„Ist das in Schweden“? Landärztin startet ihre Niederlassung im Container

Olivia Ewert arbeitet als Landärztin ganz im Norden im Provisorium: Sie behandelt ihre Patienten nahe der deutsch-dänischen Grenze in einem Container. Doch ihre Gemeinde in Schleswig-Holstein denkt größer. Endlich Landärztin – für Olivia Ewert fühlt sich das, was sie jetzt macht, richtig an. Seit November hat sie den Standort für die eigene Praxis ganz im Norden Deutschlands gefunden, ist froh über ihr tolles Team, einen guten Draht zur Gemeinde und für dankbare Patienten. Was ihr noch fehlt, ist das Praxisgebäude – Ewert muss noch auf unbestimmte Zeit in einem Container praktizieren: Ihre „Hausarztpraxis zwischen den Meeren“ spielt sich seit Praxiseröffnung am 7. November 2022 auf 114 Quadratmetern Containerfläche ab. Hier empfangen Olivia Ewert und ihre vier MFA seitdem Patienten. Zur Verfügung stehen ihnen neben dem Sprechzimmer ein Wartezimmer, ein Mini-Empfang direkt neben der Eingangstür, ein Büro, ein Labor, ein Aufenthaltsraum und Toiletten – die komplette Ausstattung einer Praxis. Insgesamt etwas enger als die Ärztin es sich wünscht, aber auf dem neusten Stand, etwa als papierlose Praxis. Neben dem Container soll ein Gesundheitszentrum entstehen Räumlich entspannter wird es, wenn die Gemeinde Schafflund ihr Gesundheitszentrum direkt nebenan errichtet hat. Dort steht derzeit noch eine Apotheke, die abgerissen werden und anschließend ebenfalls in das neue Gesundheitszentrum einziehen soll. Dort wird dann Platz für zwei Ärzte sein, Ewert will eine Kollegin oder einen Kollegen anstellen. Außerdem sollen weitere Gesundheitsberufe einziehen. Die angrenzende Sozialstation steht bereits. „Ich finde es hier gut auszuhalten, weil ich weiß, dass es nur für einen begrenzten Zeitraum ist“, sagt Ewert über die Arbeit im Provisorium. Es ist zwar etwas hellhörig und der Energiebedarf in den übersichtlich gedämmten Containern lässt die Kosten steigen, aber die Praxis bietet alles, was in einer üblichen Hausarztpraxis zu finden ist. Für die insgesamt acht Container, die für die Praxis erforderlich sind, zahlt Ewert Miete an die Gemeinde. "Schafflund? Ist das in Schweden?" Nach einer zeitlichen Verzögerung bei der Aufstellung der Container ist Ewert froh, dass sie im November starten konnte. Nach Schafflund kam sie, weil sie an einem früheren Standort in Niedersachsen keine geeignete Immobilie für die eigene Praxis fand und die Gemeinde sich nach ihrer Wahrnehmung nicht genug bemühte. Schafflund dagegen suchte aktiv nach weiteren Ärztinnen und Ärzten, die sich dort niederlassen wollten. Auf die Aktivitäten der Gemeindeverwaltung war sie per Google-Suche über die Stichwörter „Landarzt gesucht“ gestoßen. Erste Reaktion auf den Ort, von dem sie vorher nie gehört hatten, war die Frage ihres Mannes: „Ist das in Schweden?“ Nicht ganz, der Weg durch Dänemark bis Schweden ist von hier aus aber tatsächlich überschaubar. Wichtiger war dem Ehepaar, wie sich die Gespräche mit der Bürgermeisterin entwickelten. Diese bestärkten sie und ihren Mann in dem Entschluss, ihren Lebensmittelpunkt in das Dorf kurz vor der dänischen Grenze zu verlegen. Wenig Personalprobleme Wichtigstes Datum war dabei die Umschulung des Sohnes zum Schuljahresende. 2022 war deshalb hauptsächlich davon gekennzeichnet, dass alle Umzugs- und Praxisvorbereitungen koordiniert werden mussten: Eine eigene Wohnung finden, ein Grundstück für das künftige Haus, Praxisausstattung aussuchen und bestellen, Personal finden – und das alles, ohne die künftigen Praxisräume zu kennen. Trotz vieler Hindernisse klappte selbst die Personalsuche. Vier nach ihrer Erfahrung „tolle MFA“ aus Schafflund und der näheren Umgebung unterstützen die Ärztin beim Praxisstart. „Es ist eine spannende und neue Herausforderung, eine Praxisgründung mitzumachen“, vermutet Ewert als Grund für die unkomplizierte Personalsuche. Auch der Ehepartner zieht mit – als MFA-Azubi Den Patientenandrang aus der 2700 Einwohner-Gemeinde bezeichnet die Ärztin als „zunächst noch übersichtlich“. Ewert übernahm im Dezember Praxisvertretungen – eine Herausforderung für das noch junge Team. „Seit Jahresbeginn geht die Arbeit leichter von der Hand, das Team spielt sich so langsam ein, und die Patienten kommen gerne. So langsam habe ich das Gefühl, angekommen zu sein“, sagt die Fachärztin für Allgemeinmedizin und Viszeralchirurgie. Besonders gefällt ihr, dass – anders als in früheren Praxen, in denen sie tätig war – ganze Familien zu ihr kommen. Die lernen in der Praxis nun auch Ewerts Mann kennen. Der ausgebildete Rettungssanitäter ist außerdem Mediengestalter, Holzblasinstrumentenmacher, Zahntechniker und betätigt sich in der Praxis als „Mädchen für alles“. Zu seinen zahlreichen Berufen kommt bald ein weiterer hinzu: Er hat sich entschieden, in der Praxis seiner Frau eine Ausbildung zum MFA zu beginnen. Abschließen wird er die Ausbildung dann hoffentlich im neuen Ärztehaus. Quelle: Ärzte Zeitung

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