Wie sicher ist Ibuprofen nach Tonsillektomie?

Als reversibler Hemmstoff der Plättchenaggregation steht Ibuprofen unter Verdacht, das Blutungsrisiko nach Tonsillektomie zu erhöhen. Durch eine neue Metaanalyse wird der Verdacht entkräftet, aber nicht vollständig ausgeräumt. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Vor zwei Jahren hat eine Metaanalyse ergeben, dass das ohnehin beträchtliche Risiko für Hämorrhagien nach Tonsillektomie (PTH) durch eine postoperative Analgesie mit Ibuprofen möglicherweise zusätzlich erhöht wird (Stokes W et al. Otolaryngol Neck Surg 2019; https://doi.org/10.1177/0194599819852328). Da in die Analyse auch Studien ohne Dosisangaben einbezogen wurden und inzwischen weitere Studien vorliegen, haben US-Forscher*innen die Datenlage für pädiatrische Patienten erneut überprüft. Die gute Nachricht: Die Einnahme von Ibuprofen in den üblichen Dosierungen scheint das PTH-Risiko nicht in statistisch relevantem Ausmaß zu erhöhen. Die weniger gute: Klinisch relevante, dosisabhängige Unterschiede in der PTH-Inzidenz lassen sich nicht ausschließen. Kein erhöhtes Risiko, ... Für die aktuelle Metaanalyse hat das Team um Steven Losorelli von der Stanford University School of Medicine zwölf Studien berücksichtigt, in denen die PTH-Raten unter Ibuprofen und NSAR-freien Therapien (meistens Paracetamol) verglichen wurden. In fünf Studien hatten die Patienten 5 mg/kg KG Ibuprofen erhalten (n = 828), in sieben 10 mg/kg KG (n = 5.633), jeweils alle 4–8 Stunden. Nur fünf Studien waren randomisiert und kontrolliert, die übrigen Kohortenstudien, davon nur eine prospektiv angelegt. Die Metaanalyse aller zwölf Studien ergab keinen Hinweis auf eine erhöhte Blutungsneigung unter Ibuprofen. Dieses Ergebnis hatte auch dann Bestand, wenn die Studien mit der 5- und der 10-mg-Dosis getrennt ausgewertet wurden. Genauso wenig ließ sich insgesamt ein Zusammenhang zwischen Ibuprofendosis und Blutungsereignissen entdecken. Bei allen Vergleichen wurden Unterschiede in Alter, Op.-Indikation, Tonsillektomieverfahren und Komedikation berücksichtigt. ... aber dosisabhängige Unterschiede? Zusätzlich haben Losorelli et al. Patientendaten aus der HNO-Klinik der Stanford University ausgewertet. Dort wird standardmäßig eine intermediäre Dosis von 7,5 mg/kg Ibuprofen eingesetzt, in der Hoffnung, die Analgesie zu verbessern, ohne das Nachblutungsrisiko zu erhöhen. Mit dieser Behandlung erlitten von 1046 Patienten mit extrakapsulärer Tonsillektomie 3,82% primäre oder sekundäre PTH. Ein Vergleich mit Patienten mit anderen Schmerzmitteln war nicht möglich. Auffällig ist allerdings, dass die PTH-Rate zwischen den Inzidenzen von 2,29% und 4,65% liegt, die in der Metaanalyse mit 5 und 10 mg/kg Ibuprofen festgestellt wurden. Randomisierte Studien zur Klärung Aufgrund der Ergebnisse der Metaanalyse gehen Losorelli et al. davon aus, dass „die Anwendung von Ibuprofen bei Kindern in den üblichen Dosen sicher ist“. Sie räumen allerdings ein, dass die Bedingungen der Einzelstudien sehr unterschiedlich waren und Tonsillektomien extra- oder intrakapsulär durchgeführt wurden. Darüber hinaus wecke der Vergleich der PTH-Raten unter 5, 7,5 und 10 mg/kg Ibuprofen Zweifel, ob nicht doch eine klinisch bedeutsame Dosis-Wirkungs-Beziehung bestehe. Losorelli et al. raten daher zu randomisierten Studien, um den Einfluss der Ibuprofendosis auf das Nachblutungsrisiko abschließend zu klären. Das Wichtigste in Kürze Frage: Erhöht Ibuprofen das Nachblutungsrisiko bei Kindern mit Tonsillektomie? Antwort: In einer Metaanalyse von zwölf Studien mit 5 oder 10 mg/kg KG alle vier bis acht Stunden fand sich kein signifikanter Unterschied im Blutungsrisiko zu Kindern mit einer NSAR-freien Analgesie. Bedeutung: Ibuprofen in den genannten Dosierungen scheint sicher zu sein. Einschränkung: Ein klinisch relevantes, dosisabhängiges Nachblutungsrisiko lässt sich nicht sicher ausschließen.

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