Fanden sich in den Operationspräparten keine Tumorzellen, wurde sie als pCR bezeichnet.
Für die statistische Berechnung wurde primär eine univariate Analyse durchgeführt, um signifikante Parameter für die Vorhersage einer pCR zu ermitteln. Danach wurden für die weiteren Berechnungsmodelle zwei Datensets geschaffen: ein Trainings-Datenset für die Lernphase und ein Trainings-Datenset für die anschließend durchgeführten Performance-Analysen der Prognosemodelle. Abschließend wurde der Einfluss einzelner Variablen auf die Prognosefähigkeit der Modelle untersucht; hierbei wurde eine Variable-Sensitivität-Ratio (VSR) von ≤ 1 mit einer schlechten Prognosefähigkeit assoziiert.
Alle Variablen, welche in der univariaten Analyse einen signifikanten Einfluss auf das Outcome pCR zeigten, wurden in die Prognosemodelle integriert. Die Neuronen des künstlichen neuronalen Netzwerks wurden in 3 Schichten angeordnet. Das ANN 16-4-1-Modell beinhaltete 16 Input-Neuronen, vier versteckte Neuronen, ein Bias-Neuron und ein Output-Neuron. Die Ergebnisse zeigten, dass das ANN-Modell andere Modelle wie KNN, SVM, NBC und MLR in Hinblick auf Sensitivität, 1‑Spezifität und Genauigkeit übertraf.
Die sensitivste Variable, um eine pathologische komplette Remission vorauszusagen, war der CEA-Tumormarker (VSR = 1,57), welcher nach abgeschlossener RCHT gemessen wurde. Andere Parameter waren das Intervall zwischen Bestrahlung und Operation (VSR = 1,50), die Art der Chemotherapie (VSR = 1,45), der Lymphknotenstatus (VSR = 1,37) und das Tumorstadium (VSR = 1,32).
Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt mehrere Untersuchungen, die den Einsatz von maschinellem Lernen zur Vorhersage der Prognose nach einer Krebstherapie evaluiert haben. Zum Beispiel fanden Bibault et al., dass tiefes Lernen (Deep Learning) verglichen mit der linearen Regression die Voraussage einer pathologischen kompletten Remission genauer treffen kann [
3]. Ähnliche Ergebnisse zeigten auch andere onkologische Studien bei Tumoren des Halses, der Brust, der Lunge oder der Prostata.
Der nach abgeschlossener RCHT erfasste Tumormarker CEA war hoch signifikant in der Vorhersage einer kompletten Remission. Der Stellenwert des CEA wurde allerdings bereits mehrfach analysiert und bestätigt. Der exakte Mechanismus für dessen Signifikanz ist nicht eindeutig geklärt, die Korrelation mit der Tumorregression scheint eine Rolle zu spielen.
Ein weiterer signifikanter Faktor in dieser Studie für eine pCR war das verlängerte Beobachtungsintervall von > 8 Wochen zwischen RCHT und der Operation. Daten in der Literatur über den Effekt der Wartezeit zwischen dem Ende der Bestrahlung und der Resektion sind kontrovers. Es gibt zwar einzelne randomisiert-kontrollierte Studien, eine eindeutige Empfehlung für eine bestimmte Dauer kann derzeit dennoch nicht gegeben werden.
Ähnlich wie bei anderen Studien, waren positive Lymphknoten mit einer schlechteren Prognose nach RCHT vergesellschaftet.
Kommentar
Die Arbeit ist äußerst interessant, da sie einerseits ein klinisch spannendes und relevantes onkologisches Thema untersucht hat und auf der anderen Seite den Stellenwert einer zukunftsweisenden Methode evaluiert hat. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Medizin nimmt an Bedeutung rasch zu und scheint vor allem in der Analyse von großen Datenmengen herkömmlichen Methoden deutlich überlegen zu sein [
4]. Maschinelles Lernen wird in vielen Bereichen in Zukunft breitere Anwendung finden und die Genauigkeit analytischer Auswertungen vorantreiben. Das betrifft unter anderem die Interpretation von radiologischen und pathologischen Befunden als auch verschiedenste Prognosemodelle. Die exaktere Charakterisierung von prognostischen Parametern wird verstärkt helfen, klinische Entscheidungen zu treffen und individualisierte Behandlungsstrategien zu entwerfen. Die aktuelle Arbeit mit ihrer überschaubaren Fallzahl bringt zwar keine neuen klinischen Erkenntnisse, zeigt aber die Überlegenheit des maschinellen Lernens erneut auf. Anzumerken ist, dass zwar eine hohe Anzahl an Variablen zur Berechnung inkludiert wurde, die Magnetresonanzuntersuchung, als wesentlicher Bestandteil der Therapieentscheidung, aber nicht berücksichtigt wurde.
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