Zusammenfassung
Bei der mit einer Hashimoto-Thyreoiditis assoziierten Hashimoto-Enzephalopathie wurden bisher schlaganfallartige Symptome, Krampfanfälle, Myoklonien, Psychosen und progrediente kognitive Störungen beschrieben. Die Diagnose stützt sich auf den Nachweis von erhöhten Schilddrüsenautoantikörpern und EEG-Veränderungen sowie das Ansprechen der klinischen Symptomatik auf eine Behandlung mit Kortikosteroiden. Wir berichten über eine 74-jährige Patientin mit schwerer depressiver Episode, deren affektive Symptomatik sich unter jeweils 4-wöchiger Behandlung mit täglich 40 mg Citalopram bzw. 150 mg Venlafaxin nicht besserte. Ein wiederholt pathologischer EEG-Befund veranlasste uns zu einer weiteren diagnostischen Abklärung, bei der deutlich erhöhte Serumantikörper gegen Thyreoperoxidase (TPO-AK) sowie ältere postentzündliche Veränderungen in der Schilddrüsensonographie auffielen. Bei Vereinbarkeit der Befunde mit einer Hashimoto-Enzephalopathie begannen wir mit einer oralen Kortikosteroidbehandlung zusätzlich zur antidepressiven Medikation. Hierunter war die schwere depressive Symptomatik der Patientin innerhalb von 4 Wochen gänzlich rückläufig. Gleichzeitig kam es zu einer Normalisierung des EEG-Befundes und zu einem Abfall der TPO-Ak. Möglicherweise manifestiert sich eine Hashimoto-Enzephalopathie mit depressiven Störungen als eigene Verlaufsform oder Frühform. Sie sollte bei therapierefraktären affektiven Störungen mit der Option einer möglichen Kortikosteroidbehandlung in die differenzialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden.