Erschienen in:
01.06.2011 | Leitthema
„Deep sequencing“ und prädiktive Modellierung als Konzept therapeutischer Entscheidungsfindungen in der Onkologie
verfasst von:
H. Lehrach, R. Schäfer, Prof. Dr. Dr. h.c. P.M. Schlag
Erschienen in:
Die Onkologie
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Ausgabe 6/2011
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Zusammenfassung
Eine genaue Kenntnis der komplexen Aktivierungsmechanismen zellulärer Signalwege und deren molekulare Vernetzung sind für Planung und Prädiktion des Ansprechens zielgerichteter Therapien von großer Bedeutung. Die Vielzahl möglicher und bereits an Tumormodellen und klinischem Material nachgewiesener Interaktionen macht es plausibel, dass Mutations- und Aktivierungsmuster nicht nur tumortypspezifisch vorkommen, sondern auch das individuelle genetische „Make-up“ einzelner Tumoren ausmachen. Dies führt dazu, dass individuelle Tumoren zunehmend spezifisch und nicht entsprechend ihrer Zugehörigkeit zu einer Tumorklasse oder einem typischen Alterationsspektrum behandelt werden können. Um den Einfluss der enormen Anzahl von Änderungen im Genom, Transkriptom und letztendlich auch im Proteom eines Tumors, aber auch den Einfluss spezifischer Varianten in Genen des Patienten auf die Wirkung und mögliche Nebenwirkungen spezifischer Therapien auf den einzelnen Patienten voraussagen zu können, ist neben vertieften „Omics-Analysen“ die bioinformatische Aufbereitung der hieraus resultierenden, komplexen Datensätze erforderlich. Eine hierauf aufbauende In-silico-Modellierung der in jedem Tumor individuell gestörten biologischen Ablaufprozesse bietet gleichzeitig die Möglichkeit zur Simulation und zur Auswahl von gezielt wirksamen Medikamenten.
Wir erwarten, dass zukünftig der grundlegende Ansatz einer detaillierten molekularen (Tumor-)Analyse jedes einzelnen Patienten in Kombination mit der individuellen Modellierung der tumorbiologischen Auswirkungen und den hieraus zu definierenden gezielten therapeutischen Ansatzpunkten ein Kernelement einer daten- und rechenintensiven individualisierten (Tumor-)Medizin bilden wird. Ziel ist, die Behandlung der Tumorpatienten effektiver zu gestalten und damit entscheidend zu verbessern sowie durch Vermeidung unwirksamer Behandlungen letztendlich die Gesundheitskosten zu senken.