PACNS: Verwechslung mit einer sekundären Form kann tödlich enden

Die Behandlung einer Vaskulitis mit Steroiden oder gar Immunsuppressiva auf Verdacht kann tödlich enden, wegen der fatalen Wirkung dieser Substanzen bei erregerbedingten Vaskulitiden. Aktuelle, zielführende Diagnosekriterien wurden auf dem DGN besprochen. Die primäre Angiitis des ZNS (PACNS), auch als isolierte oder primäre ZNS-Vaskulitis bezeichnet, ist eine heterogene Gruppe von Erkrankungen mit unklarer Ätiologie. Klinische Zeichen der damit einhergehenden Enzephalopathie sind kognitive Defizite und psychische Auffälligkeiten. Dazu kommen häufig persistierende Kopfschmerzen und multifokale Symptome aufgrund der mit der Erkrankung einhergehenden zerebralen Ischämien oder manchmal auch Blutungen. Auch epileptische Anfälle können auftreten. All das sind aber unspezifische Zeichen eines zerebralen Krankheitsprozesses. Sind die Diagnosekriterien noch zeitgemäß? Die diagnostischen Kriterien für die PACNS stammen aus dem Jahr 1988 [1] und werden laut PD Dr. Andreas Steinbrecher, Neurologie, Helios Erfurt, mittlerweile kontrovers diskutiert. Danach zeichnet sich die Erkrankung durch erworbene ZNS-Symptome und/oder ein neurologisches Defizit aus, bei dem zudem: die klinische und laborgestützte Diagnostik keine hinreichende Erklärung liefert, in der ZNS-Biopsie und/oder Angiografie vaskulitisch-typische Veränderungen nachgewiesen werden, und kein Anhalt für eine systemische Vaskulitis oder andere Erkrankung gefunden wird, die den angiografischen oder histologischen Befund erklären würden. Steinbrecher berichtet über starke Hinweise auf die Existenz verschiedener PACNS-Subtypen, mit unterschiedlicher Präferenz für große oder kleine Gefäße. Therapeutisch relevant sei aber bislang nur die Unterscheidung zwischen PACNS und sekundärer ZNS-Vaskulitis. Biopsie bleibt Goldstandard Eine Gefäßwandanreicherung im MRT als direktes Vaskulitiszeichen wertet Steinbrecher als diagnostisch hilfreich, Goldstandard der PACNS-Diagnosesicherung bleibt aber weiterhin die leptomeningeale und hirnparenchymatöse Biopsie. In Kohortenstudien sei, so Steinbrecher, eine hohe Diskordanzrate zwischen Angiografie und Biopsie aufgefallen. Sie lag über 80%, in einer Studie sogar bei 100%. Insbesondere wenn überwiegend kleine Gefäße betroffen sind, ist die Angiografie häufig negativ und die Biopsie positiv [2]. Einen Verzicht auf die Biopsie hält Steinbrecher in manchen Fällen für vertretbar, so beispielsweise beim Zusammentreffen charakteristischer angiografischer Veränderungen mit nachgewiesenen Gefäßwandanreicherungen, pathologischem Liquorbefund und typischem Verlauf. Biologika in begründeten Ausnahmefällen Derzeitiger Therapiestandard bei zweifelsfrei nachgewiesener PACNS sind Kortikoide und Cyclophosphamid. Die anschließende Erhaltungstherapie erfolgt mit Azathioprin. Zu warnen ist vor einem vorschnellen Einsatz solcher Substanzen auf Verdacht: Da sie sonst lebensbedrohliche Komplikationen induzieren können, ist der sichere Ausschluss erregerbedingter Vaskulitiden unbedingt notwendig. Biologika sieht Steinbrecher vorerst nicht in der ersten Reihe, auch wenn die Hinweise auf deren gute Wirksamkeit und Verträglichkeit, besonders bei dem gegen CD20 gerichteten monoklonalen Antikörper Rituximab, viel versprechend seien [3]. Dessen Off-label-Einsatz als Alternative zum Cyclophosphamid könne vor allem bei jungen Betroffenen mit Kinderwunsch, mangelndem Ansprechen auf die Standardtherapie oder Kontraindikationen gegen Cyclophosphamid diskutiert werden. Empfehlung der Redaktion DGN 2019 – das Kongressdossier Der Einsatz von CGRP-Antikörpern bei Clusterkopfschmerz, das richtige Blutdruckmanagement nach Subarachnoidalblutung und therapeutische Ansätze auf Grundlage der Darm-Hirn-Achse sind nur einige der Themen, die auf der 92. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie diskutiert wurden. basierend auf: DGN-Kongress 2019 vom 25.-28. September 2019 in Stuttgart, Symposium

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