Immobilisation erzwingt Mitarbeit beim diabetischen Fuß

Die diabetische Polyneuropathie ist Hauptursache des diabetischen Fußsyndroms. Oft ist sie aber auch der Grund für eine mangelnde Mitarbeit des Patienten. Manchmal hilft nur eingipsen. Das diabetische Fußsyndrom ist auch in Zeiten der Disease-Management-Programme noch ein Thema. Jeder 4. Diabetiker erleidet im Laufe seines Lebens ein diabetisches Fußsyndrom. Pro Jahr treten in Deutschland 200.000 solcher Fußläsionen auf, die für etwa 20% der Krankenhauseinweisungen und 50% der Krankenhaustage von Diabetikern verantwortlich sind, zählte Dr. Wolf-Rüdiger Klare vom Diabeteszentrum des Hegau-Bodensee-Klinikums in Radolfzell auf. 2005 wurde die Zahl der Fußamputationen pro Jahr mit 40.000 angegeben, davon die Hälfte Majoramputationen. 2005 bis 2007 lag das relative Risiko für eine Amputation bei 8,8 für Männer und 5,7 für Frauen mit Diabetes [1]. Eine Hauptursache des Diabetischen Fußsyndroms ist die periphere Polyneuropathie (PNP), die den Fuß gefühllos macht, sodass Wunden, Verbrennungen, drückendes Schuhwerk und Entzündungen nicht bemerkt werden. „Die Patienten zeigen oft eine merkwürdige Gelassenheit, so als würde ihr Fuß gar nicht zu ihnen gehören“, berichtete Klare. Druckentlastung durch PNP schwierig Die Behandlung des diabetischen Fußes folgt der DIRA-Regel: Druckentlastung – Infektbekämpfung – Revaskularisation – (Minor-) Amputation. Dabei ist die Druckentlastung nach Klares Erfahrung oft der schwierigste Teil der Therapie: Die PNP führe dazu, dass die Patienten den Fuß trotz anderer Empfehlung des Arztes belasten, weil sie ja nichts merken. Ein Vorfußentlastungsschuh werde häufig eher als Aufforderung verstanden im Sinne von „Ein Schuh ist doch zum Gehen da.“ Deshalb greift Klare zu drastischeren Mitteln: Er erzwingt die Mitarbeit bei der Entlastung durch einen Gips. Der wird auch von Patienten mit „Ruhe“ gleichgesetzt. Der „Total Contact Cast“ ist nach einer randomisiert-kontrollierten Studien deutlich effektiver zur Abheilung von diabetischen Wunden am Fuß als Entlastungsschuh und Verbandsschuh: Nach 12 Wochen lag die Heilungsrate beim Gips bei 89,5%, beim Entlastungsschuh bei 65% und beim Verbandsschuh bei 58,3% [2]. Der Gips ist auch praxisfreundlich anwendbar: Er muss nicht jedes Mal komplett neu geformt, sondern kann bei der ersten Kontrolle in zwei Schalen gesägt werden. „Das setzt aber voraus, dass man sehr sorgfältig polstert“, betonte Klare. Bei der Infektbekämpfung hat die PNP dann auch Vorteile – beim Débridement braucht man keine Analgesie. Eine lokale Wundantiseptik wird immer erst nach der mechanischer Reinigung durchgeführt. Die Revaskularisierung sollten erfahrene Gefäßchirurgen durchführen. Um Amputationen möglichst auf Minor-Amputationen zu reduzieren und einen belastungsfähigen Restfuß zu erhalten, bedarf es ebenfalls Spezialisten, betonte Klare. Entsprechend sehen Nationale Versorgungsleitlinien und DMP die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Primärversorgern und Spezialisten vor; die geforderten, auf die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms spezialisierte Zentren sind bundesweit aber noch nicht überall verfügbar. Doch der Erfolg der durch die Diabetesgesellschaft zertifizierten Zentren lässt sich sehen. Die Rate der Majoramputationen sank in diesen Einrichtungen von 6,5% im Jahr 2006 auf 2,9% im Jahr 2010. Lesen Sie mehr Weitere Beiträge finden Sie in den Themengebieten Diabetologie, Vaskuläre Chirurgie und im Kongressdossier DGCH 2013. Literatur [1] Icks A et al. Exp Clin Endocrinol Diabetes 2009; 117: 500-4. [2] Armstrong DG et al.Diabetes Care 2001; 24: 1019-22

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