Nierenschutz bei Diabetes: Alle Augen aufs Albumin!

Neue nephroprotektive Therapien machen die Erkennung früher Nierenschäden beim Typ-2-Diabetes wichtiger denn je. SGLT2-Hemmer rücken in aktuellen Leitlinien weit nach vorn, berichten Ärzte beim DGIM-Kongress. Die Studienlage zur Nephroprotektion durch SGLT2-Hemmer bei chronischen Nierenerkrankungen (CKD) wird immer breiter. Nach der Studie CREDENCE mit Canagliflozin und der Dapa-CKD-Studie mit Dapagliflozin, die jeweils zur Zulassung bei CKD geführt haben, sei derzeit die Studie EMPA-KIDNEY in der Endphase, berichtete Professor Christoph Wanner, Medizinische Klinik I der Universität Würzburg. Ergebnisse werden im November 2022 erwartet. Die Studie EMPA-KIDNEY wird das Einsatzfeld der SGLT2-Hemmer bei CKD weiter ausleuchten: „Wir werden dann Daten zu einer großen Bandbreite an Patienten haben“, so Wanner. Progression der CKD gehemmt Während sich die CREDENCE-Studie auf diabetische Patienten mit CKD fokussierte, schloss die Dapa-CKD-Studie auch nicht-diabetische CKD-Patienten ein. Sie hatte aber eine Lücke bei den Typ-2-Diabetikern mit CKD noch ohne Albuminurie: Berücksichtigt wurden Patienten mit einer eGFR von 25 bis 75 ml/min und einer Urin-Albumin-Kreatinin-Ratio ≥ 200 mg/d. EMPA-KIDNEY hingegen hat auch Patienten mit einer eGFR von 25 bis 45 ml/min ohne UACR-Erhöhung zugelassen und schließt damit diese wichtige Lücke. Insgesamt belegten alle drei Studien den progressionshemmenden Nutzen der SGLT2-Hemmer-Therapie bei der CKD und insbesondere natürlich bei der häufigen diabetischen CKD, so Wanner. Wie CREDENCE und Dapa-CKD wurde auch EMPA-KIDNEY wegen hohem Nutzen vorzeitig abgebrochen. Entsprechend haben die seit 1. März 2022 in einem Public Review Verfahren sich befindlichen, online bereits einsehbaren, neuen Leitlinien der Organisation KDIGO zum Diabetesmanagement bei chronischen Nierenerkrankungen die SGLT2-Hemmer schon vollumfänglich berücksichtigt (einsehbar unter: www.kdigo.org). Für den Diabetespatienten mit CKD wird in der neuen Leitlinie die Behandlung mit einem SGLT2-Hemmer als Ergänzung zu Metformin uneingeschränkt als Erstlinientherapie empfohlen. Begonnen werden damit sollte bei jedem Patienten mit einer eGFR von 20 ml/min oder mehr. Abgesetzt werden muss nur dann, wenn der Patient dialysepflichtig wird. Bei Metformin wiederum sollte die Dosis ab einer eGFR von 45 ml/min reduziert werden, und unterhalb von 30 ml/min sollte abgesetzt werden. Was kommt nach der Erstlinientherapie? Nach der Erstlinientherapie sollten beim Typ-2-Diabetes-Patienten mit CKD bei Bedarf weitere Antidiabetika hinzukombiniert werden, abhängig von Begleiterkrankungen und Patientenpräferenz. GLP-1-Rezeptor-Agonisten sind dabei aus Sicht der Nephrologen die bevorzugte Option. Denn diese haben zumindest in den sekundären Endpunkten kardiovaskulärer Outcome-Studien ebenfalls und relativ konstant eine Reduktion des renalen Endpunkts um etwa ein Fünftel demonstriert. Die endgültige Bewertung bedürfe hier aber noch separaten Studien, bei denen die CKD-Progression den primären Endpunkt darstelle: „Das ist noch in Arbeit“, so Wanner bei der DGIM-Tagung. Ihren Nutzen ausspielen können die neuen, nephroprotektiven Medikamente beim Typ-2-Diabetes mit CKD freilich nur dann, wenn die CKD auch erkannt wird. Das gelinge nur, wenn konsequent nach Albumin im Urin gesucht werde, so Wanner. Der Blick auf die eGFR reiche definitiv nicht aus: „In dem Bereich, wo die meisten Patienten liegen, ist ohne Albumin keine Erkennung der CKD möglich.“ Neu ist das nicht, aber so richtig beherzigt wird es nicht von jedem. Insbesondere ist die beste Screening-Variante, die UACR-Bestimmung aus Spontanurin am Morgen, noch längst nicht überall Standard. „Die Leitlinien sind sich alle mit einer IA-Empfehlung einig, dass bei Typ-2-Diabetes-Patienten einmal im Jahr neben der eGFR auch eine UACR bestimmt werden sollte“, so Wanner. Blick in die deutsche Realität Wie sieht es in der deutschen Realität aus? Wanner präsentierte aktuelle Ergebnisse einer Umfrage, bei der sich zeigte, dass zwar mehr als drei Viertel der Nephrologen leitlinientreu testen. Bei den Kardiologen nutzt aber nur jeder fünfte bei Diabetespatienten die UACR, und jeder zweite sieht sich Albumin/Protein im Urin bei diesen Patienten gar nicht an. Auch bei Allgemeinmedizinern nutzen demnach knapp 30 Prozent gar keine Proteinbestimmung im Urin, und knapp 60 Prozent setzen immer noch auf den aus Sicht der Nephrologie zu wenig sensitiven Mikroalbuminurietest. Wie wichtig es ist, bei einem Diabetespatienten Klarheit über die Albuminurie zu haben, machte Wanner abschließend an einem Patientenbeispiel deutlich, einem 67-jährigen Typ-2-Diabetiker mit eGFR von 53 ml/min, UACR von 1,2 g/g, moderat gut eingestellten sonstigen kardiovaskulären Risikofaktoren und leitliniengemäßer Therapie mit ACE-Hemmer, Statin und Metformin noch ohne SGLT2-Hemmer: „Dieser Patient verliert in dieser Konstellation 7 ml/min an Nierenleistung pro Jahr. Wir müssen versuchen, von der Albuminurie runterzukommen“, so Wanner. Die prognostische Bedeutung dieses Surrogatparameters sei längst gut etabliert. Alle Beiträge vom DGIM-Kongress finden Sie im DGIM-Kongressdossier 2022. Quelle: Ärzte Zeitung

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