkungen wie Ruhelosigkeit, Mundtrockenheit und Harnverhalt wurden zwar bei ca. 10–30% der Patienten beobachtet, die Inzidenzen waren jedoch nicht höher als in der Placebogruppe. Auch bei Symptomen wie Schmerzen, Dyspnoe, Übelkeit und Erbrechen fanden sich keine signifikanten Unterschiede. Die Sterbephase dauerte dagegen mit Buytlscopolamin deutlich länger als mit Placebo (43 vs. 30 Stunden). Eine Schwäche der Studie ist, dass in der Placebogrupe mehr Patienten als in der Verumgruppe Lungenkrebs, COPD oder eine Raucheranamnese hatten. Für das bessere Abschneiden der Butylscopolamingruppe dürfte dies allerdings irrelevant gewesen sein – die betroffenen Placebopatienten hätten sogar seltener eine Rasselatmung entwickelt als die Placebogruppe insgesamt, schreiben die Studienautor*innen um Harriëtte van Esch vom Erasmus Medical Center Cancer Institute in Rotterdam. Nichtpharmakologische Maßnahmen Die Frage ist indes, ob das terminale Rasseln überhaupt medikamentös behandelt werden soll. Laut eines Begleitkommentars ist es umstritten, ob die Rasselatmung für die Sterbenden selbst belastend ist. Eine erhebliche Belastung stellt sie meistens für die Angehörigen dar, wenn sie den Eindruck haben, dass der Sterbende von Atemnot gequält wird. In der Leitlinie wird deswegen empfohlen, „die Angehörigen und andere Anwesende frühzeitig über Ursache, Verlauf und Auswirkung von Rasselatmung aufzuklären“. Zur Reduktion der Rasselatmung können die Patienten außerdem mit erhöhtem Oberkörper oder auf die Seite gelagert werden, damit das Sekret leichter mobilisiert wird und abläuft. Abgesaugt werden sollte das tracheale Sekret ausdrücklich nicht (außer bei intubierten Patienten oder Tracheostoma), weil dadurch die Sekretproduktion zusätzlich stimuliert wird. Das Wichtigste in Kürze Frage: Kann durch prophylaktische Gabe von Butylscopolamin s.c. die terminale Rasselatmung verhindert werden? Antwort: Ja. Im Vergleich zu einer Placebobehandlung kommt es signifikant seltener zu Rasselatmung (13% vs. 27%). Bedeutung: Butylscopolamin s.c. kann Rasselatmung verhindern, wenn es prophylaktisch gegeben wird. Einschränkung: Ergebnisse nicht übertragbar auf Patienten mit Atemwegsinfektionen oder transdermales Scopolamin.

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