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09.04.2019 | DGCH 2019 | Nachrichten

Fälle aus der Notaufnahme

Kind mit "Bauchweh": Liegt die Ursache eine Etage tiefer?

verfasst von: Dr. Elke Oberhofer

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In der pädiatrischen Notaufnahme sind „Bauchschmerzen“ mit der häufigste Vorstellungsgrund. Dabei liegt die Ursache nicht selten eine Etage tiefer. Was außer Appendizitis und Gastroenteritis noch infrage kommt, war Thema der „Fast-Facts“-Vortragsreihe auf dem Chirurgenkongress.

Junge Ärzte, die in naher Zukunft Dienste in ihrem chirurgischen Fachgebiet übernehmen müssen, waren auf dem DGCH-Kongress die Zielgruppe der Vortragsreihe „Fast Facts für den Dienst“ des Perspektivforums Junge Chirurgie.

Sabine Drossard vom Universitätsklinikum Augsburg gab Tipps für die Kinderchirurgie bzw. -urologie. Ihr bislang „dramatischster Fall“: ein 14-jähriger Junge, der mit akuten Schmerzen im rechten Unterbauch in die Klinik gekommen war. Unter dem Verdacht auf akute Appendizitis wurde die Indikation zur Appendektomie gestellt. Beim Lagern fiel der Op.-Schwester jedoch ein „massiv geschwollenes und verfärbtes Skrotum“ auf. Die Narkose wurde wieder ausgeleitet und der Patient von der Viszeralchirurgie in die Urologie überstellt, wo man nur noch den mittlerweile nekrotischen Hoden entfernen konnte.

Schmerzursache liegt oft ganz woanders

„Keine Diagnose durch die Hose!“, mahnte Drossard: Der Fall zeige, dass selbst immer wieder gehörte Binsenweisheiten gelegentlich missachtet werden. In dieselbe Kategorie fällt der Allgemeinplatz, dass bei Kindern die Ursache für Bauchschmerzen oft an ganz anderer Stelle liegt. Im beschriebenen Fall war es wohl eher so, dass der Junge sich geschämt hatte, die richtige Stelle zu benennen.

Beim Verdacht auf eine Hodentorsion besteht in jedem Fall absolute Dringlichkeit. Die beiden Altersgipfel liegen zum einen im ersten Lebensjahr, zum anderen in der Pubertät. Das Kind bzw. der Jugendliche hat plötzlich starke Schmerzen mit Übelkeit, evtl. Erbrechen. Bei der klinischen Untersuchung fällt nach Drossard auf, dass der Hoden im Skrotum quer sowie im Seitenvergleich etwas höher als der andere steht. „Wenn dann noch der Kremasterreflex aufgehoben ist, kann man die Diagnose eigentlich schon klinisch stellen.“

Ist es eine Hydatidentorsion?

Treten Hodenschmerzen präpubertär auf, sollte der Verdacht dagegen eher auf eine Hydatidentorsion fallen. Der Kinderchirurgin zufolge ist der Schmerzbeginn hier meist schleichend. Neben diskreter Schwellung und Rötung sei das „blue dot sign“ typisch für dieses Krankheitsbild. Dabei sehe man, so Drossard, „apikal vom Hoden ein kleines blaues Bläschen durchschimmern“. Im Ultraschall lassen sich die Hydatiden zwar darstellen; allerdings  gibt die Bildgebung nicht unbedingt Aufschluss darüber, ob eine Verdrehung vorliegt. Unter symptomatischer Behandlung bessern sich die meisten dieser Fälle von selbst, sodass auf die Op. verzichtet werden kann.

Schlafendes Baby war ein Notfall!

Zuweilen sind es in der Notaufnahme aber gerade die sehr stillen Kinder, bei denen höchste Dringlichkeit geboten ist. Dies gilt nach Drossard zum Beispiel für Patienten mit ileozökaler Invagination. Häufig handle es sich dabei um Babys unter zwei Jahren, „meist zwischen sechs und zehn Monaten“. In diesen Fällen wechseln sich typischerweise Schreiattacken mit lethargischen Phasen ab; daher könne es zwischenzeitlich sogar sein, dass „der kleine Patient auf dem Arm der Mutter einschläft“. Davon dürfe man sich jedoch nicht täuschen lassen, warnte die Kinderchirurgin. Wichtige Hinweise liefert vor allem die Sonografie, die typischerweise eine Kokarde im rechten Unterbauch zeigt. Im Längsschnitt sind die Haustren des Dickdarms zu sehen, welche den Dünndarm umschließen. Laut Drossard führt die Palpation dagegen oft nicht weiter: Das Ertasten der charakteristischen „Walze im rechten Unterbauch“ scheitere in der Praxis oft daran, dass man den Kindern „gar nicht so tief in den Bauch drücken kann“.

Allen angehenden Ärzten legte Drossard ans Herz, bei kinderchirurgischen Notfälle auf den Gesamteindruck zu achten: „Wenn die Eltern sagen, das Kind gefällt mir nicht, dann muss man dem nachgehen!“ 

Basierend auf: Drossard S. Essentials Kinderchirurgie. 136. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), 26. bis 29. März 2019 in München

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