Antikörperkonjugat verlängert Leben bei Urothelkarzinom

Der konjugierte Antikörper Enfortumab-Vedotin verlängert das Leben von vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem Urothelkarzinom um rund vier Monate und das progressionsfreie Überleben um etwa zwei Monate. Darauf deuten Resultate einer Phase-3-Studie. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die Prognose von Patienten mit einem fortgeschrittenen Urothelkarzinom ist trotz Behandlung mit platinbasierten Chemotherapien und Checkpointhemmern sehr schlecht, das mediane Überleben liegt meist nur zwischen 10 bis 14 Monaten, berichten Onkologen um Dr. Thomas Powles vom Barts Cancer Centre in London. Eine neu entwickelte Option ist der konjugierte Antikörper Enfortumab-Vedotin. Er richtet sich gegen das bei Urothelkarzinomen stark überexprimierte Zelladhäsionsmolekül Nectin 4. Der Antikörper ist mit dem Mikrotubulitoxin Monomethyl-Auristatin E gekoppelt, welches die Zellteilung blockiert und die Apoptose einleitet. Nach den nun publizierten Zwischenergebnissen der Phase-3-Studie EV-301 kann der Antikörper das Leben vorbehandelter Patienten um rund 30% und das progressionsfreie Überleben (PFS) um rund 40% verlängern – verglichen mit einer weiteren Chemotherapie. Vergleich mit drei verschiedenen Chemotherapien Für die Studie prüften Powles und Mitarbeiter das Arzneimittel bei 608 Patienten, die nach einer platinbasierten Chemotherapie sowie nach oder während einer Behandlung mit PD-1/PD-L1-Hemmern einen Tumorprogress oder ein Rezidiv entwickelt hatten. Alle waren an einem metastatischen oder nicht resezierbaren lokal fortgeschrittenen Urothelkarzinom erkrankt. Patienten mit Hirnmetastasen oder mehr als einer Chemotherapie in der Vorgeschichte wurden ausgeschlossen. Die Betroffenen wurden nach dem Zufallsprinzip auf zwei Gruppen verteilt: Die Hälfte bekam das Antikörperkonjugat (1,25 mg/kg/KG) an den Tagen 1, 8 und 15 eines Vierwochenzyklus infundiert, die übrigen erhielten eine zweite Chemotherapie, welche, entschieden die jeweiligen Ärzte. Zur Auswahl standen Docetaxel, Paclitaxel oder Vinflunin, jeweils appliziert am ersten Tag eines Dreiwochenzyklus. Die Patienten waren im Median 68 Jahre alt und zu drei Vierteln Männer, 70% rauchten oder hatten früher geraucht. Etwa drei Viertel hatten viszerale Metastasen, 31% wiesen Lebermetastasen auf, 11% zeigten nur einen Lymphknotenbefall. Empfehlung der Redaktion Tumoren des Urogenitalsystems – Themenseite Von Prostatakarzinom über Blasenkrebs bis zu Nierentumoren: Diese Themenseite deckt das gesamte Spektrum der urologischen Onkologie ab. Nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von elf Monaten registrierten die Ärzte um Powles 301 Todesfälle. Mit Enfortumab-Vedotin lebten die Patienten im Median 12,9 Monate, mit der Chemotherapie waren es nur 9,0 Monate – eine signifikante Differenz von etwa 30% beim primären Endpunkt. Die Experten kommen zudem auf eine Einjahresüberlebensrate von 52% nach einer Antikörpertherapie sowie 39% nach einer Chemotherapie. Die Vorteile des Antikörpers zeigten sich weitgehend unabhängig von der verwendeten Chemotherapie in der Kontrollgruppe, vom ECOG-Performance-Status oder dem Alter, Frauen schienen jedoch eher von der Chemotherapie zu profitieren. Medianes PFS von 5,6 Monaten Das mediane PFS beziffern die Ärzte um Powles mit 5,6 Monaten in der Antikörpergruppe sowie 3,7 Monaten in der Kontrollgruppe – eine statistisch signifikante Verlängerung um 38%. Die Ansprechrate erreichte 41% mit dem Antikörperkonjugat und 18% mit der Chemotherapie, ein komplettes Ansprechen wurde bei jeweils 4,9% und 2,7% erzielt. Nebenwirkungen von Grad 3 und höher stellten die Ärzte bei jeweils der Hälfte der Patienten fest. Mit dem Antikörperkonjugat waren das vor allem ein makulopapulöses Exanthem (bei 7,4%), Fatigue (6,4%) sowie eine reduzierte Neutrophilenzahl (6,1%). Mit der Chemotherapie standen Anämie (bei 7,6%) sowie diverse Blutbildveränderungen im Vordergrund. Nebenwirkungsbedingte Dosisreduktionen, Therapieunterbrechungen und Therapiestopps wurden mit dem Antikörperkonjugat etwas häufiger als in der Kontrollgruppe beobachtet. In den USA ist Enfortumab-Vedotin bereits bei vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem Urothelkarzinom zugelassen. Derzeit wird die Arznei in weiteren Indikationen gegen Urothelkarzinome geprüft. Das Wichtigste in Kürze Frage: Was nützt Enfortumab-Vedotin vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem Urothelkarzinom? Antwort: Patienten, die nach einer platinbasierten Chemotherapie sowie nach oder während einer Behandlung mit PD-1/PD-L1-Hemmern einen Tumorprogress oder ein Rezidiv entwickelt haben, profitieren von einer Behandlung mit Enfortumab-Vedotin: Das mediane Überleben wird im Vergleich zu einer weiteren Chemotherapie um rund 30%, das progressionsfreie Überleben um rund 40% verlängert. Bedeutung: Enfortumab-Vedotin verbessert die Überlebenschancen bei vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem Urothelkarzinom. Einschränkung: Interimsanalyse, eine abschließende Bewertung steht noch aus.

Springer Medizin

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