Wenn die Haut vom Drogenkonsum gezeichnet ist

Bei unklaren Hautveränderungen, die trotz Therapie hartnäckig persistieren, sollte man als Dermatologe auch an Drogenmissbrauch denken. Prof. Ulrike Blume-Peytavi beschrieb, welche Spuren sowohl Injektionstechniken als auch Inhaltsstoffe auf der Haut hinterlassen können. Drogenkonsum ist in Deutschland weit verbreitet. Etwa 8% der Erwachsenen und Jugendlichen über zwölf Jahre wenden illegale Substanzen an, berichtete Prof. Ulrike Blume-Peytavi von der Berliner Charité auf der Münchner FoBi-Tagung. Zum Dermatologen kommen die User, wenn die Substanz Nebenwirkungen auf der Haut verursacht hat, wenn ein Zusatzstoff eine Hauterkrankung ausgelöst hat oder wenn Haut oder Venen durch das Spritzen nachhaltig geschädigt wurden. Nicht jedem Patienten sieht man den Abusus an! Die Expertin schilderte, welche Hautzeichen den Verdacht auf Drogenmissbrauch wecken und gezieltes Nachfragen triggern sollten, denn: „Nicht jedem Patienten sieht man den Abusus an, nicht jeder gibt es zu!“ Wer langfristig Substanzen i. v. konsumiert, so Blume-Peytavi, entwickelt sogenannte Tracks: Durch wiederholte Injektionen, insbesondere mit stumpfen Nadeln, kommt es zu Thrombosen, die Venen vernarben und auf der darüberliegenden Haut entstehen pigmentierte Stellen. Wichtig ist es der Dermatologin zufolge, die bevorzugten Injektionsstellen zu kennen: Das seien vor allem die Ellenbeugenvene, und zwar eher die am nichtdominanten Arm, aber auch die Venen in der Leiste, in der Kniekehle oder am Fußrücken. Skin-Popping mit hohem Infektionsrisiko Drogenabhängige, bei denen bereits eine Sklerosierung der Gefäße aufgetreten ist, behelfen sich nach Blume-Peytavi oft mit dem „Skin-Popping“: Weil die Vene dicht ist, wird die Substanz entweder subkutan oder intradermal gespritzt. Dies führt zu atrophen leukodermischen Narben, die wie ausgestanzte Löcher aussehen. Im Vergleich zur I.v.-Injektion birgt das Skin-Popping, so Blume-Peytavi, „ein fünffach erhöhtes Infektionsrisiko“. Sehr häufig sehe man daher Abszesse und Ulzerationen. Mangels Alternativen werde dann oft noch in die Ulzera gespritzt. Die Folge seien Hautbilder, die nicht selten einer Pyoderma gangraenosum ähneln. „Wir müssen zuerst die Ursache abstellen, sonst sind abheilende Maßnahmen nicht erfolgreich“, betonte die Expertin. Ein im Frühstadium sehr unspezifisches Zeichen sind die „Puffy Hands“: Diese Hautveränderung beginnt nach Blume-Peytavi oft „mit einem sehr zarten Erythem am Handrücken“. Die Ursache sind toxische Zusatzstoffe wie z. B. Chinin, die zu Gefäßsklerosierung, oberflächlichen Thrombosen und peripheren Lymphödemen führen. Daran denken sollte man der Expertin zufolge bei persistierenden Ödemen am Handrücken, die die Finger einbeziehen. Leichter zu erkennen sind dagegen Verrußungs-Tattoos: Dabei werden Rußpartikel, die beim Kochen der Droge oder beim Sterilisieren der Nadel über einer Kerzenflamme entstehen, unabsichtlich mit injiziert. Dies hinterlässt oft deutlich sichtbare Spuren im Verlauf der oberflächlichen Venen. In der Szene, so die Dermatologin, werden solche Zeichen oft mit Tattoos kaschiert, die die Schmutzspuren mehr oder weniger kreativ ins Design integrieren. Starker Anstieg Levamisol-assoziierter Vaskulitiden Immer häufiger ist zu beobachten, dass Drogen pharmakologisch aktive Wirkungsverstärker („Adulterants“) beigemischt werden, was erhebliche Gefahren birgt, nicht nur an der Haut. Unter den dermatologisch relevanten Komplikationen warnte die Expertin vor allem vor Gefäßentzündungen, die durch Levamisol ausgelöst werden. Die Substanz, eigentlich ein Anthelmintikum, finde sich gegenwärtig fast regelhaft als Beimengung in Kokain. Die Häufigkeit der Levamisol-assoziierten, häufig ANCA-positiven (!) Vaskulitiden sei in letzter Zeit exponentiell gestiegen. Daneben enthalten Drogen jedoch oft auch inerte Verschnittstoffe (z. B. Talk oder Mannitol), die allein den Zweck haben, das Suchtmittel zu strecken. In der Haut können solche Substanzen u. a. zu Fremdkörpergranulomen führen. Aber auch „die breite Palette von Urtikaria, Angioödemen, Vaskulitiden oder bullösen Exanthemen“ komme als Reaktion auf einen Zusatzstoff infrage. Die Therapie der Wahl besteht nach Blume-Peytavi darin, den Betroffenen Unterstützung anzubieten: „Wir als Dermatologen können noch so viel tun; wenn die Ursache nicht bekämpft ist, kann unsere Therapie auch nicht erfolgreich sein!“ Nebenwirkungen illegaler Substanzen auf der Haut Kokain, Methamphetamin und Heroin führen zu Pruritus, teilweise auch zu taktilen Halluzinationen bis hin zum Dermatozoenwahn. Typisch für Heroin ist der starke Juckreiz vor allem im Gesicht und an den Genitalien. Crystal-Meth-Konsumenten zeigen unstillbaren Juckreiz und fallen durch Zahnschmelzdefekte (Meth Mouth) und intensiven Körpergeruch auf. Die Haut wirkt grau und sehr trocken (Xerosis). Kokain und Crack haben einen vasokonstriktiven Effekt und führen häufig zu Vaskulitiden, einer (palpablen) Purpura und Ulzerationen. Bei den „Crack-Händen“ kommt es zur Atrophie der Fingerbeere, wodurch die Fingernägel die Form eines Papageienschnabels annehmen. Bei der Cannabis-Arteriitis können über den vasokonstriktiven Effekt der Droge periphere Nekrosen entstehen, v. a. an den unteren Extremitäten. Hellhörig werden sollte man, wenn bereits Jugendliche Symptome einer Claudicatio intermittens mit Gangrän und Ulzerationen zeigen: In diesem Fall ist ein vertrauliches Gespräch angezeigt. Basierend auf Blume-Peytavi U: Haut und Drogen. 26. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie, München, 24.–28. Juli 2018

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