Hintergrund
Fragestellung
Methodik
Stichprobe
Ablauf der interdisziplinären alterstraumatologischen Visite
Statistik
Ergebnisse
Patientencharakteristika
Merkmal | Anzahl (n) | Anteil (%)a |
---|---|---|
Geschlecht (Alter 80,9 ± 7,1 Jahre) | ||
Weiblich | 100 | 58,8 |
Männlich | 70 | 41,2 |
Betroffene Körperregion bzw. unfallchirurgische Diagnose | ||
Schädel | 9 | 5,3 |
Körperstammb | 16 | 9,4 |
Obere Extremitätc | 18 | 10,6 |
Becken, inkl. Os sacrum | 20 | 11,8 |
Proximale Femurfraktur | 35 | 20,6 |
Periprothetische Fraktur | 3 | 1,8 |
Untere Extremitätd | 45 | 26,5 |
Mehr als eine der genannten Körperregionen betroffen | 24 | 14,1 |
Patientenkontakte in den Visitene | ||
Einmal visitiert | 136 | 80,0 |
2‑mal visitiert | 21 | 12,4 |
3‑mal visitiert | 7 | 4,1 |
4‑mal visitiert | 4 | 2,4 |
5‑mal visitiert | 1 | 0,6 |
6‑mal visitiert | 1 | 0,6 |
Komorbiditäten | ||
Arterielle Hypertonie | 102 | 60,0 |
Koronare Herzerkrankung | 19 | 11,2 |
Herzinsuffizienz | 21 | 12,4 |
Periphere arterielle Verschlusskrankheit | 10 | 5,9 |
Vorhofflimmern | 33 | 19,4 |
Zustand nach Schlaganfall | 7 | 4,1 |
Diabetes mellitus Typ 2 | 33 | 19,4 |
Hypothyreose | 14 | 8,2 |
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung | 13 | 7,6 |
Parkinson-Syndrom | 6 | 3,5 |
Demenz | 21 | 12,4 |
Andere Vorerkrankung(en) | 118 | 69,4 |
Delirantes Syndrom bei Visite | ||
Ja | 35 | 15,5 |
Nein | 191 | 84,5 |
Nierenfunktion (eGFR nach CKD-EPI in [ml/min]/1,73 m2)f | ||
≥90 (G1) | 19 | 8,4 |
60–89 (G2) | 98 | 43,4 |
45–59 (G3a) | 42 | 18,6 |
30–44 (G3b) | 39 | 17,3 |
15–29 (G4) | 21 | 9,3 |
<15 (G5) | 7 | 3,1 |
Empfehlungen
Kategorie | Anzahl (n) | Anteil (%)a |
---|---|---|
Alle Empfehlungen | 687 | 100 |
Pharmakologische Empfehlungen | 451 | 65,6 |
Allgemeine Empfehlungen | 236 | 34,4 |
Pharmakologische Empfehlungen | 451 | 100 |
Medikament absetzen | 137 | 30,4 |
Medikament pausieren | 23 | 5,1 |
Medikament (wieder)ansetzen | 86 | 19,1 |
Dosisreduktion | 49 | 10,9 |
Dosissteigerung | 28 | 6,2 |
Medikament umstellen | 25 | 5,5 |
Überprüfung der Indikation bzw. der Dosierung | 24 | 5,3 |
Antiinfektive Therapie | 77 | 17,1 |
Andere | 2 | 0,4 |
Allgemeine Empfehlungen | 236 | 100 |
Physikalische therapeutische Maßnahmen | 22 | 9,3 |
Intravenöse Flüssigkeitssubstitution | 11 | 4,7 |
Ernährungsmedizinische Empfehlungen | 4 | 1,7 |
Therapie mit Blutprodukten | 2 | 0,8 |
Delirmanagement | 15 | 6,4 |
Diagnostik | 84 | 35,6 |
Konsiluntersuchungen | 6 | 2,5 |
Medizinische Fremdkörper | 58 | 24,6 |
Maßnahmen nach Abschluss des stationären Aufenthalts | 20 | 8,5 |
Empfehlungen für den Arztbrief | 12 | 5,1 |
Andere | 2 | 0,8 |
Pharmakologische Empfehlungen
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Medikament absetzen: Hauptgründe für das Absetzen waren eine fehlende Indikation (v. a. bei Protonenpumpeninhibitoren (PPI)) sowie Doppelverordnungen.
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Medikament ansetzen bzw. nach Pausierung wiederansetzen: Am häufigsten wiederangesetzt wurden Antikoagulanzien (AK) und Thrombozytenaggregationshemmer (TAH) nach erfolgter Operation.
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Dosisreduktion: Zopiclon in einer Dosierung von 7,5 mg ist ein Medikament der PRISCUS-Liste und sollte bei geriatrischen Patienten, falls eine medikamentöse Schlafinduktion erforderlich ist, in der halbierten Dosis von 3,75 mg eingesetzt werden [8]. Wird Pantoprazol prophylaktisch, z. B. zur Gastroprotektion bei gleichzeitiger Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) eingesetzt, genügen in der Regel 20 mg/d [9].
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Dosiserhöhung: Antihypertensiva wurden gesteigert, falls es im Rahmen des stationären Aufenthalts zu einem Blutdruckanstieg kam. Wird Apixaban zur Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei Patienten mit Vorhofflimmern eingesetzt, so richtet sich die Dosierung nach dem Alter, dem Körpergewicht und dem Serum-Kreatinin-Wert des Patienten [9]. Treffen mindestens 2 der 3 Faktoren Alter ≥80 Jahre, Körpergewicht ≤60 kg und Serum-Kreatinin-Wert ≥1,5 mg/dl zu, so sollte eine Dosis von 2‑mal 2,5 mg/d verwendet werden, in allen anderen Fällen 2‑mal 5 mg/d. In schweren Fällen einer gastroösophagealen Refluxkrankheit oder eines Magen- oder Duodenalulkus können für einen begrenzten Zeitraum (z. B. 4 bis 8 Wochen) 2‑mal 40 mg Pantoprazol (statt einmal 40 mg)/d verabreicht werden. In einem Fall wurden aufgrund eines Übertragungsfehlers bei einem Patienten mit einer Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis nur 0,5 mg Prednisolon/d anstelle der vorgesehenen 5 mg verabreicht. Die plötzliche Reduktion der Prednisolondosis um 90 % hätte zu einer akuten Nebennierenrindeninsuffizienz mit u. U. lebensbedrohlichen Konsequenzen führen können [4], weshalb die Prednisolondosis wieder auf das Ausgangsniveau angehoben wurde.
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Medikament umstellen: Hierzu zählten die Umstellung einer Dauer- auf eine Bedarfsmedikation, z. B. für Metamizol oder Pantoprazol, sowie die Umstellung einer morgendlichen Gabe sedierend wirkender Psychopharmaka (Pipamperon, Amitriptylin) auf eine Gabe zur Nacht, um Tagesmüdigkeit zu vermeiden. Aktivierende Psychopharmaka wie Fluoxetin sollten hingegen morgens statt abends verabreicht werden [13], um den Nachtschlaf nicht zu beeinträchtigen. Dasselbe gilt für Diuretika, die ebenfalls nur tagsüber, nicht aber am Abend oder zur Nacht verabreicht werden sollten, da dies zu Stürzen beim nächtlichen Toilettengang führen kann [12]. Weitere Beispiele in dieser Kategorie waren die Umstellung des Opioidanalgetikums Tramadol auf Tilidin–Naloxon aufgrund der seltener auftretenden Übelkeit sowie die Umstellung des konventionellen Antipsychotikums (KAP) Pipamperon auf das atypische Antipsychotikum (AAP) Quetiapin bei einem Patienten mit M. Parkinson. AAP führen im Vergleich zu KAP seltener zu extrapyramidal-motorischen Störungen wie Rigor und sind daher bei älteren Patienten prinzipiell besser geeignet als KAP [13].
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Überprüfung der Indikation bzw. der Dosierung: Die Dosis renal eliminierter Pharmaka wie Spironolacton, Xipamid und Allopurinol muss an eine eingeschränkte Nierenfunktion angepasst werden.
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Medikament pausieren: Gründe für das Pausieren von Diuretika waren eine eingeschränkte Nierenfunktion oder eine Exsikkosegefahr bei hohen Außentemperaturen. Gründe für das Pausieren von AK und TAH waren eine erhöhte Sturzgefahr mit Blutungsrisiko sowie Blutungskomplikationen.
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Empfehlungen zur antiinfektiven Therapie.
Allgemeine Empfehlungen
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Diagnostische Maßnahmen: Laborkontrollen, apparative Untersuchungen (z. B. Röntgen, Sonographie), Maßnahmen zur Infektfokussuche (z. B. Urin- und Stuhluntersuchungen), therapeutisches Drugmonitoring, Messung von Vitalparametern, Ein- und Ausfuhrkontrolle.
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Empfehlungen zu medizinischen Fremdkörpern: Am häufigsten wurde geraten, einen PVK, ZVK oder transurethralen Harnblasenkatheter zu entfernen.
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Physikalische therapeutische Maßnahmen: intensivierte Flüssigkeitszufuhr per os, Physiotherapie, Atemgymnastik, Inhalation mit 0,9-prozentiger NaCl-Lösung zur Sekretolyse.
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Maßnahmen nach Abschluss des stationären Aufenthalts: In dieser Kategorie dominierte die geriatrische Frührehabilitation (OPS (Operationen- und Prozedurenschlüssel) 8‑550).
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Management deliranter Patienten: konsequente Anwendung von Seh- und Hörhilfen, enge Betreuung durch das ärztliche und pflegerische Personal, Anwesenheit von Angehörigen, Reorientierungsmaßnahmen (z. B. Anbieten einer Tageszeitung, Aufstellen einer Uhr/eines Kalenders in der unmittelbaren Patientenumgebung) [10].
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Empfehlungen für den Arztbrief: Ein während des stationären Aufenthalts aufgetretenes delirantes Syndrom sollte als Diagnose im Arztbrief erfasst werden.
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Intravenöse Flüssigkeitssubstitution.
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Konsiluntersuchungen bei anderen Fachdisziplinen.
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Ernährungsmedizinische Empfehlungen: Bei geriatrischen Patienten sollte Wert auf eine ausreichende Eiweißzufuhr zu Prophylaxe bzw. Therapie einer Sarkopenie gelegt werden.
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Therapie mit Blutprodukten.
Diskussion
Limitationen
Fazit für die Praxis
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Zur Vermeidung einer Hypotonie mit Sturzgefahr muss die Tageshöchstdosis von Antihypertensiva beachtet werden: je 10 mg für Ramipril und Amlodipin, 32 mg für Candesartan.
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Doppelverordnungen, z. B. zweier verschiedener Opioidanalgetika oder von Ibuprofen plus Paracetamol, sind nach Möglichkeit zu vermeiden.
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Wird Pantoprazol in prophylaktischer Indikation eingesetzt, so genügen in der Regel 20 mg/d.
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Unter Komedikation mit Amlodipin beträgt die maximale Simvastatintagesdosis 20 mg.
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Bei Schlafstörungen sollte Zopiclon (wenn überhaupt) in einer reduzierten Dosis von 3,75 mg eingesetzt werden.
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Ein (postoperatives) delirantes Syndrom sollte als Diagnose im Entlassungsbericht aufgeführt werden.
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Auf die Gabe von Cefuroxim per os sollte aufgrund der geringen Bioverfügbarkeit verzichtet werden.