Welche Macht haben Bilder in der kardiovaskulären Prävention?

Bilder können oft mehr bewegen als Worte – aber gilt das auch für Befunde, die den Patienten das Ausmaß einer vorhandenen Atherosklerose aufzeigen? Der neuesten Evidenz zufolge könnte eine solche Visualisierung tatsächlich etwas bewirken. Können Menschen durch Visualisierung ihrer Erkrankung besser motiviert werden, bestimmte medizinische Maßnahmen umzusetzen, als durch bloße Worte? In der kardiovaskulären Primärprävention könnte ein entsprechendes Konzept einer aktuellen Metaanalyse zufolge funktionieren. In dieser Studie ging die Strategie, das Ausmaß einer vorhandenen Atherosklerose den Patienten mittels Bildgebungs-Befunde aufzuzeigen, mit einer Reduktion des kardiovaskulären Risikos einher. Darüber hinaus verbesserten sich die Cholesterin- und Blutdruckwerte der auf diese Weise aufgeklärten Patientinnen und Patienten. „Die Studie zeigt, dass eine Visualisierung mit kardiovaskulären Bildern im Rahmen einer kardiovaskulären Risikodiskussion ein effektives Tool darstellt, um Menschen aufzuklären und zu einer Risikomodifikation zu motivieren“, folgern die Autoren um Dr. Kristyn Whitmore von der University of Tasmania in Australien aus ihren Ergebnissen. Risikoscores sind oftmals zu abstrakt Üblicherweise werden Patienten in der kardiovaskulären Primärprävention mittels Risikoscores (ASCVD, SCORE, Framingham) über ihr Risiko aufgeklärt. Oftmals ist es für die Patienten aber schwer, das Ausmaß der Krankheitsprogression allein durch solche abstrakten Kalkulationen zu erfassen. Entsprechend schwierig kann es sein, Menschen mit erhöhtem Risiko zur Umsetzung von Lebensstilmaßnahmen oder pharmakologischen Behandlungsstrategien zu bewegen. Weitere Methoden zur Einordnung des kardiovaskulären Risikos sind das Koronarkalk-Screening mittels CT und die Carotis-Sonografie zur Darstellung von Plaques und der Intima-Media-Dicke. Beides sind nichtinvasive Bildgebungsverfahren, durch die eine subklinische Atherosklerose bei asymptomatischen Personen frühzeitig identifiziert werden kann. Whitmore und Kollegen wollten nun herauszufinden, ob es auf lange Sicht etwas nützt, die Patienten durch solche Befunde visuell über ihr Risiko aufzuklären. Dazu führten sie die vorhandene Evidenz zu einer Metaanalyse zusammen: Sechs randomisierte Studien mit insgesamt 7.083 Teilnehmern (4 Studien mit CAC-Screening und 2 mit Carotis-Ultraschall) wurden berücksichtigt. In den Interventionsgruppen der eingeschlossenen Studien hatten die Ärzte den Patienten die Befunde der Koronarverkalkung oder der Gefäßbeschaffenheit in der Carotis vorgelegt, um ihnen auf diese Weise ihr persönliches Risiko zu veranschaulichen. In den Kontrollgruppen wurden den Patienten die entsprechenden Befunde entweder nicht gezeigt oder sie wurden erst gar nicht erhoben. Risikoscore bessert sich nach visueller Darstellung Primärer Endpunkt der Studie war die im Verlauf registrierbare Veränderung des Framingham-Risikoscores (FRS). Bei den Patienten, die mittels ihrer CAC- und Carotis-Befunde aufgeklärt worden waren, verbesserte sich der Score im Verlauf des Follow-up (1–4 Jahre) signifikant deutlicher als in der Gruppe, denen diese Informationen vorenthalten wurden. Der Unterschied belief sich auf 1% (95%-KI: 0,24%–1,58%, p=0,01). Ebenso kam es nach der visuellen Aufklärung zu einer deutlicheren Abnahme von LDL-Cholesterin, Gesamtcholesterin und systolischem Blutdruck (p ˂ 0,05). Sind Bilder mehr wert als tausende Worte? Sind Bilder in der kardiovaskulären Prävention also tatsächlich mehr wert als Worte? Prof. Nathan Wong könnte sich das durchaus vorstellen, zumindest wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Solche Bilder könnten „mehr wert sein als tausend Worte“, wenn die entsprechenden Bildgebungsverfahren breiter eingesetzt und besser vergütet werden, gibt der US-Kardiologe in einem begleitenden Editorial zu bedenken. Diese Art der Aufklärung kann seiner Ansicht vor allem nützlich sein, wenn sie als diagnostisches Tool zur Entscheidungsfindung bzgl. präventiver Behandlungen wie Statine und zur Verbesserung der personalisierten Medizin eingesetzt werden, um so das kardiovaskuläre Outcome positiv zu beeinflussen und die Gesundheitskosten zu senken. Es bleiben Unklarheiten Unklar ist allerdings, ob die Visualisierung einer Atherosklerose mittels CAC und Carotis-Ultraschall tatsächlich die Prognose verbessern kann. Eine Klärung dieser Frage wäre auch wichtig, um den breiteren Einsatz dieser Bildgebungs-Modalitäten im Sinne eines Screenings rechtfertigen zu können. Die aktuelle Metaanalyse gibt darauf allerdings keine Antwort. Und auch die 2022 publizierte, randomisierte DANCAVAS-Studie, in welcher die Wirksamkeit eines Screenings auf subklinische kardiovaskuläre Erkrankungen untersucht worden war, brachte keinen eindeutigen Beleg für einen prognostischen Nutzen. Im Verlauf der gut fünfjährigen Beobachtungszeit hatte das Screening in dieser Studie eine moderate Reduktion der Sterblichkeit von 5% bewirkt. Die statistische Signifikanz wurde knapp verfehlt (p=0,06). Signifikant war aber das Ergebnis für die Subgruppe der unter 70-Jährigen, mit einer Risikoreduktion von 11% (p=0,004). Wong erhofft sich nun mehr Erkenntnisse von der ROBINSCA-Studie. In dieser randomisierten Studie wird die Effektivität eines kardiovaskulären Screenings mittels des SCORE-Risikoscores sowie des eines Screening mittels einer CAC-Bestimmung im Vergleich zur üblichen Versorgung in einer asymptomatischen Population verglichen. Über 40.000 Patientinnen und Patienten sind für die Studie rekrutiert worden.

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