Erschienen in:
04.03.2022 | Posttraumatische Belastungsstörung | Originalie
Psychische Erkrankungen und der Bedarf an Attesten von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Ambulanz
Erschienen in:
Die Psychotherapie
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Ausgabe 4/2022
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Zusammenfassung
Hintergrund
Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) sind eine besonders vulnerable Gruppe bezüglich psychischer Erkrankungen. Neben potenziell traumatisierenden Erlebnissen vor und während der Flucht beeinträchtigen Stressoren im Aufnahmeland ihre psychische Gesundheit. Besonders eine unsichere Aufenthaltsperspektive kann sich erschwerend auf die Symptomatik und deren Behandlung auswirken. Um ihre Erkrankung in aufenthaltsrechtlichen Verfahren geltend zu machen, können Patienten entsprechende Atteste vom Behandler verlangen.
Methodik
Durch die retrospektive Datenanalyse der Inanspruchnahmepopulation einer kinder- und jugendpsychiatrischen Institutsambulanz wurden Daten von 402 UMF ausgewertet, um Informationen über demografische Charakteristiken, das Diagnosenspektrum sowie den Behandlungsverlauf und den Bedarf an fachärztlichen Attesten bei dieser Gruppe zu erfassen.
Ergebnisse
Die Patienten litten mehrheitlich (70 %) unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Zudem wurden depressive Störungen (24 %) und Anpassungsstörungen (31 %) relativ häufig diagnostiziert. Weniger als ein Drittel der UMF forderten ein fachärztliches Attest an. Patienten aus Herkunftsländern mit hoher Schutzquote fragten vergleichsweise selten ein Attest an. Atteste wurden v. a. für Patienten mit besonders schwerer psychischer Erkrankung und dadurch erhöhtem Behandlungsbedarf erstellt.
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse zeigen, dass UMF nicht generell fachärztliche Atteste benötigen, und sprechen gegen eine regelhafte Instrumentalisierung von Traumafolgestörungen in aufenthaltsrechtlichen Verfahren.