Gehirnerschütterung in jungem Alter – Folgen für die Psyche?

In einer großen Studie wurde die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen nach einer Gehirnerschütterung untersucht. Gegenüber Gleichaltrigen mit orthopädischen Verletzungen war sie signifikant häufiger beeinträchtigt. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Inwieweit eine Gehirnerschütterung das Risiko für psychische Störungen erhöhen kann, ist unklar. Einige Studien weisen auf solche Assoziationen hin, während andere keine Korrelationen ergeben. Eine retrospektive Untersuchung legt jetzt nahe, dass Kinder und Jugendliche nach einer Gehirnerschütterung ein gesteigertes Risiko für psychische Erkrankungen aufweisen. In die Studie wurden mehr als 400.000 junge Kanadier einbezogen. Forschende um Dr. Andrée-Anne Ledoux von der Universität Ottawa stellten gut 152.000 Kindern und Jugendlichen mit einer Gehirnerschütterung mehr als 296.000 Kontrollen mit einer orthopädischen Verletzung gegenüber. In beiden Gruppen lag das Durchschnittsalter bei 13 Jahren und etwas mehr als die Hälfte waren Jungen. Die Mediziner verglichen das Risiko für psychische Störungen in beiden Kohorten. Die Vergleichsgruppe hatten sie gewählt, da diese ähnliche verletzungsbedingte Erfahrungen wie Schmerzen, Stress und Klinikaufenthalte gemacht hatte. Risiko für Psychiatrieaufenthalt um 47% erhöht Ledoux et al. fanden heraus, dass Kinder und Jugendliche mit einer Gehirnerschütterung gegenüber Gleichaltrigen mit einer orthopädischen Verletzung ein um 39% erhöhtes Risiko für psychische Störungen und ein um 49% gesteigertes Risiko für Selbstverletzung hatten. Ihr Risiko für einen psychisch bedingten Klinikaufenthalt war um 47% erhöht. Bezüglich Suiziden entdeckten die Mediziner keine signifikanten Unterschiede zwischen den Kohorten, auch wenn diese unter den Teilnehmenden mit Gehirnerschütterungen häufiger waren. Die Inzidenzraten für psychische Störungen lagen bei 11.141 pro 100.000 Personenjahre in der Gruppe mit den Gehirnerschütterungen im Vergleich zu 7.960 pro 100.000 Personenjahre in der anderen Gruppe. Die Betroffenen wurden maximal zehn Jahre nachbeobachtet. Keiner von ihnen war im Jahr vor der Verletzung wegen psychischer Erkrankungen behandelt worden oder hatte in den fünf Jahren zuvor bereits eine Gehirnerschütterung erlitten. Experten empfehlen Screening auf psychische Erkrankungen „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Ärzte bei Nachuntersuchungen von Patienten mit Gehirnerschütterungen auch deren psychische Gesundheit untersuchen sollten“, empfehlen Ledoux und Kollegen. Eine frühere Studie habe ergeben, dass eine kooperative Versorgung einschließlich psychotherapeutischer Behandlung die Prognose bei pädiatrischer Gehirnerschütterung mit chronischen Symptomen verbessere. „Die Studie liefert weitere Hinweise darauf, dass eine Gehirnerschütterung einer psychischen Erkrankung vorausgehen oder diese verschlimmern kann. Trotz zunehmender Bedenken bezüglich der Langzeitfolgen bleibt der Mechanismus dahinter schwer fassbar“, schreibt Dr. Talin Babikian von der Universität Kalifornien in Los Angeles in einem Begleitkommentar. Darüber hinaus werfe die Studie auch Fragen auf, etwa ob das Risiko für psychische Beeinträchtigungen langfristig oder vorübergehend erhöht sei. Neben einem Screening auf psychische Erkrankungen und einer engmaschigen Kontrolle von Kindern und Jugendlichen mit entsprechenden Risikofaktoren rät Babikian, das Leben von jungen Patienten nach einer Gehirnerschütterung so schnell wie möglich wieder zu normalisieren. Rasche Reintegration in Schule und andere Aktivitäten helfe, Dekonditionierung und Rückzug zu vermeiden. Er weist auch darauf hin, dass sich die meisten betroffenen Kinder und Jugendlichen wieder vollständig erholen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Geht eine Gehirnerschütterung bei Kindern und Jugendlichen mit einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen einher? Antwort: Gegenüber jungen Patienten mit orthopädischen Verletzungen haben diejenigen mit Gehirnerschütterungen ein höheres Risiko für psychische Störungen. Bedeutung: Gehirnerschütterungen sind mit einem erhöhten Risiko für psychische Störungen, Selbstverletzung und psychisch bedingte Klinikaufenthalte assoziiert. Einschränkung: Es handelt sich um eine retrospektive Studie.

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