Bei Nahrungsmittel-Allergien mit Diät zur Diagnose

Atypische Nahrungsmittel-Allergien außerhalb der Zöliakie sind weit verbreitet. So reagiert ein großer Teil der Reizdarmpatienten auf Weizen, Milch, Soja oder Hefe. Es gibt in der Bevölkerung eine hohe Rate unentdeckter, atypischer Nahrungsmittel-Allergien. Nach Angaben von Professor Detlef Schuppan von der Universitätsmedizin Mainz, liegt die Prävalenz bei acht Prozent IgE-/Hauttest-negativer Nahrungsmittelallergien. Sie zeichnen sich in der Vergrößerungs-Endoskopie durch eine mukosale Sofortreaktion aus. Die klinische Symptomatik tritt dagegen erst nach Stunden auf, was die Identifikation des auslösenden Nahrungsmittels erschwert. Mindestens 50 Prozent der Reizdarm-Patienten, so Schuppan beim Internistenkongress in Wiesbaden, reagierten primär auf Weizen, gefolgt von Milch, Soja und Hefe. Weitere Allergene sind Nüsse und Eier. Die Familienanamnese ist oft positiv für Atopien. Eosinophile Entzündung Es handelt sich um eine eosinophile Entzündung, kombiniert mit einem Verlust von Tight junctions des Darmepithels und damit einem Barrieredefekt. „Wir vermuten, dass die sekundäre T-Zell-Reaktion und die Ausbreitung über den Darm die spätere klinische Reaktion auslöst.“ Objektiv lässt sich die Reaktion mithilfe der konfokalen Laser-Endomikroskopie und intravenös injiziertem Fluorescein nachweisen: Nach Nahrungsmittelprovokation wird innerhalb von Minuten eine entzündliche Reaktion mit Plasmaexsudation, sich abschilferndem Epithel und Ödem sichtbar. Ein Bluttest befindet sich derzeit in Entwicklung. Schuppan empfahl, Reizdarmpatienten über drei Tage eine Kartoffel-Reis-Diät zu verordnen. „Bessern sich die Patienten, handelt es sich um ein Nahrungsmittelproblem.“ In diesem Falle führen die Mainzer Gastroenterologen geplant alle zwei bis vier Tage ein weiteres, wohl definiertes, reines Nahrungsmittel in die Diät ein – früher oder später auch Weizen als am häufigsten verantwortliches Agens. Lässt sich auf diese Weise ein Auslöser definieren, kann den Patienten mit einer gezielten Exklusionsdiät geholfen werden. Weiterhin schätzen Schuppan und seine Mitarbeiter, dass etwa zehn Prozent der Bevölkerung an einer Sensitivität gegen Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI) leiden. Das sind kleine, in Weizensorten, in geringerem Ausmaß auch in Roggen und Gerste enthaltene Proteine. Allerdings schwankt der Gehalt erheblich, abhängig von Genetik und Anbau des Getreides. ATI werden kaum durch Magen-Darm-Enzyme verdaut, durch Backen und Kochen denaturieren diese Proteine nicht und mindern nicht deren Aktivität. Primär extra-intestinale Symptome Amylase-Trypsin-Inhibitoren fördern generell Entzündungen, weil sie bestimmte Rezeptoren auf myeloiden Immunzellen des Darms aktivieren, in erster Linie Makrophagen und Dendritische Zellen. Aktivierte Zellen verlassen den Darm und wandern zu mesenterialen Lymphknoten sowie womöglich weiter nach peripher. Bei chronischen Stoffwechselerkrankungen wie Adipositas, Typ-2-Diabetes oder nichtalkoholischer Steatohepatitis (NASH) sowie besonders bei Autoimmunerkrankungen verstärken sie offenbar die Entzündungsreaktion und verschlechtern diese Grunderkrankungen. Zudem verstärken sie die intestinale Dysbiose und fördern die Entzündung im Darm, die intestinale Permeabilität erhöht sich. Die Patienten leiden primär unter extra-intestinalen Symptomen. ATI verstärken Allergien durch Stimulation des angeborenen Immunsystems. Und für Kolon-, Lungen- und Lebertumoren gibt es Hinweise, dass ATI das Tumorwachstum fördert. Die Arbeitsgruppe untersucht derzeit in mehreren Projekten zahlreiche Getreidesorten auf ihren ATI-Gehalt sowie Methoden zur Herstellung ATI-reduzierter Weizenprodukte. Wird bei einem Patienten eine ATI-Sensitivität vermutet, kann dem Patienten empfohlen werden, sich zunächst mindestens vier Wochen lang Gluten- und damit ATI-frei zu ernähren und die Erkrankungsaktivität zu beobachten. Literaturtipp: Schuppan D, Gisbert-Schuppan K: Tägliches Brot: Krank durch Weizen, Gluten und ATI. Springer 2018 Quelle: Ärzte Zeitung

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