DGIM-Kongress: Mehr Hausärzte? Dann müssen Internisten mit ins Boot!

Der Engpass in der hausärztlichen Versorgung kann nur gemeinschaftlich von Allgemeinmedizin und Innerer überwunden werden, mahnen die Internisten. Sie fordern daher endlich die Gleichberechtigung bei der Förderung hausärztlicher Weiterbildungsstellen. Ob Stipendien, Förderung von Famulaturen in ländlichen Regionen oder die klassische Niederlassungsförderung: Fast alle KVen haben mittlerweile Konzepte am Start, um junge Medizinerinnen und Mediziner für die hausärztliche Versorgung zu gewinnen. „Wir befinden uns heute nicht mehr da, wo wir noch vor vier Jahren waren“ , sagte Dr. Carsten König, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein (KVNo), bei einem Symposium von BDI und DGIM am Montag auf dem Internistenkongress in Wiesbaden. Thema: „Mit Scheuklappen gegen den Hausärztemangel“. Der Hausärztemangel treffe alle KV-Regionen, stellte König klar. Was in Nordrhein der Oberbergische Kreis ist, indem es deutlich an hausärztlichen Praxisnachfolgern mangelt, ist in anderen KV-Regionen ein anderes Gebiet. Deshalb mahnte er: „Wir können uns nicht zurücklehnen.“ Zumal die nächste Ärztinnen- und Ärztegeneration – „und das ist auch gut so“, so König – ein anderes Arbeits- und Lebensmodell habe. Auch die Ärzteschaft müsse dieser „Vorstellung der Gesellschaft“ folgen, in der es eben keine 60-Stunden-Woche geben muss und Beruf und Familie besser vereinbar sein müssen. Versorgung verdichtet sich auf weniger Betriebsstätten Der Anteil der Frauen in der hausärztlichen Versorgung liege aktuell bei 48 Prozent. Der Anteil an Teilzeit nehme zu. „Und wir haben eine höhere Verdichtung, wir haben weniger Betriebsstätten, auf die sich mehr Ärztinnen und Ärzte verteilen.“ Für Nordrhein bedeutet das etwa: 2017 gab es noch 3959 Hausarztpraxen, mit im Schnitt 1,5 Sitzen pro Praxis, 2022 zählt die KVNo 3737 Praxen mit im Schnitt 1,61 Sitzen. Dass die Konzepte der KVen gegen den Ärztemangel durchaus wirken, zeige ein anderer Wert: Im Vergleich zu 2017 gebe es in Nordrhein mit den aktuell 6402 Hausärztinnen und -ärzten heute fast vier Prozent mehr hausärztliche Kollegen in der Versorgung. Positiv auf die Versorgung wirke sich zudem aus, dass immer mehr ältere Kolleginnen und Kollegen der Versorgung länger erhalten blieben. „Etwa, indem sie den sanften Ausstieg aus der Praxislaufbahn wählen und vielleicht als angestellte Ärzte in der Praxis, die sie an einen Nachfolger übergeben, noch weiterarbeiten.“ Das, so schob er ein, wirke sich natürlich auch auf den Altersschnitt in der Versorgung aus. Was die Warnsignale gerade dieser Kennzahl nicht schmälern solle. Mehr Studienplätze müssen her Den Blick nach vorne gerichtet reichten all diese Bemühungen aber nicht aus. „Ja, wir können viel erreichen, wir können mit viel Geld zusätzliche Hausarztsitze generieren, trotzdem fehlen die Kolleginnen und Kollegen, die sich für diesen Weg entscheiden, dann an anderer Stelle“, stellte König klar – etwa im fachärztlichen Bereich oder den Kliniken. „An mehr Studienplätzen kommen wir nicht vorbei“, so König. Viele Fördermöglichkeiten, wie die Landarztquote, wirken zudem erst langfristig. Das sieht auch Clemens Hoch, Minister für Wissenschaft und Gesundheit in Rheinland-Pfalz, so. Seit 2019 gibt es dort die Landarztquote. „Wenn wir jetzt von einer Regelstudienzeit von sechs Jahren plus fünf Jahre Weiterbildung ausgehen, dann werden wir erst 2031 die ersten Landärzte begrüßen können. Dann werden aber auch jährlich 28 neue dazukommen.“ Internisten: Förderung nicht nur für die Allgemeinmedizin! Schneller ginge es, wenn die Ärztinnen und Ärzte, die bereits in der Weiterbildung sind, gleichberechtigt gefördert würden, so der Vorschlag und die Kritik von BDI-Präsidentin Christine Neumann-Grutzeck. Wer vier Jahre klinische, internistische Weiterbildung hinter sich habe, hätte mit der neuen Weiterbildungsordnung die Möglichkeit, durch ein, zwei Jahre im ambulanten Bereich in die hausärztliche Versorgung zu gehen. „Dies auch über die Weiterbildung in einer internistischen Hausarztpraxis, letzteres wird aber nicht gefördert“, sagte sie. „Und wer erst einmal in der Praxis im niedergelassenen Bereich ist, wird selten zurück in die Klinik gehen.“ Also eine gute Investition, so die BDI-Präsidentin. Unterstützung kam aus dem Auditorium: Der duale Weiterbildungsweg in die hausärztliche Versorgung sei in Europa einmalig, meinte ein Berliner Internist. „Für viele Medizinstudenten ist es schwer, sich gleich für die Allgemeinmedizin zu entscheiden. Die Innere gibt ihnen die Möglichkeit, zumindest die klinische Karriere erst einmal anzudenken.“ Bei den internistischen Hausärztinnen und Hausärzten kämen jedes Jahr gut drei Prozent dazu, schlug Dr. Marcel Schorrlepp, Sprecher der DGIM-Arbeitsgruppe Hausärztliche Internisten, in dieselbe Kerbe. Bei den Allgemeinmedizinern stagniere diese Zahl – bundesweit betrachtet – hingegen. Ein internistisches Potenzial, das angesichts des Versorgungsmangels gleichberechtigt gehoben werden sollte. Dabei stellte er klar: „Allgemeinmediziner und internistische Hausärzte machen die gleiche gute Versorgung.“ Es gehe nicht darum, die einen gegen die anderen auszuspielen. Gleichberechtigte Weiterbildungsförderung hängt aber eben auch an den Formulierungen im SGB V. Zumindest der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch, kann sich vorstellen, dass eine Gesetzesänderung möglich ist. Er versprach, dies zu prüfen und durchaus auch mit in die Gesundheitsministerkonferenz zu nehmen. Alle Beiträge vom DGIM-Kongress finden Sie im DGIM-Kongressdossier 2022. Quelle: Ärzte Zeitung

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