RCT bestätigt: Donepezil verzögert Heimaufnahme

Setzen Patienten mit fortgeschrittener Demenz ihre Cholinesterasehemmer ab, riskieren sie, einige Monate früher in ein Pflegeheim zu gelangen. Dies ließ sich nun auch in einer randomisiert-kontrollierten Studie (RCT) zeigen. In der Vergangenheit gab es immer wieder Hinweise, wonach Demenzpatienten mit Cholinesterasehemmern die Aufnahme in ein Pflegeheim verzögern können. Diese Hinweise stammten zum großen Teil aus placebokontrollierten Studien und deren offenen Extensionsphasen. Allerdings war die Heimaufnahme in den meisten der Studien nicht vorab als Endpunkt definiert worden. Unklar ist auch, ob Patienten, die bereits mit Cholinesterasehemmern behandelt worden sind, selbst dann noch davon profitieren, wenn sie am Übergang von einer moderaten in eine schwere Demenz stehen. Hier wird oft erwogen, Antidementiva ganz abzusetzen oder auf Memantine zu wechseln. Ob dies tatsächlich die richtige Strategie ist, haben Forscher um Professor Robert Howard vom University College in London anhand der mit öffentlichen Mitteln und Stiftungsgeldern finanzierten Studie DOMINO-AD* geprüft. Sie suchten gezielt nach Alzheimerpatienten, die bereits mit dem Cholinesterasehemmer Donepezil behandelt wurden (seit mindestens drei Monaten) und eine moderate bis schwere Demenz hatten: Ihr MMST-Wert musste zwischen 13 und 5 Punkten liegen. Vorteil bei kognitiver und funktioneller Leistung Sie fanden 295 Patienten mit solchen Eigenschaften und verteilten sie auf vier ähnlich große Gruppen: Die erste setzte Donepezil ab und bekam keine weiteren Antidementiva, die zweite Gruppe wechselte von Donepezil auf Memantine (20 mg/d), die dritte Gruppe erhielt weiterhin eine Donepezil-Monotherapie (10 mg/d), die vierte kombinierte Donepezil (10 mg/d) mit Memantine (20 mg/d). Behandelt wurde auf diese Weise ein Jahr lang, danach oblag es den jeweiligen Ärzten, ob und wie sie die Therapie fortführten. Die Gruppen blieben aber weitere drei Jahre verblindet. Die Patienten wurden so verteilt, dass sich die Gruppen beim durchschnittlichen Alter, MMST-Wert (9 Punkte) und der vorhergehenden Donepezil-Behandlungsdauer nicht unterschieden. Primärer Endpunkt war die kognitive Leistung nach einem Jahr, als sekundärer Endpunkt wurde die Rate von Heimeinweisungen aufgenommen. Eine erste bereits veröffentliche Analyse ergab einen – wenn auch geringen – Vorteil bei der kognitiven und funktionellen Leistung für die Patienten in den beiden Gruppen mit fortgeführter Donepezil-Behandlung. Die spannende Frage war nun, ob sich dieser Vorteil auch in eine niedrigere Rate von Heimweinweisungen übersetzen würde – ein Punkt, der für Patienten, Angehörige und Leistungserbringer sicherlich relevanter sein dürfte als ein geringer kognitiver Benefit. In der Tat gab es nach einem Jahr signifikante Unterschiede bei dieser Rate: In den beiden Gruppen mit abgesetzter Donepezil-Behandlung mussten 46 Patienten (31%) ihr Zuhause verlassen, nur 26 (18%) waren es in den beiden Gruppen mit Donepezil. Wurde die Einweisungsrate kontinuierlich über das erste Jahr betrachtet, dann war das Risiko für eine Heimaufnahme in den Gruppen ohne Donepezil doppelt so hoch wie in denen mit dem Cholinesterasehemmer. Insgesamt müssen nach diesen Daten knapp sechs Patienten mit Donepezil behandelt werden, um eine Heimeinweisung über zwölf Monate hinweg zu verhindern. Kein Einfluss der Memantine-Behandlung Die Memantine-Behandlung hatte hingegen keinen Einfluss auf die Heimeinweisungsrate: Aus den beiden Memantine-Gruppen gelangten 35 Patienten (23,5%) in ein Pflegeheim, in den beiden Gruppen ohne Memantine waren es 37 (25,3%). Nach vier Jahren waren zwischen den vier Gruppen kaum noch Unterschiede zu beobachten: Dann befanden sich bereits mehr als die Hälfte (55%) aller Patienten in einer Pflegeeinrichtung. Ob die Unterschiede verschwanden, weil die Patienten nach einem Jahr kaum noch unterschiedlich behandelt wurden oder weil Donepezil dann weniger nützte, lässt sich jedoch kaum sagen. Im zeitlichen Verlauf hatten sich die Kurven der Heimeinweisungsraten nach zwei Jahren deutlich angenähert. Im ersten Jahr lagen sie knapp vier Monate auseinander – so waren 25% der Patienten mit Donepezil nach 12,7 Monaten in einer Pflegeeinrichtung, in den Gruppen ohne Donepezil bereits nach 8,9 Monaten. Nach Angaben der Studienautoren um Howard konnte mit DOMINO-AD erstmals ein signifikanter Effekt einer Antidementivatherapie auf die Heimeinweisungsrate in einer randomisiert-kontrollierten Studie nachgewiesen werden. Da diese Rate jedoch nur ein sekundärer Endpunkt und die Teilnehmerzahlen recht gering waren, sollten die Ergebnisse nicht überbewertet werden, schreiben die Psychiater und Neurowissenschaftler. Die einzige weitere kontrollierte Studie zu dieser Fragestellung (AD2000) fand hingegen keinen Nutzen für Donepezil versus Placebo. Allerdings waren hier vor allem leicht bis moderat erkrankte Alzheimerpatienten eingeschlossen, die Einweisungsraten (9 versus 14%) daher vermutlich zu gering, um signifikante Unterschiede aufzuspüren. Letztlich wäre eine deutlich größere Studie mit Heimeinweisung als primärem Endpunkt nötig, um Klarheit zu schaffen. Die wird es aus Kostengründen aber wohl kaum geben. Auch die Hoffnung, vielleicht doch bald krankheitsmodifizierende Arzneien gegen Alzheimer zu haben, dürfte das Engagement der Forscher und Geldgeber für groß angelegte Studien mit alten Substanzen bremsen. *DOMINO-AD: Donepezil and Memantine in Moderate to Severe Alzheimer’s Disease

Springer Medizin

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