Desinfektionsmittel gehören zur hygienischen Grundausstattung auf jeder Krankenhausstation. Für Risikopatienten können sie jedoch tödlich werden, wie der Suizid einer Patientin in einer psychiatrischen Klinik zeigt.
Alkohol zählt zu den häufigen Ursachen von Todesfällen durch Vergiftungen. Lebensbedrohliche Intoxikationen mit den Alkoholen Propan-1-ol und Propan-2-ol wurden bislang jedoch sehr selten berichtet. Symptome einer Vergiftung mit Propanol sind Blutdruckabfall, Kreislaufkollaps und Atemlähmung.
Den Fall einer 21-jährigen Patientin mit Borderline-Persönlichkeitsstörung, die in einer geschützten psychiatrischen Einrichtung infolge einer Vergiftung mit einem Propanol-haltigen Desinfektionsmittel verstarb [1], präsentierte Dr. Georg Schmitt, Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg.
Die Patientin wurde eine Stunde nach dem Mittagessen leblos auf ihrem Bett liegend vorgefunden. Die Reanimation blieb erfolglos. In Toilettennähe fand sich eine geleerte 1-Liter-Flasche eines Desinfektionsmittels, das Propan-1-ol, Propan-2-ol und Ethanol enthielt.
Die vier Tage später durchgeführte Obduktion ergab ein ausgeprägtes hämorrhagisches Lungenödem, ein Hirnödem, Schocknieren sowie Verätzungen an Speise-, Luftröhre und Magen. Vorerkrankungen, die zum Tode geführt haben könnten, wurden nicht festgestellt.
Die chemisch-toxikologische Untersuchung von Körperflüssigkeiten und -gewebe erbrachte positive Ergebnisse für alle drei in dem Desinfektionsmittel enthaltenen Alkohole sowie Aceton. Im Blut fanden sich außerdem eine sehr hohe Konzentration an Olanzapin, eine therapeutische Konzentration an Pipamperon sowie geringere Mengen Zolpidem.
Die Toxizität von Propanol wird unterschiedlich beurteilt. Propan-1-ol soll ein- bis dreimal und Propan-2-ol doppelt so toxisch sein wie Ethanol. Insgesamt ergibt sich somit eine hohe Toxizität. Olanzapin und Pipamperon haben diese möglicherweise noch verstärkt. Die im Vergleich zu Propan-2-ol auffällig niedrige Konzentration an Aceton spricht für einen raschen Tod, erläuterte Schmitt.
Ergebnis der Obduktion war somit, dass eine Vergiftung mit einem Propanol-haltigen Desinfektionsmittel die Todesursache war. Der Fall zeige die Notwendigkeit, für besonders gefährdete Patientengruppen den Zugang zu Desinfektionsmitteln zu beschränken, betonte Schmitt.