Erschienen in:
18.09.2020 | Gaumenmandelhyperplasie | Originalien
Halsschmerzen als Operationsindikation vor und nach Publikation der Tonsillitis-Leitlinie
Longitudinalstudie mit 115.839 Tonsillektomiefällen
verfasst von:
Prof. Dr. J. P. Windfuhr, C. Schmuker, C. Günster
Erschienen in:
HNO
|
Ausgabe 9/2021
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Hintergrund
Die Tonsillektomie (TE) zielt darauf ab, die Gaumenmandeln als Ursache von rezidivierenden akuten Tonsillitiden zu entfernen, wenn diese konservativen Maßnahmen nicht zugänglich sind. Konsentierte Leitlinienempfehlungen hierzu wurden in Deutschland im Jahr 2015 publiziert. Die vorliegende Studie zielte darauf ab, dem Effekt dieser Leitlinie auf die Indikationsstellung der TE unter Nutzung von individuellen Patientendaten nachzugehen.
Methode
Anonymisierte Abrechnungsdaten der Allgemeinen Ortskrankenkassen aus stationärer und ambulanter Behandlung sowie Arzneiverordnungsdaten der Jahre 2012–2018 wurden personenbezogen zusammengeführt und ausgewertet. Über die Operationscodierung wurden alle Tonsillektomiefälle erfasst, die wegen einer „chronischen Tonsillitis“ ausgeführt worden waren. Die ambulante Vorbehandlung wegen Halsschmerzepisoden wurde mittels der relevanten ICD-10-Diagnoseschlüssel und die Arzneiverordnungen anhand des anatomisch-therapeutisch-chemischen Systems identifiziert.
Ergebnis
Zur Auswertung waren 109.895 Krankenhausfälle geeignet, die einen Fallzahlrückgang von 50,3 % innerhalb des Beobachtungszeitraums ergab. Der kontinuierliche Rückgang erhielt einen Akzent nach 2015. Besonders stark waren davon die unter 10-Jährigen betroffen (−65,7 %). Bei etwa der Hälfte aller Tonsillektomierten fanden sich in keinem oder nur einem Quartal ambulante antibiotische Vorbehandlungen.
Schlussfolgerungen
Auf die Fallzahlentwicklung und gängige Praxis bei der Behandlung von Halsschmerzen ließ sich nur ein sehr limitierter Leitlinieneffekt nachweisen. Antibiotikaverordnungen spielen bei der Indikationsstellung der TE als Therapie von Halsschmerzen eine untergeordnete Rolle.