Erschienen in:
04.06.2019 | Geschichte der Pathologie
Der Hepatopathologe Hans Popper (1903–1988)
Ein frühes Opfer des Nationalsozialismus in Österreich
verfasst von:
Dr. S. Kaiser, J. Sziranyi, Prof. D. Groß
Erschienen in:
Die Pathologie
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Ausgabe 4/2019
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Zusammenfassung
1988 verstarb der gebürtige Wiener und „Vater der modernen Hepatopathologie“ Hans Popper. Seine medizinischen Verdienste sind ebenso zahlreich wie herausragend. Vor allem seine Forschungen über die Krankheiten der Leber wurden weltweit gewürdigt. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass Popper aufgrund seiner jüdischen Abstammung nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Dritte Reich von der Universität Wien entlassen wurde und nachfolgend in die USA emigrierte.
Poppers Biografen, die vornehmlich seinem Freundes- und Kollegenkreis entstammen, war diese politische Entrechtung fraglos bekannt. Die Überlieferung des betreffenden Ereignisses ist dennoch lückenhaft und speist sich zudem stark aus den persönlichen, zwangsläufig subjektiv gefärbten Erinnerungen der Verfasser. Daher fokussiert dieser Beitrag insbesondere auf die Rolle Poppers als politisch verfolgter Jude und die daraus resultierenden Implikationen.
Die vorliegende Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Popper aufgrund seiner jüdischen Herkunft, der fristlosen Entlassung aus dem Hochschuldienst, einer drohenden Verfolgung durch die Gestapo und der nachfolgenden Zwangsemigration eindeutig als Opfer des Nationalsozialismus anzusprechen ist. Popper entschied sich nach 1945 gegen eine Remigration und erlangte stattdessen in den USA und später international fachliche Anerkennung. In den 1980er-Jahren wurde Hans Popper allerdings wegen seiner permissiven Haltung gegenüber seinem früheren akademischen Lehrer – dem Arzt und NS-Verbrecher Hans Eppinger – kritisiert. Obwohl es ihm nicht gelang, sein Verhalten in der „Causa Eppinger“ vollständig zu plausibilisieren, geriet der Vorgang bald wieder in Vergessenheit, wie mehrere rezente posthume Ehrbekundungen im deutschsprachigen Raum zeigen.