Ohne Kortison geht es bei Polymyalgia rheumatica oft nicht

Die Polymyalgia rheumatica (PMR) gilt inzwischen als die häufigste entzündliche rheumatologische Erkrankung und betrifft vor allem über 50-Jährige. Hauptpfeiler der Therapie sind Steroide, die so niedrig wie möglich dosiert werden sollten. Die PMR ist die einzige rheumatische Erkrankung, die mit Steroiden alleine behandelt werden kann. Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) sind nicht wirksam, betonte Kirsten de Groot von der Klinik für Innere Medizin, Nephrologie und Rheumatologie des Sana Klinikums Offenbach. Steroiddosis und Therapiemanagement sollten individuell in Abstimmung mit dem/der Betroffenen optimiert werden. Empfohlen wird bis zur Remission eine Verlaufskontrolle alle vier bis acht Wochen, danach alle drei Monate [1]. Zu beachten ist die nicht selten subklinisch ebenfalls vorhandene Riesenzellarteriitis, die eine höhere Steroiddosis nötig macht als eine PMR alleine. Dosisstrategie Empfohlen wird eine Glukokortikoid-Startdosis von 12,5-25 mg/Tag Prednisonäquivalent, nach anderen Quellen auch bis zu 30 mg/Tag. „Nicht mit 100 mg anfangen!“, betonte de Kroot. „Sie vergeben sich die Chance mitzubekommen, ob die Beschwerden nicht doch eine andere Ursache haben.“ Die PMR spricht auch auf diese relativ niedrigen Dosen an – die Patientinnen und Patienten sagen schon nach drei, vier Tagen, dass es ihnen deutlich besser geht. De Groot passt die Dosis individuell an die Körperstatur an: Eine zierliche ältere Dame bekommt bei ihr nur 10-12 mg/d als Startdosis, und ein 100-kg-Mann auch mal 20 mg/d. „Ich nehme aber sehr selten mehr als 20 mg/Tag“, betonte sie. Als Ausnahme und höchstens für die ersten vier Wochen ist ein Aufteilen der Dosis (80% morgens, 20% abends) möglich, um die nächtlichen Schmerzen von Beginn an zu reduzieren. Nach Erreichen einer Remission erfolgt eine Reduktion der Steroiddosis um 2,5 mg alle zwei bis drei Wochen mit dem Ziel von 10 mg/Tag nach vier bis acht Wochen. Die Patientinnen und Patienten sollten darauf hingewiesen werden, dass sie bei wieder auftretenden Symptomen zunächst auf die letzte Stufe zurückgehen sollen, unter der sie noch beschwerdefrei waren. „Nicht um jeden Preis reduzieren!“, sagte de Groot. Nach Erreichen der Dosis von 10 mg/Tag sollte die Steroiddosis um 1 mg pro Monat weiter reduziert werden – möglichst bis 0 mg. Sie behandelt maximal 18 Monate und schafft es so, bei den meisten Patientinnen und Patienten die Steroidtherapie ganz abzusetzen. Wenig Optionen für eine Steroid-sparende Therapie Eine echte krankheitsmodifizierende Therapie (DMARD) gibt es bei der PMR nicht. Es gibt die Möglichkeit, bei einem hohen Risiko für Steroidnebenwirkungen Methotrexat (15-25 mg/Woche subkutan) einzusetzen, um die Steroiddosis wie die Rezidivwahrscheinlichkeit reduzieren zu können. TNF-α-Blocker waren in Studien wirkungslos, Azathioprin hatte in Studien nur einen geringen steroidsparenden Effekt. Eine mögliche Option könnte in Zukunft der IL-6-Antikörper Tocilizumab sein. In einer kleinen Proof-of-Concept-Studie wurde nach zwölf Wochen mit Tocilizumab zusätzlich zur Steroidtherapie bei etwa 60% der Patientinnen und Patienten mit PMR eine steroidfreie Remission erreicht, die auch anhielt. Mit Placebo lag der Anteil nur bei unter 20% [2]. Was tun bei Steroidversagen Wirkt eine Steroidtherapie bei Patientinnen und Patienten mit PMR nicht, muss die Diagnose überprüft werden, betonte de Groot. Die PMR ist eine Ausschlussdiagnose und es kommen eine ganze Reihe von Differenzialdiagnosen infrage. Dazu gehören Rheumatoide Arthritis, Chondrocalzinose, Riesenzellarteriitis (nicht selten auch komorbid vorkommend), Kollagenosen, Frozen Shoulder, Infekte und Malignome. Die Symptome können außerdem auch Nebenwirkungen einer Therapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren sein. Typisch für eine PMR sind Schmerzen in Schultern, Nacken, Oberarmen und den Hüften, Morgensteife, mild erhöhte Temperatur, extreme Fatigue, Gewichtsverlust und das Fehlen von Rheumafaktor oder Antikörpern gegen citrullinierte Proteine (ACPA). Die Symptome beginnen plötzlich und treten vor allem nachts und in Ruhe auf. Einen beweisenden Labortest gibt es nicht. basierend auf: Symposium: „Kortison - Wunderwaffe oder Gift? “ am 24. April 2023, 129. Kongress der DGIM vom 22.04. – 25.04.23 Hybrid (Wiesbaden) Alle Beiträge vom DGIM-Kongress 2023 finden Sie hier im Dossier zur Veranstaltung.

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