Keine Therapie ohne Identifikation der Mykobakterien-Spezies!

Nicht-tuberkulöse Mykobakteriosen sind selten, können Menschen aber schwer krank machen. Die Behandlung ist oft schwierig und ganz anders als bei der Tuberkulose (TB). Nicht-tuberkulöse Mykobakterien (NTM) kommen überall vor. Werden sie bei kranken Menschen isoliert, stellt sich immer die Frage, inwieweit sie krankheitsrelevant sind. Die Therapiewahl hängt maßgeblich von der NTM-Spezies ab. Von der Wasserschildkröte bis zum Huhn sind Mykobakterien weit verbreitet. „Früher ging man davon aus, dass jeder Wirt sein eigenes Mykobakterium hat“, sagte Privatdozent Dr. Nils Wetzstein, Infektiologie, Universitätsklinikum Frankfurt am Main, beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP). Bei Menschen waren das Mycobacterium (M.) tuberculosis und leprae, bei Tieren verschiedene NTM. Die sitzen aber auch auf Duschköpfen, stecken in der Erde – „sogar auf Raumstation MIR wurde M. avium-Complex (MAC) gefunden“, so Wetzstein. „Wir finden fast alle diese Mykobakterien auch beim Menschen“, sagte der Infektiologe. Rund 200 NTM-Spezies seien bekannt: langsam wachsende, mit MAC als häufigsten, und schnell wachsende, von denen M. abscessus die bekanntesten ist. Lunge am häufigsten betroffen Ob NTM zur Infektion führen, hängt von Dreierlei ab: Virulenz der jeweiligen Spezies Pulmonale Vorerkrankungen Systemerkrankungen mit Schwächung des Immunsystems Lungenerkrankungen sind am häufigsten. Es gibt Haut- und Weichteil-Manifestationen, Lymphknotenbefall und, etwa bei HIV-Infektion oder postoperativ, auch disseminierte Erkrankungen. Die Diagnosekriterien der American Thoracic Society (ATS) orientieren sich an radiologischen, mikrobiologischen und klinischen Befunden. Andere Ursachen sind auszuschließen. Wetzstein: „Das ist ein Problem an diesen Kriterien.“ M.kansasii-Nachweis hat fast immer Krankheitswert Nicht jedes NTM ist gleichermaßen pathogen. M. kansasii sei praktisch immer krankheitsrelevant, ein MAC-Nachweis etwa zur Hälfte, und M. gordonae, „die typische Kontamination in respiratorischen Materialien“, eigentlich nie, so der Infektiologe. Radiologisch werden ein fibronodulär oder nodulär-bronchiektatischer Typ und ein Oberlappen-betontes kavernöses Muster mit schlechterer Prognose unterschieden. Für Wetzstein „eine der schwersten Fragen“ ist die nach der Therapieindikation. Ein Grund kann die Mortalität sein. Bei MAC-Lungenerkrankung beträgt sie über fünf Jahre 32 Prozent. Spezies ist therapieentscheidend Je nach Spezies variiert die Therapie. Zwei Grundsätze sind: NTM-Therapie ist nicht gleich TB-Therapie. Speziesidentifikation ist der erste Schritt zur Empfindlichkeitstestung. M. abscessus und MAC sind mindestens auf Resistenzen gegenüber Makroliden und Aminoglykosiden zu untersuchen. Diese Antibiotika bilden bei allen NTM das Rückgrat der Therapie. M.kansasii ist auf Rifampicin-Resistenzen zu prüfen. M. abscessus ist oft multiresistent und wurde bereits als „Umweltbakterium, das sich in einen klinischen Alptraum umgewandelt hat“ bezeichnet. Die Auswahl richtet sich auch nach Röntgenbild und Verlauf. Für langsam wachsende NTM kommen in Kombination Makrolide, Ethambutol, Rifamycin und Clofazimin oral und Amikacin intravenös (i.v. ) infrage, für schnell wachsende Makrolide, Clofazimin und Linezolid und i.v. Amikacin, Imipenem, Cefoxitin und Tigecyclin. Typische TB-Medikamente, wie Ethambutol und Rifamycin haben bei schnell wachsenden NTM keinen Stellenwert. Lange Behandlung, variabler Erfolg Die Therapie dauert mindestens zwölf Monate über die Sputumkonversion hinaus. Die höchste Sputumkonversionsrate mit rund 80 Prozent wird bei M.kansasii erreicht, bei MAC sind es 60 Prozent, bei M.abscessus 41 Prozent und bei M. xenopi 32 Prozent. „Sie sehen, dass bei den NTM noch viel zu tun ist, und wir die Therapien deutlich verbessern müssen.“ Empfehlung der Redaktion DGP 2025 Pneumologie-Kongress 2025 09. – 12. April 2025 | Leipzig "Pneumologie 2025 – Herausforderungen und Möglichkeiten" – unter diesem Motto fand der 65. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) 2025 in Leipzig statt. Wir waren vor Ort, unsere Berichterstattung finden Sie im Kongressdossier. Es ging u.a. um die Living Guideline zum Lungenkarzinom, die frühe Therapie bei COPD und neue Therapieoptionen bei idiopathischer Lungenfibrose. basierend auf: Wetzstein N. "State of the Art Mykobakterien – von der richtigen Diagnose zur Therapie" – 65. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP), Leipzig, 09. - 12. April 2025

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