Oxalate: Ein unterschätztes Risiko bei Dialysepatienten

Oxalate werden bei der Dialyse nicht eliminiert. Nun zeigt sich, dass erhöhte Konzentrationen dieses Stoffwechselprodukts das Mortalitätsrisiko von Dialysepatienten erheblich steigern. Noch gibt es keine Möglichkeit der Intervention. Rettender Restharn Oxalate haben bei Menschen keine physiologische Funktion. Sie werden mit der Nahrung aufgenommen bzw. in der Leber gebildet und über die Niere ausgeschieden. Oft reicht eine vorhandene Restharnmenge aus, um den Oxalatspiegel im Serum auf einem tolerablen Niveau zu halten. Bei Anurie und Dialyse dagegen, werden diese Salze organischer Säuren nicht mehr eliminiert, berichtet Dr. med. Anja Pfau (Charité Berlin). Es resultieren exzessiv erhöhte Blutspiegel (1). Neuere Daten Schon länger besteht der Verdacht, dass bei Dialysepatienten hohe Oxalatkonzentrationen im Serum die Prognose ungünstig beeinflussen. Empirische Daten zu dieser Hypothese standen bisher aus. Nun liegen zwei Studien vor, die diesen Verdacht erhärten und das ganze Ausmaß der Gefährdung quantifizieren. Klarer Zusammenhang Eine ältere prospektive Pilotstudie bei 104 Dialysepatienten (Beobachtungszeitraum: 2,5 Jahre) hatte bereits gezeigt, dass Oxalatspiegel im Serum und die Gesamtmortalität signifikant korrelieren (2). Die Forschungsgruppe um Anja Pfau ging diesem Zusammenhang in einer aktuellen Post-Hoc-Studie nach. Unter dem Oxalataspekt analysierten die Forscher den Mortalitätsverlauf von 1108 anurischen Patienten für einen Zeitraum von vier Jahren (3). Zur Analyse standen die tiefgefrorenen Proben dieser Dialysepatienten mit Diabetes zur Verfügung. Da die Interpretation der Serumwerte methodisch sehr anspruchsvoll ist und Interferenzen zwischen Oxalat und Vitamin C berücksichtigt werden müssen, wurden die Daten individuell adjustiert und die Resultate in Form von Perzentilen dargestellt. Massives Risiko Maximale Oxalatkonzentrationen (4. Quartile) im Serum erhöhten die Gesamtsterblichkeit um 23 % (1,23 Hazard Ratio). Für den kombinierten Endpunkt »kardiovaskuläre Ereignisse« fanden die Autoren in der gleichen Perzentile ein um 40 % gesteigertes Risiko (1,4 HR). Das Sterberisiko unter einer bestehenden Herzinsuffizienz wurde durch eine maximale Oxalatbelastung mehr als verdoppelt (2,4 HR). Beim plötzlichen Herztod fanden die Forscher ein, um 60 % gesteigertes, Mortalitätsrisiko (1,6 HR). Das Herztodrisiko war linear abhängig von der Oxalatbelastung. Die übrigen Endpunkte dagegen zeigten eine Schwellenwertkinetik, da die Risikosteigerung nur bei sehr hohen Konzentrationen (4. Quartile) auftrat. Mehr Forschung Erstmalig gelang es das Eliminationsdefizit der Dialyse für Oxalate, als kardiales Risiko zu identifizieren. Befunde, die vermuten lassen, dass es durch eine Oxalatanreicherung zu einer spezifischen Myokardfibrose kommt, die für die kardialen Ereignisse verantwortlich ist. Auch das Reizleitungssystem sei betroffen, kommentiert die Berliner Nephrologin. Da ein Drittel der Dialysepatienten an einem akuten kardiovaskulären Ereignis verstirbt, bedarf nach ihrer Meinung die Oxalatproblematik dringend der weiteren Abklärung. Literatur (1) Ermer, Theresa, et al. "Impact of regular or extended hemodialysis and hemodialfiltration on plasma oxalate concentrations in patients with end-stage renal disease." Kidney international reports 2.6 (2017): 1050-1058. (2) Gulhan, Baris, et al. "The relationship between serum oxalic acid, central hemodynamic parameters and colonization by Oxalobacter formigenes in hemodialysis patients." Cardiorenal medicine 5.3 (2015): 164-174. (3) Pfau, Anja, et al. "High Oxalate Concentrations Correlate with Increased Risk for Sudden Cardiac Death in Dialysis Patients." Journal of the American Society of Nephrology 32.9 (2021): 2375-2385. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34281958/ Mehr vom Nephrologie 2021-Kongress finden Sie in unserem Kongressdossier. Quelle: 13. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie 2021, 23.–26. September 2021, Rostock. Veranstaltung: Kristallinduzierte Nephropathie.

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