Cell Saver sind juristisch in der Grauzone

Der Cell Saver gehört mittlerweile zum Standard bei Eingriffen mit großen Blutverlusten. Auch Traumapatienten profitieren enorm. Doch jetzt droht juristische Gefahr: Extreme bürokratische Hürden könnten den Einsatz des Cell Savers auf wenige Zentren beschränken. "Wir haben das Problem, dass der Verbrauch an Erythrozytenkonzentraten in den letzten Jahren immer weiter ansteigt. Fremdblut ist teuer und hat erhebliche Nebenwirkungen", so begründet Dr. Timo Seyfried (Universitätsklinikum Regensburg) die Notwendigkeit der maschinellen Autotransfusion. Allerdings müssen die entsprechenden Kontraindikationen (bakterielle Kontamination, Tumorchirurgie und Verunreinigungen) beachtet werden. Cell-Saver-Blut ist hochwertiger Die gute Akzeptanz dieser Technik hat dazu geführt, dass mittlerweile jede zehnte Blutkonserve aus einem Cell Saver kommt. Mit zum Erfolg des Verfahrens beigetragen hat die hohe biologische Qualität des Cell-Saver-Bluts. Die aktuelle Technik ist ausgereift, praxiskompatibel und auch im Notfall (z. B. Trauma) schnell einsetzbar. Auch wirtschaftlich macht der Cell-Saver-Einsatz Sinn. Bereits ab einem Blutverlust von ca. 1000 ml ist, nach Berechnungen von Dr. Seyfried, die maschinelle Autotransfusion günstiger als die Gabe von Fremdblut. Verfahrensbedingte Nebenwirkungen gibt es praktisch nicht. Allerdings besteht auch hier die Gefahr der Verwechslung. Deshalb darf die Retransfusion niemals im Aufwachraum oder auf der Intensivstation erfolgen. Arzneimittelgesetz ist zuständig Doch nun droht diesem etablierten Verfahren juristische Gefahr. Dr. Georg Wittmann (Transfusionsmedizin am Klinikum München Großhadern) verweist darauf, dass der Einsatz der maschinellen Autotransfusion in einer gesetzlichen Grauzone erfolgt. "Formal handelt es sich bei dem Retransfusionsblut nämlich um ein Arzneimittel", so Wittmann. Der Einsatz des Cell Savers fällt deshalb unter das Arzneimittelgesetz [1]. Theoretisch wäre also schon jetzt für seinen Einsatz die bürokratisch sehr aufwendige Herstellererlaubnis einzuholen [2]. Die meisten Kliniken müssten dann wohl passen. Gesetzeslücke erspart Bürokratie "Der einzige Fluchtpunkt, den uns der Gesetzgeber lässt, ist eine Ausnahmeregelung im Gesetz", so der Münchner Transfusionsmediziner. Hier wird festgelegt, dass Ärzte keine Herstellererlaubnis brauchen, „soweit die Arzneimittel unter ihrer unmittelbaren fachlichen Verantwortung zum Zwecke der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten hergestellt werden [3].“ Diese Regelung impliziert schon jetzt einen differenzierten Dokumentations- und Qualitätssicherungsaufwand (z. B. HK-Kontrollen in Sammelbeutel), der in vielen Kliniken wahrscheinlich noch nicht realisiert wird [4]. Die strengen gesetzlichen Rahmenbedingungen haben aber auch praktische Konsequenzen: Während des Betriebs eines Cell-Savers darf der verantwortliche Anästhesist nicht ausgewechselt werden. Die Retransfusion muss unter seiner persönlichen Aufsicht erfolgen. Anzeigepflicht beachten Weiter verweist Wittmann darauf, dass im Prinzip jetzt schon eine Anzeigepflicht besteht [5]. Offiziell gibt es zwar noch kein entsprechendes Verfahren, trotzdem rät der Experte zur prophylaktischen Meldung bei der zuständigen Landesbehörde. Sollten tatsächlich einmal Komplikationen auftreten, ist die Ausgangssituation dann wesentlich günstiger. Der bürokratische Super-GAU Wirklich schlecht sieht es aber aus, wenn sich die Auffassung des Ministeriums (BGM) durchsetzt und die Ausnahmegenehmigung nicht mehr gilt. Dann droht der bürokratische Super-GAU. Wer einen Cell Saver nutzt, braucht dann die Zulassungspflicht als Blutspendeeinrichtung, muss das Cell-Saver-Blut infektiologisch testen und eine Herstellererlaubnis vorweisen. Kontinuierliche Kontrollen durch die Landesbehörden würden den bürokratischen Wahnsinn flankieren. "Durch den umsichtigen Umgang mit dem Verfahren müssen wir Ärzte jetzt verhindern, dass uns die Juristen reingrätschen", so Dr. Wittmann. "Wenn erst schwere Komplikationen publik werden, dann wird es schlimm enden", ist sich der Transfusionsmediziner sicher. Was dann an Aufwand auf die Kliniken zukommt, könnten sich nur noch wenige Zentren leisten. Literatur [1] Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), das durch Artikel 4 Absatz 11 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist [2] AMG: § 13 Herstellungserlaubnis [3] AMG: § 13 Abs. 2b [4] A. W. Bender1, R. Zimmermann. Maschinelle Autotransfusion (MAT) - medizinisches Verfahren und rechtliche Einordnung Transfusionsmedizin 2012; 2(1): 34-40 [5] AMG: § 67 Allgemeine Anzeigepflicht: "(1) Betriebe und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, klinisch prüfen oder einer Rückstandsprüfung unterziehen, prüfen, lagern, verpacken, in den Verkehr bringen oder sonst mit ihnen Handel treiben, haben dies vor der Aufnahme der Tätigkeiten der zuständigen Behörde, bei einer klinischen Prüfung bei Menschen auch der zuständigen Bundesoberbehörde, anzuzeigen. ..." Lesen Sie mehr Weitere Beiträge finden Sie im HAI-Kongressdossier.

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