Neue Leitlinie: Viva la Asthma-Revolution!

Die Asthma-Therapie hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Was neu in der Behandlung ist und warum es nun fünf Therapiestufen gibt, steht in der frisch aktualisierten Asthma-Leitlinie. Hinweis: Wichtige Empfehlungen der neuen Leitlinie in Kürze lesen Sie am Ende des Artikels. Nach langer Schwangerschaft und heftigen Geburtswehen ist sie Ende 2017 endlich geboren worden: die aktualisierte Asthma-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) unter Beteiligung der pädiatrischen Pneumologen sowie der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie. "Sie ist aus meiner Sicht sehr gut geworden", erklärte Professor Marek Lommatzsch von der Universitätsklinik Rostock beim DGP-Kongress in Dresden. Ante portas befindet sich zudem die Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) Asthma. Es sieht so aus, als ob es inhaltlich keine wesentlichen Konflikte geben wird. "Das ist ein großer Fortschritt", sagte Lommatzsch. Was ist neu? Neu ist, dass es nun fünf statt vier Therapiestufen gibt, die hinauf oder hinunter gegangen werden können. Verbreitet ist die Step-up-Strategie: Es wird mit niedriger Intensität begonnen und diese gesteigert. Alternativ lässt sich intensiv beginnen und bei Asthmakontrolle schrittweise auf die niedrigste notwendige Medikation deeskalieren – "Step down". Bei guter Asthmakontrolle soll die medikamentöse Deeskalation in Betracht gezogen werden. Die dauerhafte Anwendung eines inhalativen Kortikosteroids (ICS) kann jetzt bereits auf Therapiestufe 1 erwogen werden. Denn es hat sich herausgestellt, dass auch Patienten mit seltenen Beschwerden davon profitieren. Natürlich ergibt sich die Frage, ob solche Patienten überhaupt eine ICS-Dauertherapie akzeptieren würden. Daher ist dies der individuellen Entscheidung anheimgestellt. Bedeutung des FeNO-Tests Lommatzsch ging in diesem Zusammenhang in Dresden auf die viel diskutierte Therapiesteuerung mit Hilfe der Bestimmung von Stickstoffmonoxid (FeNO – Fractional Exhaled Nitric Oxide) in der Ausatemluft ein, speziell auf den Stellenwert für das Ansprechen auf ICS. FeNO ist ein Biomarker der Atemwegsinflammation. Der Test ist bislang eine individuelle Gesundheitsleistung, doch gibt es interessante neue Erkenntnisse dazu. In einer internationalen Studie waren Erwachsene ohne (!) definitive Diagnose eines Asthmas und ohne signifikante Reversibilität der Beschwerden im Metacholin-Test untersucht worden. "Die Frage war also nicht nur, ob diese Patienten überhaupt ein Asthma haben, die Frage war, ob sie von einem inhalativen Steroid profitieren", so Lommatzsch. Resultat der Studie: Je höher das gemessene FeNO war, desto wahrscheinlicher sprach der Patient auf ICS an. Wichtiger noch: FeNO erwies sich als besserer Prädiktor für ein ICS-Ansprechen als die klinische Einschätzung der behandelnden Ärzte, der Lungenfunktionstest oder die Bluteosinophilie (Lancet Respir Med 2018; 6: 29-39). "FeNO gibt uns wichtige Informationen zu der Frage, welche ICS-Dosis wir wählen oder ob wir ICS überhaupt einsetzen sollten", meint Lommatzsch. Vorbeugen mit ICS Weiterhin hat der Therapeut mit dem ICS die Möglichkeit, durch eine präventive Dosiserhöhung Asthma-Exazerbationen bis zu einem gewissen Grade vorzubeugen. In einer britische Studie sank die Wahrscheinlichkeit für eine schwere Asthma-Exazerbation um immerhin ein Fünftel, wenn die ICS-Dosis präventiv vervierfacht wurde, und zwar in folgenden Situationen: wenn der Patient gehäuft den rasch wirksamen Bronchodilatator (SABA) benötigt, wenn Asthma-bedingte Schlafprobleme auftreten oder wenn der Peak Flow unter 80 Prozent der persönlichen Bestmarke fällt (NEJM 2018; 378: 902-910). Über die Effektstärke lasse sich diskutieren, räumte Lommatzsch ein, zumal 70 Prozent der Teilnehmer auf eine ICS/LABA-Therapie eingestellt und aufgefordert waren, einen separaten ICS-Inhalator zur Exazerbations-Prävention zu nutzen – das könnte Adhärenz-Probleme geben. Andererseits werden erneut Makrolide zur Exazerbationsprävention diskutiert, etwa mit drei Mal 500 mg Azithromycin pro Woche. Wegen der potenziellen Nebenwirkungen wie Hörverlust, QT-Zeitverlängerung im EKG und der Resistenzproblematik sei Azithromycin dafür nicht die erste Wahl, meint Lommatzsch. Aber angesichts aktueller Studiendaten (Lancet 2017; 390: 659-668) sei das Antibiotikum "wieder im Portfolio drin." Spezifische Immuntherapie bei allergischem Asthma Ausführlich besprochen wird in der neuen Leitlinie die spezifische Immuntherapie bei allergischem Asthma. Wurde dies früher nur für Patienten mit kontrolliertem Asthma und saisonalen Verschlechterungen empfohlen, kann die Therapieoption nun bereits bei teilkontrolliertem Asthma (FEV1>70 Prozent vom Soll) und periennalen Allergenen, die Symptome auslösen, geprüft werden, etwa bei Hausstaubmilben-Allergie. Typischerweise würde dies auf Therapiestufen 1 und 2 erfolgen. Bei Kindern mit allergischer Rhinitis und hohem Risiko für Asthma wurde festgestellt, dass eine sublinguale Immuntherapie (SLIT) zwar nicht die Asthmaerkrankung verhindern, aber die Symptome mildern kann (J Allergy Clin Immunol 2018; 141: 529-538). Aus retrospektiv analysierten deutschen Verordnungsdaten geht dagegen hervor, dass Heuschnupfen-Patienten mit SLIT eine geringere Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Asthma haben als Patienten ohne SLIT (Allergy 2018; 73: 165-177). Empfehlung für Fixkombis Für SLIT oder die subkutane Immuntherapie (SCIT) sollen nur Präparate mit nachgewiesener Evidenz für die Asthmabehandlung angewendet werden, heißt es in der Leitlinie. Bei unkontrolliertem oder schwerem Asthma sind sie kontraindiziert. Eine wichtige Botschaft der neuen Asthma-Leitlinie ist zudem die Empfehlung, ab Therapiestufe 3 Fixkombinationen gegenüber einzelnen Inhalatoren zu bevorzugen – Experten predigen das seit Jahren. Nun scheine sich auch bei den Kostenträgern die Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens herumgesprochen zu haben, stellte Lommatzsch fest: "Das ist eine kleine Revolution!" Eine Besonderheit für Therapiestufe 4 gibt es in der Leitlinie: Es finden sich zwei Dosistabellen für die ICS-Hochdosis-Therapie. Denn es gibt unterschiedliche Auffassungen bei der GINA (Global Initiative for Asthma) einerseits sowie in Deutschland sowie in der europäischen Fachgesellschaft andererseits, was eine ICS-Hochdosis ist. Nach hiesiger Auffassung geht das etwa bei Budesonid erst oberhalb von 1600 μg los. In der neuen Therapiestufe 5 für Patienten mit schwerem Asthma stehen Biologika, also Anti-IgE oder Anti-IL5-Antikörper, an erster Stelle und haben Vorrang vor systemischen Steroiden. So wird es übrigens auch in der NVL Asthma stehen. Was ein schweres Asthma ist, wird in der Leitlinie klar definiert, somit kann sich jeder Therapeut darauf berufen. Wenn die Therapiestufe 5 erwogen wird, soll dieser Patient bei einem erfahrenen Pneumologen vorstellig werden. Schulungsmaßnahmen, Raucherentwöhnung, Hypnose Schließlich gibt die Asthma-Leitlinie auch der nichtmedikamentösen Therapie und der Rehabilitation viel Raum. Außer strukturierten Schulungsmaßnahmen werden die Förderung der körperlichen Aktivität, Atemphysiotherapie, Raucherentwöhnung und psychosoziale Behandlungskonzepte gefordert. Das gilt ganz besonders für Patienten mit nur partiell kontrolliertem oder unkontrolliertem Asthma. Nachzulesen sind auch die Expertenansichten zu alternativen Methoden wie Luftreinigungsgeräten, Hypnose, Buteyko-Atemtechniken oder Yoga. Das empfiehlt die neue Leitlinie Eine wichtige Botschaft der neuen Asthma-Leitlinie ist die Empfehlung, ab Therapiestufe 3 Fixkombis gegenüber einzelnen Inhalatoren zu bevorzugen. In der Therapiestufe 5 für Patienten mit schwerem Asthma stehen Biologika, also Anti-IgE oder Anti-IL5Antikörper, an erster Stelle und haben Vorrang vor systemischen Steroiden. Die dauerhafte Anwendung eines inhalativen Kortikosteroids kann jetzt bereits auf Therapiestufe 1 erwogen werden. Die neue Asthma-Leitlinie im Internet. Quelle: Ärzte Zeitung

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