Je intensiver die Beatmung, desto höher die Mortalität

Antriebsdruck und mechanische Leistung der maschinellen Beatmung entscheiden mit über die Mortalität von Patienten mit respiratorischer Insuffizienz, wie kanadische Forscher bestätigen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die Mortalität maschinell beatmeter Patienten ist nach wie vor hoch, sie reicht bei Patienten mit schwerem akutem Lungenversagen (ARDS) an die 50%-Marke heran. Ergebnisse früherer Studien legen nahe, den Antriebsdruck (driving pressure) und die mechanische Leistung (mechanical power) zu reduzieren, um die Sterblichkeit zu senken. Die Untersuchungen konzentrierten sich aber in der Regel auf die ersten 24 Stunden der Beatmung. Außerdem waren meist Patienten mit ARDS beteiligt. Es ist daher unklar, ob sich das Konzept auf Patienten mit Atemversagen aus anderer Ursache übertragen lässt. Der Intensivmediziner Martin Urner von der Universität Toronto und ein Team von Kollegen haben die Verbindung zwischen der Intensität der maschinellen Beatmung und der Sterblichkeit der beatmeten Patienten in einem größeren Zusammenhang studiert. An ihrer prospektiven Kohortenstudie waren mehr als 13.000 Patienten mit akutem Atemversagen beteiligt. Die Analyse umfasste den Zeitraum vom Beginn der Beatmung bis zu deren Ende, maximal aber 30 Tage. Rund drei Viertel der Patienten wurden mit Atemzugvolumina von höchstens 8 ml/kg Standardkörpergewicht beatmet. Dosis-Wirkungs-Beziehung belegt 18% der Patienten verstarben auf der Intensivstation. Die Mortalität korrelierte mit der Schwere der respiratorischen Insuffizienz, besonders hoch war sie, wenn der Oxygenierungsindex unter 200 mmHg fiel. Auch die Intensität der Beatmung erwies sich als wichtiger Faktor. Jeder Tag, an dem der Antriebsdruck (inspiratorischer Spitzendruck minus positiver endexspiratorischer Druck) über 15 cmH2O lag, erhöhte die Sterblichkeit. Gleiches galt für eine mechanische Leistung (sie korreliert zum Produkt aus Atemfrequenz, Tidalvolumen, Spitzen- und Antriebsdruck) von mehr als 17 J/min. Urner und Mitarbeitern gelang es, einen Dosis-Wirkungs-Zusammenhang herzustellen und so eine kausale Rolle von Druck und Leistung der mechanischen Beatmung zu belegen. Hiernach steigt die Sterblichkeit für jeden täglichen Anstieg des Antriebsdrucks von 1 cmH2O um 6,4%. Erhöht sich die mechanische Leistung um 1 J/min, nimmt die Sterblichkeit um 6,0% zu. „Auf der Grundlage unserer Ergebnisse könnten Kliniker erwägen, Antriebsdruck und mechanische Leistung als Stellgrößen zu betrachten, mit denen sich die maschinelle Beatmung aller Patienten mit akutem Atemversagen steuern lässt“, folgern Urner und sein Team. Allerdings räumen sie ein, dass es sich beim Antriebsdruck und der mechanischen Leistung um Surrogatparameter handelt. Für Schäden an der Lunge ist letztlich der Druck in den Alveolen entscheidend. Die gemessenen Parameter korrelieren zwar damit. Der Alveolendruck unterliegt jedoch weiteren Einflüssen, zu denen der Atemwegswiderstand, die Dehnbarkeit der Brustwand und die Spontanatmung gehören. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche mechanischen Größen beeinflussen die Mortalität maschinell beatmeter Patienten? Antwort: Die Sterblichkeit maschinell beatmeter Patienten steigt mit dem Antriebsdruck und der mechanischen Leistung. Bedeutung: Die Mortalität beatmeter Patienten lässt sich womöglich senken, indem man Antriebsdruck und mechanische Leistung begrenzt. Den Nutzen dieser Strategie sollten künftige Studien untersuchen. Einschränkung: Antriebsdruck und mechanische Leistung sind letztlich Surrogatparameter, entscheidend für Schäden durch maschinelle Beatmung ist der alveoläre Druck.

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