CT-Reflex kann in die Irre führen

Die schnelle Bildgebung kann in der Notaufnahme Leben retten. Doch einfach nachgeben sollte der Arzt seinem CT-Reflex nicht. Und auch der GCS-Intubations-Reflex kann trügen. Lesen Sie mehr Weitere Beiträge finden Sie im HAI-Kongressdossier. Die Verführung ist groß: Wenn ein Patient mit Bewusstseinsstörung in die Notaufnahme kommt, ist die CT oft schnell bei der Hand. Es könnte ja ein Schlaganfall sein, und da zählt jede Minute, das predigen Schlaganfallexperten landauf, landab. Doch leider kann eine CT auch in die Irre führen. Und das trügerische Gefühl, alle akut lebensbedrohlichen Diagnosen ausgeschlossen zu haben, kann dazu verleiten, näherliegende Ursachen von akuten Bewusstseinsstörungen schlicht zu übersehen. Erst kommt der Zucker, dann kommt die CT „Bei einem unreflektierten Einsatz von Großgeräten in der Notaufnahme kommt es bei bis zu 50 Prozent der Patienten zu falschen Diagnosen“, sagte der Ärztliche Koordinator des Notfallzentrums am Universitätsklinikum Bonn, Dr. Ingo Greiff. Häufig sind das Zufallsdiagnosen, die mit dem akuten Notfall nichts zu tun haben. Greiff bezog sich auf eine US-amerikanische Publikation, die bereits einige Jahre alt ist (Reeves, Am J Emerg Med 2000; 18(4):390-3). Doch das Problem sei nach wie vor aktuell, wie Professor Dr. Michael Christ, Leiter der Zentralen Notaufnahme am Klinikum Nürnberg bestätigte: „Wir erleben es regelmäßig, dass Patienten nicht strukturiert abgeklärt werden und gleich in der CT landen. Am Ende haben sie oft eine Hypoglykämie.“ Das Point-of-Care-Labor ist dann auch bei Notfallpatienten mit Bewusstseinsstörung nach den ABC-Erstmaßnahmen und – wenn möglich – einer (Fremd-)Anamnese jene Maßnahme, die einer CT-Bildgebung in jedem Fall vorausgehen sollte. Abgesehen vom Blutzucker interessieren auch Elektrolyte, Laktat und natürlich der Säure-Basen-Status. Moderne Point-of-Care-Geräte liefern zudem mit dem COHb und dem MetHb zwei Parameter mit, mit denen sich einige der häufigsten Vergiftungen innerhalb von Minuten ausschließen lassen. Sehr hilfreich gerade bei Bewusstseinsstörungen könne auch ein Point-of-Care-Drogenscreening sein, so Greiff. Nicht jedes Koma ist auch eins Nach dem Point-of-Care-Screening kommt für den Notfallmediziner eine fokussierte neurologische Untersuchung, bei der vor allem Orientierung, Seitenunterschiede bei der Motorik, Schmerzreaktion und die Pupillenreaktion interessieren. Erst dann folgt die Notfallbildgebung per CT: „Indikationen dafür sind das Fehlen erkennbarer Ursachen der Bewusstseinsstörung sowie eine mögliche Schädigung des Cerebrums. Außerdem ist eine CT vor Lumbalpunktionen zwingend.“ Auf einen weiteren „falschen Freund“ bei Patienten mit Bewusstseinsstörungen wies Greiff beim Hauptstadtkongress für Anästhesiologie und Intensivmedizin noch ganz explizit hin. Nicht nur die CT, auch die Glasgow Coma Scale (GCS) kann in die Irre führen: „Sie ist sehr linkshemisphärisch ausgerichtet, was dazu führt, dass zum Beispiel Schlaganfallpatienten mit Sprachstörungen niedriger eingestuft werden, als sie das in Bezug auf das Bewusstsein eigentlich müssten.“ Auch hier sollte der Arzt also nicht blind seinen Reflexen folgen: Intubation bei einer GCS < 9 stimmt oft, aber längst nicht immer.

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