Bei Patienten, die bereits Statine zur Lipidsenkung erhalten, sind im CRP-Wert sich widerspiegelnde Entzündungsprozesse ein stärkerer Prädiktor für künftige kardiovaskuläre Ereignisse als das LDL-Cholesterin, zeigt eine umfangreiche Metaanalyse.
Sowohl Hyperlipidämien wie auch entzündliche Veränderungen tragen zum Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall bei. In der medikamentösen Therapie zur kardiovaskulären Risikoreduktion dominiert derzeit die Lipidsenkung mit Statinen. Auch hat sich gezeigt, dass eine Lipidsenkung mit Ezetimib oder PCSK9-Hemmern additiv zu Statinen das Risiko noch stärker senkt.
Darüber sollte aber die Inflammation als Risikofaktor nicht vergessen werden, erinnert eine Autorengruppe um Prof. Paul Ridker vom Brigham and Women’s Hospital in Boston. Sie kommt in einer auf Daten aus drei großen Studien gestützten und jüngst beim ACC-Kongress 2023 vorgestellten Metaanalyse zu dem Ergebnis, dass bei bereits mit Statinen behandelten Patienten der Entzündungsparameter hsCRP (hochsensitives C-reaktives Protein) ein wesentlich stärkerer Prädiktor für das Risiko künftiger Ereignisse war als das LDL-Cholesterin.
Plädoyer für Kombination aus Lipidsenkung und Entzündungshemmung
Könnte das bedeuten, dass antiinflammatorische Therapien als Ergänzung zu Statinen womöglich eine bessere Option wären als additive lipidsenkende Therapien? So weit wollen Ridker und seine Mitautoren in ihren Schlussfolgerungen aus der neuen Metaanalyse noch nicht gehen. Der in randomisierten Studien dokumentierte additive Nutzen einer noch stärkeren LDL-C-Senkung durch Ezetimib oder PCSK9-Hemmer in Kombination mit Statinen ist schließlich ein Faktum, das für die „the lower, the better“-These spricht.
Die Daten der neuen Metaanalyse legten aber nahe, dass die LDL-C-Senkung als alleiniger Ansatz wahrscheinlich nicht ausreichend sei, um das Risiko für atherothrombotische Erkrankungen vollständig zu reduzieren. „Wir glauben, dass eine Kombination aus aggressiver Lipidsenkung und antiinflammatorischen Therapien in Zukunft Standard in der Behandlung bei atherosklerotischer Erkrankung werden könnte“, schreiben Ridker und seine Mitautoren in der simultan zum ACC-Kongress im Fachblatt „Lancet“ veröffentlichten Studienpublikation.
Für ihre Metaanalyse hat die Gruppe Daten aus den drei großen randomisierten Studien PROMINENT, REDUCE-IT und STRENGTH zusammengetragen. An diesen Studien, in denen es primär um den möglichen klinischen Nutzen einer Triglyzeridsenkung ging, waren insgesamt 31.245 Patienten und Patienten mit atherothrombotischen Erkrankungen (zwei Drittel) oder hohem kardiovaskulären Risiko (ein Drittel) beteiligt. Alle erhielten bereits eine Basistherapie mit Statinen.
Je nach Höhe ihrer Ausgangswerte für den Entzündungsparameter hsCRP und für das LDL-Cholesterin wurden die Studienteilnehmer jeweils vier Gruppen (Quartile) zugeordnet. Auf Basis der Quartile wurden beide Parameter dann bezüglich ihrer Bedeutung als Prädiktoren für künftige kardiovaskuläre Ereignisse und die Mortalität analysiert.
Nur hsCRP erweist sich als signifikanter Prädiktor
Für hsCRP ergab sich eine signifikante Assoziation mit der Inzidenz künftiger kardiovaskulärer Ereignisse. Patienten in der höchsten Quintile hatten im Vergleich zu Patienten der niedrigsten Quintile ein relativ um 31% höheres Risiko (adjustierte Hazard Ratio, HR: 1,31; 95%-KI: 1,20–1,43; p <0,0001). Bezüglich der kardiovaskulären Mortalität (adjustierte HR: 2,68; p<0,0001) und der Gesamtmortalität (adjustierte HR: 2,42; p<0·0001) war das Risiko in der Quintile mit den höchsten hsCRP-Werten mehr als doppelt so hoch.
Das LDL-Cholesterin stand dagegen in keiner signifikanten Beziehung zur Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse: Der Vergleich von höchster versus niedrigster LDL-C-Quintile ergab nur ein marginal höheres Risiko (adjustierte HR: 1,07; p=0,11). Im Hinblick auf die kardiovaskuläre Mortalität (adjustierte HR: 1,27; p=0,0086) und die Gesamtmortalität (adjustierte HR: 1,16; p=0,025) waren die Risikoerhöhungen zwar signifikant, aber nur vergleichsweise moderat ausgeprägt.
Optionen für Prävention durch antiinflammatorische Therapie noch begrenzt
Derzeit sind die Möglichkeiten einer spezifischen kardiovaskulären Prävention auf der antiinflammatorischen Schiene allerdings noch sehr begrenzt. Als Option kommt derzeit nur der Mitose-Hemmstoff Colchicin infrage, für den es positive Daten aus randomisierten Studien wie COLCOT und LoDoCo2 gibt. In den europäischen ESC-Leitlinien zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen von 2021 ist Colchicin auf Basis dieser Studien mit einer schwachen Klasse-IIb-Empfehlung („… kann erwogen werden“) bedacht worden.
Ob das Repertoire einmal größer wird, bleibt abzuwarten. Derzeit laufen klinische Studien, in denen das Potenzial etwa von direkten NLRP3-Antagonisten und Interleukin-6 Inhibitoren in der Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen erforscht wird.