Zusammenfassung
Anders als früher angenommen gehören kognitive Störungen zu den Symptomen bei der Multiplen Sklerose (MS) und lassen sich bei bis zu 60% der Patienten bereits im frühen Verlauf der Erkrankung feststellen. Nach längerer Krankheitsdauer ist die Entwicklung einer Demenz möglich. Dennoch gelten kognitive Beeinträchtigungen nicht als typische Erstsymptome einer MS. Wir berichten über 4 ältere Patienten, die mit beginnenden demenziellen Syndromen in unserer Gedächtnissprechstunde vorgestellt wurden und bei denen durch die weiteren Untersuchungen eine MS als wahrscheinlichste Ursache diagnostiziert wurde. Alle Patienten waren bei Beginn ihrer kognitiven Störungen älter als 60 Jahre. Nur eine Patientin hatte im weiteren Verlauf eine ausgeprägte Gang- und Standataxie mit funktionellen Beeinträchtigungen entwickelt. Eine Literaturrecherche mit Auswertung der Daten von 239 Patienten ergab, dass bei spätem Beginn einer MS vor allen Dingen motorische Störungen als Erstsymptom und ein primär progredienter Verlauf mit ungünstiger Prognose beobachtet wurden. Eine Demenz als initiale Symptomatik wurde bei über 60-Jährigen bisher noch nicht beschrieben. Möglicherweise wird die MS als Differenzialdiagnose bei Demenzen älterer Patienten sowie eine kognitive Beeinträchtigung als Erstsymptom der MS zu selten in Betracht gezogen.