Jederzeit nutzbar – nachgewiesene Wirksamkeit

Psycho- und Pharmakotherapie, einzeln oder in Kombination, sind die Säulen der Behandlung von Depressionen. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) bieten Behandelnden und Betroffenen neue Chancen für eine effektive, verordnungs- und erstattungsfähige Intervention – sowohl zur Überbrückung der Wartezeiten auf einen Therapieplatz als auch zur Therapiebegleitung eingebunden in eine „Face-to-Face“-Psychotherapie. Vor dem Hintergrund eines hohen Bedarfs an Psychotherapieplätzen werden in der aktualisierten S3-Leitlinie/Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) „Unipolare Depression“ zum ersten Mal internet- und mobilbasierte Interventionen als Alternative zur konventionellen Psychotherapie empfohlen [1]. Patientinnen und Patienten, die sowohl eine Psychotherapie als auch Antidepressiva ablehnen, soll generell eine Online-Intervention als alternativer Behandlungsansatz angeboten werden [1]. „Ohne IT gibt es keinen Erfolg mehr“, konstatierte Prof. Dr. Dieter Braus, Eltville. Allerdings werde das Potenzial von DiGA bislang noch nicht optimal genutzt. Lediglich ca. 0,0023% aller Behandelten mit Depressionen werden in Deutschland mit ärztlich verordneten DiGA versorgt [2]. Nach den Erfahrungen von Prof. Dr. Christine Knaevelsrud, Berlin, stellen störungsspezifische DiGA auch eine sinnvolle therapeutische Unterstützung für Menschen dar, die einer konventionellen Psychotherapie eher skeptisch oder ablehnend gegenüber stehen. Eine Metaanalyse hat ergeben, dass Betroffene mit einer stärker ausgeprägten Symptomatik besonders von internetbasierten Interventionen profitieren können [3]. Das widerlege die weitverbreitete Annahme, dass sich DiGA eher für leicht oder moderat Erkrankte eignen würden, unterstrich die Expertin. Alle zugelassenen und erstattungsfähigen Online-Interventionen sowie ihre jeweiligen Indikationen sind im DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zusammengefasst [4]. Was Online-Psychotherapie leisten kann Evidenzbasierte DiGA können dazu beitragen, eine relevante Versorgungslücke bei psychischen Störungen zu schließen, so Prof. Dr. Michael Landgrebe, Hausham. Zu den am besten untersuchten internetbasierten Interventionen gehört das dauerhaft im DiGA-Verzeichnis des BfArM aufgenommene und über alle Schweregrade der Depression zugelassene Online-Therapieprogramm deprexis® (https://de.deprexis.com/). Die Wirksamkeit wurde in zahlreichen randomisierten Studien und einer Metaanalyse mit insgesamt 2.900 Behandelten nachgewiesen [5]. Die Effektstärke lag im mittleren bis hohen Bereich (Hedges’ g=0,51; 95%-Konfidenzintervall 0,40–0,62), was einer NNT (Number Needed to Treat) für eine klinisch relevante Reduktion der Depression von 3,55 entspricht [5]. Um die höchsten Erfolgsraten zu erzielen, sollte das Online-Therapieprogramm in Ergänzung zur haus-/fachärztlichen bzw. psychotherapeutischen Behandlung eingesetzt werden, riet Landgrebe. Das interaktive Therapieprogramm besteht aus verschiedenen Modulen mit überwiegend kognitiv-verhaltenstherapeutischer Ausrichtung. Es ist in neun verschiedenen Sprachen verfügbar und lässt sich intuitiv anwenden. Während der virtuellen Therapiesitzungen wird der Anwendende in einer auf seine individuellen Bedürfnisse angepassten Reihenfolge durch Übungen und Techniken zur Depressionsbewältigung geleitet. Nach Verordnung des Rezepts (PZN: 17265872) und Einlösung bei der Krankenkasse, übermittelt diese einen Freischaltcode für die Aktivierung. Die Kosten für die 90-tägige Anwendung werden durch die GKV übernommen. Bei komorbider Depression wirksam Nach den Ausführungen von Prof. Dr. Kai G. Kahl, Hannover, kann das Online-Therapieprogramm auch bei Erkrankten mit komorbider Depression im Zusammenhang mit kardiovaskulären oder neurologischen Grunderkrankungen eingesetzt werden. Für diese Patientengruppe sei es oftmals besonders schwierig, eine Psychotherapeutenpraxis zu erreichen. In zwei randomisierten kontrollierten Studien bei Betroffenen mit depressiven Symptomen im Rahmen von Epilepsie [6] und Multipler Sklerose [7] wurden Effektstärken mit 0,46 bzw. 0,53 erreicht [6, 7] – vergleichbar mit denen depressiver Personen ohne körperliche Erkrankungen [5]. Die Wirksamkeit der Online-Psychotherapie sind laut Kahl gerade im Hinblick auf die oftmals limitierte Wirksamkeit und Verträglichkeit von Antidepressiva bei Menschen mit körperlichen Erkrankungen bemerkenswert. Literatur S3-Leitlinie/NVL Unipolare Depression 2022; https://www.leitlinien.de/themen/depression/version-3 (letzter Zugriff: 05.12.2022) Techniker Krankenkasse, DiGA-Report 2022; https://www.tk.de/resource/blob/2125136/dd3d3dbafcfaef0984dcf8576b1d7713/tk-diga-report-2022-data.pdf (letzter Zugriff: 05.12.2022) Reins JA et al., Psychother Psychosom 2021, 90:94–106 Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM); verfügbar unter: https://diga.bfarm.de/de (letzter Zugriff: 05.12.2022) Twomey C et al., PLoS One 2020, 15:e0228100 Schröder J et al., Epilepsia 2014, 55:2069–2076 Fischer A et al., JAMA Psychiatry 2015, 2:217–223 Impressum Symposium „Digital Mental Health: Aktueller Stand und der weite Weg in die Versorgung“ Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Pychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), Berlin, 25. November 2022 Bericht: Abdol A. Ameri, Weidenstetten Artikel gedruckt in: DNP – Die Neurologie & Psychiatrie 1/2023 Mit freundlicher Unterstützung der Servier Deutschland GmbH, München Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Andrea Krahnert Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführung: Fabian Kaufmann, Dr. Cécile Mack, Dr. Hendrik Pugge Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF: Online-Psychotherapie bei Depression: Jederzeit nutzbar – nachgewiesene Wirksamkeit

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