Postexpositionsprophylaxe verhindert Mehrzahl der bakteriellen STI

Wenn bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), oder Transfrauen innerhalb des letzten Jahres eine sexuell übertragbare Infektion (STI) bakteriellen Ursprungs diagnostiziert wurde, kann es sich lohnen, eine Postexpositionsprophylaxe mit Doxycyclin anzubieten. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. In Deutschland haben die Syphilisfälle laut RKI zwischen 2000 und 2019 stetig zugenommen. Für die Gonorrhö lässt sich Ähnliches vermuten: In Sachsen, dem einzigen Bundesland, in dem die Infektion meldepflichtig ist, hat sich die Inzidenz in dieser Zeit verzehnfacht. Bei Infektionen mit Chlamydia trachomatis wurde in Sachsen in den Jahren 2000–2010 ebenfalls ein deutlicher Anstieg verzeichnet. Überproportional häufig von bakteriellen STI betroffen sind Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), und Transfrauen. Für diese Risikogruppe hat eine US-amerikanische Forschungsgruppe den Nutzen einer Postexpositionsprophylaxe mit Doxycyclin (Doxy-PEP) bestätigen können. In einer randomisierten Studie konnten dadurch zwei Drittel der bakteriellen STI verhindert werden. Im Unterschied zur Studie IPERGAY wurde die Inzidenz nicht nur von Syphilis und Chlamydieninfektionen, sondern auch der Gonorrhö reduziert. Infektionen auf ein Drittel reduziert Die an der Studie beteiligten MSM und Transfrauen (5%), die entweder eine Präexpositionsprophylaxe gegen HIV betrieben (PrEP-Kohorte, n = 327) oder mit einer HIV-Infektion lebten (PLWH-Kohorte, n = 174), hatten alle im Jahr vor Studieneintritt mindestens eine bakterielle STI durchgemacht. Beide Kohorten wurden im Verhältnis 2:1 auf eine Doxy-PEP oder die Standardversorgung ohne Antibiotikum randomisiert. In der PEP-Gruppe waren die Teilnehmenden angewiesen, im Fall von ungeschütztem Anal- oder Vaginalverkehr innerhalb von längstens 72 Stunden prophylaktisch 200 mg Doxycyclin einzunehmen. Alle Teilnehmenden wurden routinemäßig in jedem Quartal auf STI untersucht, im Median wurden sie für neun Monate überwacht. In der PrEP-Kohorte wurde mit Doxy-PEP bei 10,7% und ohne bei 31,9% der Beteiligten mindestens eine STI diagnostiziert, in der PLWH-Kohorte waren 11,8% gegenüber 30,5% betroffen. Das entsprach signifikanten Risikoreduktionen um 66% bzw. 62%. Zur Verhinderung einer STI pro Quartal müsste die Doxy-PEP damit rechnerisch von 4,7 Personen aus der PrEP- und 5,3 aus der PLWH-Kohorte angewendet werden. Gonorrhö-Inzidenz geht auch zurück Die häufigste STI war die Gonorrhö, sie trat ohne Doxy-PEP bei 20,2% (PrEP) bzw. 20,3% (PLWH) der Probanden und Probandinnen auf. Durch die PEP wurde die Inzidenz auf 9,1% bzw. 8,9% gesenkt, eine Risikoreduktion um 55% bzw. 57%. Chlamydieninfektionen und die seltenen Syphilisfälle wurden durch die Doxy-PEP noch wirksamer verhindert: Das relative Risiko für Erstere ging um 88% bzw. 84%, das für Letztere um 87% bzw. 77% zurück. Die selbstberichtete Adhärenz zur Doxy-PEP war relativ hoch; 71% gaben sogar an, keine einzige Dosis versäumt zu haben. Die mediane Dosis lag bei vier Tabletten pro Monat. Empfehlung der Redaktion Themenseite Infektionen in der Urologie Vom unkomplizierten Harnwegsinfekt bis zur Urosepsis – diese Themenseite deckt das gesamte Spektrum der urologischen Infektionen ab. Selektion von Resistenzen? Als mögliche Nebenwirkungen der PEP wurden fünf Grad-3-Ereignisse (Diarrhö, Kopfschmerzen), aber keine ernsten Nebenwirkungen erfasst. Bei Teilnehmenden mit Staphylococcus-aureus-Besiedelung des Oropharynx wurden mit Doxy-PEP etwas häufiger als ohne Doxycyclin-resistente Keime isoliert. „Die Studie belegt, dass die Doxy-PEP eine wirksame Maßnahme ist zur Prävention von STI bei MSM mit früheren STI und ungeschütztem Geschlechtsverkehr, unabhängig von ihrem HIV-Status“, so das Fazit der Studiengruppe um Anne Luetkemeyer von der University of California in San Francisco. Dass anders als in IPERGAY auch die Gonorrhö durch die PEP zurückgedrängt wurde, führt das Team auf Unterschiede in Adhärenz, maximaler Monatsdosis Doxycyclin und Resistenzlage zurück. Die Ärztinnen und Ärzte raten allerdings, die Suszeptibilität von Neisseria gonorrhoeae gegen Tetrazykline auf Bevölkerungsebene zu überwachen, um den diesbezüglichen Nutzen der Doxy-PEP abschätzen zu können. Außerdem müsse erforscht werden, ob die PEP zu einer Selektion von Resistenzen bei Neisseria und anderen STI-Pathogenen oder im Darmmikrobiom beitrage. Das Wichtigste in Kürze Frage: Profitieren MSM und Transfrauen mit bakteriellen STI im Vorjahr von einer Postexpositionsprophylaxe mit Doxycyclin (Doxy-PEP)? Antwort: Ja. Die Inzidenz von STI geht signifikant zurück, von ungefähr 30% auf 11%. Bedeutung: Mit einer 200-mg-Dosis Doxycyclin innerhalb von 72 Stunden nach ungeschütztem Sex kann die Mehrzahl bakterieller STI verhindert werden. Einschränkung: Selektion von Doxycyclin-resistenten Keimen möglich.

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