Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch zuhause

Durch die COVID-19-Pandemie hat die Telemedizin verstärkt Einzug in die medizinische Versorgung gehalten. Das gilt auch für den medikamentösen Schwangerschaftsabbruch. Auch in Deutschland wird das Angebot angenommen. Ein telemedizinisch begleiteter medikamentöser Schwangerschaftsabbruch ist die Beendigung einer Schwangerschaft bis zur 10. Schwangerschaftswoche, wobei die Medikamente (Misoprostol und Mifepriston) telemedizinisch begleitet Zuhause eingenommen werden. In den USA wurde diese Möglichkeit im April 2020 im Rahmen der COVID-19-Pandemie zugelassen. In Studien war der telemedizinisch begleitete medikamentöse Schwangerschaftsabbruch hinsichtlich Effektivität und Komplikationsrate dem Standardvorgehen nicht unterlegen, berichtete Dr. Jana Maeffert von der Gyn-Praxis NOVA und dem Familienplanungszentrum Balance in Berlin. Es geht auch ohne Ultraschall In Großbritannien wurde in der Pandemie ebenfalls ein solches Vorgehen untersucht. Mittels eines fünfteiligen Fragebogens wurde ausgeschlossen, dass die Schwangerschaft bereits länger als zehn Wochen besteht oder eine Eileiterschwangerschaft vorliegt. Mit diesem Verfahren wurde eine gleich hohe Effektivität und eine gleich hohe Sicherheit erzielt wie bei einer Ultraschall-gestützten Einschätzung vor dem medikamentösen Abbruch [1]. Zudem gaben 96 Prozent der Frauen eine hohe Zufriedenheit mit der Methode an. Gleichzeitig sanken die Anfragen an der Initiative „Women on web“ in Großbritannien um 88 Prozent. Selbst ist die Frau „Women on web“ bietet über Ländergrenzen hinweg die Unterstützung beim medikamentösen Schwangerschaftsabbruch an. Die Initiative versendet die Medikamente auch in Regionen, in denen diese Form des Abbruchs illegal ist. In Deutschland gilt das zwar nicht, die Rate der medikamentösen Schwangerschaftsabbrüche ist mit 35 Prozent aber relativ gering und vielen Betroffenen wird diese Möglichkeit nicht angeboten, erklärte Maeffert. „Women on web“ erhielt daher alleine im Jahr 2019 1.090 Anfragen aus Deutschland. Als Grund wurde häufig der Wunsch nach Geheimhaltung und Schutz der Privatsphäre angegeben. Inzwischen soll die Zahl der Anfragen weiter gestiegen sein auf 2.285 in 2020 und 2.041 in 2021. Damit ziehen ein bis drei Prozent aller ungewollten Schwangeren in Deutschland diesen online-Dienst gegenüber dem regulären Gesundheitssystem vor, insbesondere Frauen aus vulnerablen Gruppen. Umsetzung in Deutschland Der Schwangerschaftsabbruch Zuhause kann auch hierzulande telemedizinisch betreut werden, erläuterte Maeffert. In einem ersten Email- oder Telefonkontakt wird geklärt, ob die Voraussetzungen für einen medikamentösen Abbruch bestehen. Dazu gehört auch das Vorlegen des Beratungsscheins. Bei einem Videotermin mit der Ärztin wird der Ablauf geklärt, Fragen werden beantwortet. Sobald alle notwendigen Dokumente vorliegen, wird der Patientin ein Paket mit den Medikamenten und genauen Informationen zugesandt. Misoprostol und Mifepriston wird unter Videobegleitung der Ärztin eingenommen. Nach zwei Tagen Wartezeit wird in Anwesenheit einer vertrauten Person Prostaglandin eingenommen. Ein telefonischer Bereitschaftsdienst ist verfügbar. Von Januar 2021 bis Juni 2022 hat das Familienplanungszentrum Balance auf diese Weise 134 Schwangerschaftsabbrüche telemedizinisch begleitet. Basierend auf: Wissenschaftliche Sitzung „Reproduktive Gesundheit“ am 12. Oktober 2022, 64. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe in München vom 12.–15. Oktober 2022 Empfehlung der Redaktion DGGG 2022 Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe 2022 12.–15. Oktober 2022 | München Unter dem Motto "Gemeinsam stark für die Frau" tagte der Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) 2022 in München. Alle Berichte finden Sie in diesem Dossier.

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