Langzeitstress mit Herzstillstand assoziiert

Ausgeprägter Langzeitstress, zum Beispiel im Rahmen einer posttraumatischen Belastungsstörung, aber auch Ängste erhöhen möglicherweise das Risiko für einen außerklinischen Herzstillstand. In einer dänischen Kohortenstudie war die Assoziation unabhängig von Alter, Geschlecht und kardiovaskulären Vorerkrankungen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Menschen, die nach einem einschneidenden Lebensereignis eine PTBS (posttraumatische Belastungsstörung), Anpassungs- oder Angststörung entwickeln, haben bekanntermaßen ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wie eine dänische Kohortenstudie nahelegt, erleiden die Betroffenen aber auch unabhängig davon signifikant häufiger einen außerklinischen Herzstillstand (OHCA, out-of-hospital cardiac arrest). Für den Kardiologen Talip Eroglu von der Universitätsklinik Kopenhagen und sein Team ergibt sich daraus eine wichtige Botschaft: „Wenn man Menschen mit stressbedingten Störungen und Ängsten behandelt, sollte man sich das erhöhte Risiko eines Herzstillstands vor Augen führen.“ Über 35.000 Fälle analysiert Eroglu und seine Mitforschenden haben 35.195 OHCA-Fällen retrospektiv jeweils zehn nach Alter und Geschlecht passende Personen aus der dänischen Bevölkerung gegenübergestellt. Ergebnis: Bei Vorliegen einer PTBS war das OHCA-Risiko um 80%, im Fall einer Anpassungsstörung um 42% höher als in der Allgemeinbevölkerung. Eine Angststörung erhöhte das Risiko um relative 56%. Lagen sowohl Langzeitstress als auch Ängste vor, war das Herzstillstandrisiko gegenüber der Allgemeinbevölkerung verdoppelt. Die Resultate waren unabhängig davon, ob vor dem Herzstillstand Anxiolytika oder Antidepressiva eingenommen worden waren. Assoziation unabhängig von Herz-Kreislauf-Risiken Auch nach Berücksichtigung gängiger Risikofaktoren für einen Herzstillstand habe die Assoziation Bestand gehabt, betont die Forschungsgruppe. Als solche hatte man Herzinsuffizienz, KHK, zerebrovaskuläre Erkrankungen, Vorhofflimmern, PAVK und Diabetes mellitus einbezogen. In einer Auswertung, die nach Geschlecht differenzierte, war die OHCA-Rate bei Männern und Frauen in etwa gleichem Maß erhöht, wenn sie unter Langzeitstress beziehungsweise Ängsten litten (Hazard Ratio, HR 1,45 und 1,44 bzw. 1,39 und 1,73; die Unterschiede waren nicht signifikant). Entsprechendes galt für verschiedene Altersgruppen. Das Vorhandensein oder Fehlen einer kardiovaskulären Erkrankung in der Vorgeschichte hatte in einer speziell danach stratifizierten Analyse keinen deutlichen Einfluss auf die Assoziation, ebenso wenig spezielle Risikofaktoren wie ischämische Herzkrankheit bzw. Herzinsuffizienz. Daten aus der Primärversorgung fehlen Die Studie beruht auf sechs verschiedenen dänischen Registern. Primärärztliche Daten waren allerdings nicht berücksichtigt, das Team weist darauf hin, dass man damit möglicherweise leichtere Stress- oder Angstsymptome vernachlässigt habe, ebenso Alltagsstress. Eroglu und sein Team merken zwar an, dass Personen mit langfristigen psychischen Belastungen häufiger Antidepressiva und QT-Zeit-verlängernde Medikamente eingenommen hatten. Die Herzstillstandraten bei Langzeitstress und Ängsten seien jedoch auch dann erhöht gewesen, wenn man die vorherige Einnahme solcher Medikamente ausgeschlossen habe. Bereits frühere Studien hätten nahegelegt, dass einschneidende Ereignisse im Leben das Risiko für einen Herzstillstand erhöhen, so das Forschungsteam. Die aktuelle Kohortenstudie bestätige diese Ergebnisse. Darin habe man sowohl Fälle erfasst, in denen die Betroffenen noch die Aufnahme in die Klinik erlebt hatten, als auch solche, bei denen der Tod bereits vorher eingetreten war. Zusammenhang über Sympathikus-Aktivität? Für Eroglu et al. lassen sich die gefundenen Assoziationen nicht nur durch traditionelle Risikofaktoren für einen Herzstillstand erklären. Es scheine vielmehr direkte Zusammenhänge zwischen stressbedingten Störungen oder Ängsten und einem OHCA zu geben, möglicherweise vermittelt durch eine erhöhte Aktivität im sympathischen Anteil des autonomen Nervensystems. Diese lasse die Herzfrequenz steigen und verstärke die Ausschüttung von Neurotransmittern, sowohl in den Blutkreislauf als auch direkt ins Herz. „Jeder einzelne dieser Faktoren kann unter Umständen die Elektrophysiologie des Herzens beeinflussen und ventrikuläre Arrhythmien sowie letztlich auch einen Herzstillstand begünstigen“, vermutet das Forschungsteam. Möglicher Einfluss des Lebensstils Abgesehen davon gebe es möglicherweise auch indirekte Zusammenhänge, zum Beispiel über einen ungesunden Lebensstil mit Rauchen, übermäßigem Alkoholkonsum und körperlicher Inaktivität, wie er bei Personen mit psychischen Langzeitbelastungen vergleichsweise häufig anzutreffen sei. In der Kohortenstudie seien entsprechende Daten allerdings nicht verfügbar gewesen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Risiko eines außerklinischen Herzstillstands (OHCA, out-of-hospital cardiac arrest) bei Menschen mit Langzeitstress und Ängsten. Antwort: Sowohl langanhaltende Stresssymptome (PTBS, Anpassungsstörung) als auch Ängste waren in einer dänischen Kohortenstudie signifikant mit einem OHCA verknüpft (Hazard Ratio, HR 1,44 bzw. 1,56). Das Geschlecht spielte in stratifizierten Analysen keine Rolle, ebenso wenig das Alter oder kardiovaskuläre Vorerkrankungen. Bedeutung: Dem Forschungsteam zufolge sollte man sich bei der Behandlung von Menschen mit stressbedingten Störungen und Ängsten das möglicherweise erhöhte Risiko eines Herzstillstands vor Augen führen. Einschränkung: Retrospektive Kohortenstudie; keine Daten aus Praxen der Primärversorgung; keine Angaben zur Krankheitsschwere; leichtere Stresssymptome sowie Alltagsstress möglicherweise nicht erfasst.

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