04.12.2024 | Delir | Journal Club
Fokus Neurologische Intensivmedizin 2023/2024
Zusammenfassung ausgewählter intensivmedizinischer Studien
Erschienen in: Die Anaesthesiologie
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Auch in den Jahren 2023 und 2024 wurden mehrere Studien im Bereich der neurologischen Intensivmedizin veröffentlicht, die eine Relevanz für den Behandlungsalltag haben. Eine Auswahl dieser Studien wird nachfolgend zusammengefasst. Die Schwerpunkte liegen dabei auf der Indikationsstellung für die endovaskuläre Therapie des Hirninfarkts insbesondere im intensivmedizinischen Kontext und dem zugehörigen postprozeduralen Management, dem raumfordernden Hirninfarkt, der intrazerebralen Blutung, dem Status epilepticus, der Meningoenzephalitis und dem Delir. Eine Übersicht der Arbeiten enthält Tab. 1. Die vorliegende Zusammenstellung soll einerseits aktuelle Entwicklungen im Bereich der neurologischen Intensivmedizin abbilden und gleichzeitig die Ausarbeitung interdisziplinärer Studien stimulieren.
Originaltitel/Akronym
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Zusammenfassung/Hauptergebnisse
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Endovascular thrombectomy beyond 24 hours from ischemic stroke onset: a propensity score matched cohort study [8]
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In dieser Registerstudie unterschied sich die endovaskuläre Therapie des Hirninfarkts, die außerhalb eines Zeitfensters von 24 h nach dem Symptombeginn erfolgte, gegenüber der Durchführung im Zeitfenster 6–24 h hinsichtlich des funktionellen Zustands zum Zeitpunkt der Krankenhausentlassung nicht.
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Endovascular thrombectomy for acute ischaemic stroke with established large infarct: multicentre, open-label, randomised trial [10]
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Diese randomisierte Studie zu den Effekten der endovaskulären Therapie des Hirninfarkts im Falle einer bereits relevant vorhandenen Infarktdemarkierung (ASPECTS 3–5) zeigte infolge der mechanischen Rekanalisation im Vergleich zur Nichtdurchführung einen signifikant besseren funktionellen Zustand nach 3 Monaten.
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Trial of thrombectomy for stroke with a large infarct of unrestricted size [11]
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In dieser randomisierten Studie führte die endovaskuläre Therapie des Hirninfarkts auch bei bereits umfangreich bis vollständig vorhandener Infarktdemarkierung (ASPECTS ≤ 5) gegenüber der Nichtdurchführung zu einem signifikant besseren funktionellen Zustand nach 3 Monaten.
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Intensive vs conventional blood pressure lowering after endovascular thrombectomy in acute ischemic stroke: The OPTIMAL-BP randomized clinical trial [21]
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Diese randomisierte Studie zum optimalen Blutdruckmanagement nach erfolgreicher mechanischer Rekanalisation beim Hirninfarkt ergab zwischen den beiden Gruppen < 140 und 140–180 mmHg (systolisch, für einen Zeitraum von 24 h) keinen Unterschied hinsichtlich des funktionellen Zustands nach 3 Monaten.
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Blood pressure management after endovascular therapy for acute ischemic stroke: the BEST-II randomized clinical trial [23]
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In dieser randomisierten Studie zum optimalen Blutdruckmanagement nach einer erfolgreichen mechanischen Rekanalisation beim Hirninfarkt fand sich zwischen den 3 Gruppen < 140, < 160 und ≤ 180 mmHg (systolisch, für einen Zeitraum von 24 h) kein Unterschied hinsichtlich des Infarktvolumens nach 36 h und des funktionellen Zustands nach 3 Monaten.
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Postoperatives Management nach dekompressiver Hemikraniektomie bei malignem Mediainfarkt – eine deutschlandweite Umfragestudie [32]
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Als Ergebnis dieser Umfragestudie in Deutschland wurde deutlich, dass sich die Mehrzahl der Zentren an einem Zeitfenster von ≤ 48 h für die Hemikraniektomie beim malignen Hirninfarkt orientiert. Eine große Heterogenität war hinsichtlich des Zeitpunkts der zerebralen Kontrollbildgebung sowie der Sedierungs- und Beatmungsdauer erkennbar.
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Andexanet for factor Xa inhibitor-associated acute intracerebral hemorrhage [49]
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In dieser randomisierten multizentrischen Studie war die Gabe von Andexanet alfa bei DOAK-assoziierten intrazerebralen Blutungen im Vergleich zur Standardtherapie, die in Teilen die Gabe von Prothrombinkomplexkonzentrat einschloss, mit einem signifikant geringeren Risiko für ein Blutungswachstum (> 35 %) assoziiert. Dagegen fanden sich keine signifikanten Effekte hinsichtlich des klinischen Endpunkts und der Notwendigkeit z. B. einer operativen Dekompression.
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The etiology and mortality of new-onset refractory status epilepticus (NORSE) in adults: a systematic review and meta-analysis [56]
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Diese Metaanalyse ergab bei einem therapierefraktären Status epilepticus ohne vorherige Diagnose einer Epilepsie (NORSE) in ca. 50 % der Fälle keine ätiologische Einordnung, bei ca. 36 % der Betroffenen jedoch eine autoimmune (z. B. NMDA-Rezeptor-Enzephalitis) und bei ca. 8 % eine infektiöse Ursache (z. B. SARS-CoV‑2, Herpes simplex-Virus) mit entsprechenden therapeutischen Implikationen.
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Clinical features, etiologies, and outcomes in adult patients with meningoencephalitis requiring intensive care (EURECA): an international prospective multicenter cohort study [58]
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In einer prospektiven multizentrischen Kohortenstudie, die Meningoenzephalitiden mit der Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung einschloss, zeigte sich in ca. 50 % der Fälle ein eingeschränktes/schlechtes funktionelles Behandlungsergebnis nach 3 Monaten bzw. ein Versterben in diesem Zeitraum (mRS 3–6). Ursächlich lag in der Kohorte zumeist eine bakterielle Genese zugrunde. Am häufigsten wurde Streptococcus pneumoniae identifiziert.
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Cognitive training for reduction of delirium in patients undergoing cardiac surgery: a randomized clinical trial [61]
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In dieser randomisierten multizentrischen Studie führte ein kognitives Training mithilfe einer digitalen Applikation vor einer koronaren Bypass-Operation zu einer reduzierten Rate eines postoperativ bzw. im Zusammenhang mit dem Aufenthalt auf einer Intensivstation auftretenden Delirs.
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