Können Sie mal kurz schauen, ob das was Schlimmes ist?

Im Journal of the American Academy of Dermatology fragt eine Leserin, was sie mit Begleitpersonen in der Praxis machen soll, die spontan eine Hautveränderung begutachtet haben möchten? Zwei Dermatologen und ein Ethiker raten dazu, sich die Läsion kurz anzuschauen, und begründen auch warum. Die Frage der Dermatologin an das Team um Ayush Sangari von der Renaissance School of Medicine, Stony Brook University, im US-Bundesstaat New York lautet: Ich bin in einer Einzelpraxis tätig und habe kürzlich eine jugendliche Patientin in Begleitung ihres Vaters wegen Akne behandelt. Anschließend fragte sie mich, ob ich eine verdächtige pigmentierte Läsion auf dem Rücken ihres Vaters untersuchen könne. Wie soll ich mit solchen Anfragen umgehen? Sangari und seine Kollegin Aditya Sood sowie sein Kollege Benjamin K. Stoff antworten folgendermaßen: Liebe „Gewissenhafte“, es kommt häufig vor, dass Dermatologinnen bzw. Dermatologen spontan, in einem informellen Rahmen außerhalb der Klinik oder Praxis angesprochen werden oder zufällig selbst alarmierende Befunde bei einem Umstehenden feststellen. Ethiker und Ethikerinnen geben in solchen Fällen zu bedenken, dass es unklug ist, die Behandlung in einer Umgebung durchzuführen, in der sich die Ärztin bzw. der Arzt unwohl fühlt, in der es schwierig ist, eine Untersuchung durchzuführen, oder in der es an entsprechenden Geräten oder anderen Klinikressourcen mangelt. Ihre Bedenken sollten dann mitgeteilt und gegebenenfalls dringende Folgeuntersuchungen vereinbart werden. Das aktuelle Szenario unterscheidet sich insofern, als dass sich die Kollegin in der Praxis befindet, wenn eine ausdrückliche Bitte um eine spontane Konsultation erfolgt. In dieser Situation könnte die Läsion informell beurteilt werden, es könnte aber auch ein offizieller Termin vereinbart werden, die Begleitperson aber auch sofort untersucht werden. Es kann aber auch gebeten werden, einen späteren Termin zu vereinbaren, um den Ablauf in der bereits ausgelasteten Praxis nicht durcheinanderzubringen. Einerseits spricht nichts gegen die spontane Untersuchung, da die Begleitperson – im vorliegenden Fall der Vater – bereits anwesend ist und über seine Tochter eine Beziehung zu der Ärztin hat. Andererseits hat der „Gast“ jedoch keine Aufnahmeformulare ausgefüllt, keine Medikamentenunverträglichkeiten oder Allergien angegeben und sich nicht ordnungsgemäß entkleidet, was nicht unbedingt einer angemessenen Behandlung entspricht. Außerdem würde sich durch die zusätzliche Untersuchung die Wartezeit für Patientinnen und Patienten verlängern, die regulär einen Termin ausgemacht haben. Der Gerechtigkeit halber muss abgewogen werden zwischen der sofortigen Betreuung der Begleitperson und der Verzögerung der Versorgung anderer Patienten, die möglicherweise seit Monaten auf eine Behandlung warten. Schließlich kann eine medizinische Beratung – selbst, wenn sie inoffiziell ist – eine Arzt-Patienten-Beziehung begründen, in der von der Ärztin bzw. dem Arzt erwartet wird, dass sie oder er denselben Standard wie bei einem offiziellen Patiententermin bietet und sich auch einer rechtlichen Haftung aussetzt. Wenn es aber doch ein dringender Fall ist? Für viele mag es angemessen erscheinen, die Begleitperson reflexartig aufzufordern, einen offiziellen Termin zu vereinbaren, ohne sich weiter zu erkundigen, schreiben Sangari, Sood und Stoff weiter. Aber auch dies führe zu erheblichen ethischen Konflikten, da es bestimmte dermatologische Diagnosen gäbe, bei denen die Zeit von entscheidender Bedeutung ist. Da in den letzten Jahren die Wartezeiten auf einen Termin in der Dermatologie immer länger geworden sind und ein frühzeitiges Eingreifen oft mit besseren Ergebnissen verbunden ist, könnten die potenziellen Patientinnen und Patienten durch den fehlenden Zugang zu einer rechtzeitigen Behandlung Schaden nehmen. Weitere Untersuchungen – auch wenn sie nur kurz sind – würden die Risikostratifizierung der Beschwerden erheblich erleichtern und somit den potenziellen Schaden für diese Personen minimieren. Daher empfehlen Sangari, Sood und Stoff, dass „Dr. Gewissenhaft“, da sie über die notwendigen Instrumente und Fachkenntnisse verfügt und sich in einem professionellen Umfeld befindet, den Vater der Patientin nach der visuellen Beurteilung seiner Läsion triagiert und die nächstmöglichen Schritte empfiehlt: Sollte die Läsion auf den ersten Blick gutartig erscheinen, kann sie den Vater und seine Tochter beruhigen und auf Wunsch weiterbehandeln. Andernfalls kann sie den Vater an einen Kollegen bzw. eine Kollegin mit entsprechenden Fachkenntnissen oder kürzeren Wartezeiten verweisen oder einen Termin in ihrer Praxis jetzt oder später anbieten. Empfehlung der Redaktion Maligne Tumoren der Haut – Themenseite Dem Thema Hautkrebs, von Melanom über Basalzellkarzinom und Plattenepithelkarzinom bis hin zu weiteren Neoplasien der Haut und ihrer Anhangsgebilde, widmet sich diese Themenseite. Hier finden Sie News, Übersichten, Kasuistiken und kommentierte Studienreferate.

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