Pathologie und Moderne: Ein Rückblick auf Rudolf Virchow aus Anlass seines 200. Geburtstages

Auszug

Vor wenigen Monaten lautete eine Schlagzeile: „Mitglieder der Regierungspartei werfen Ärzten vor, ‚Politik zu machen statt Medizin‘“. Dies bezog sich auf Kritik an drastischen Beschränkungen des öffentlichen Lebens in Frankreich zur Eindämmung der Corona-Epidemie. Die Frage, welche Rolle medizinische und medizinische Experten in Politik und Öffentlichkeit spielen sollen und welches Spannungsverhältnis sich daraus zur demokratischen Legitimation politischer Entscheidung ergibt, ist im Zeitalter einer globalen Pandemie allgegenwärtig. Der vor 200 Jahren in Schivelbein geborene Rudolf Virchow, im öffentlichen Gedächtnis oftmals auf seine während der Revolution von 1848 publizierte Sentenz „Politik ist nichts weiter als Medizin im Großen“ reduziert, markiert den Anfangspunkt dieser Auseinandersetzung und hat sie wesentlich geprägt. Die Beschäftigung mit Virchow führt daher mitten hinein in Grundfragen der Bedeutung moderner Wissenschaft für Gesellschaft und Politik. …