Wenn Minderjährige Minderjährige töten

Tötungsdelikte, bei denen sowohl Opfer als auch Täter minderjährig waren, geschehen nur selten mit Absicht. Der typische Täter ist männlich, deutlich älter als das Opfer und mental retardiert. „Von Minderjährigen begangene Tötungsdelikte an Minderjährigen sind extrem selten“, betont Dr. Juliane Lang, Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Gießen. Körperverletzung insgesamt zähle, nach Sachbeschädigung und Diebstahl, zu den häufigsten Delikten im Kindes- und Jugendalter. In 2016 wurden etwa 18.000 unter 18-Jährige von der Polizei registriert, denen schwere oder gefährliche Körperverletzung vorgeworfen wurde. Bei 132 Personen aus derselben Altersgruppe bestand der Verdacht auf Mord oder Totschlag. Im Rahmen einer retrospektiven Studie fanden Lang und Mitarbeiter in den insgesamt 7238 Autopsien, die in den Jahren 1991-2016 am Institut für Rechtsmedizin, Gießen, durchgeführt wurden, 192 Minderjährige. Davon waren 5 von Minderjährigen getötet worden. Bei allen war die Autopsie auf gerichtliche Anordnung erfolgt: Ein 2-jähriges Mädchen mit stumpfem Bauchtrauma, retroperitonealen Blutungen und Kopfverletzungen mit epiduralen Blutungen, zugefügt durch ihren sechsjährigen mental retardierten Bruder, starb an den Folgen des Polytraumas mit anhaltendem Schock. Ein 13-jähriges Mädchen verblutete an einer Schusswunde durch Rumpf und Arm. Der 14 Jahre alte Täter, ein Freund des Opfers, war wegen Drogenabhängigkeit in stationärer Behandlung, durfte sich jedoch am Wochenende außerhalb der Klinik aufhalten. Nach Bedrohung durch die Polizei kam es zur Flucht und Geiselnahme. Ein 11-jähriger Junge verblutete aufgrund multipler Stichwunden in Arm und Rumpf mit Lungenverletzungen. Täter war ein 15-jähriger flüchtiger Bekannter des Jungen. Ein 12-jähriger Junge, gehörlos und körperlich behindert, wurde von einem 17-Jährigen mit ausgeprägter mentaler Retardierung und Hörminderung im Zuge eines Kampfes aus dem Fenster gestoßen, stürzte 10 Meter tief und starb an einem schweren Schädelhirntrauma. Ein 14 Jahre alter Junge körperbehindert und mental retardiert stirbt an Multiorganversagen, nachdem seine 17 Jahre alte Schwester ihn mit Ethylenglykol, vermutlich Nagellackentferner, vergiftet hat. „Unsere Studie bestätigt, dass absichtliche Tötungsdelikte durch Minderjährige extrem selten sind“, resümiert Lang. Zudem habe sich gezeigt, dass das Opfer meist jünger ist als der Täter, dass der Täter häufig männlich und mental retardiert ist. Opfer und Täter sind meist Geschwister oder Spielkameraden. basierend auf: Vortrag „Killing of minors by minors“ am 15.09.2017 im Rahmen des 10th International Symposium Advances in Legal Medicine (ISALM) sowie der 96. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM) in Düsseldorf. DGRM-Kongressberichte aus dem Vorjahr 16.09.2016 | DGRM-Jahrestagung 2016 | Kongressbericht | Nachrichten Verletzungen bei Kindern – eine rechtsmedizinische Herausforderung 16.09.2016 | DGRM-Jahrestagung 2016 | Kongressbericht | Nachrichten Vermeintliche Herzmuskelentzündung war Cannabinoid-Intoxikation 16.09.2016 | DGRM-Jahrestagung 2016 | Kongressbericht | Nachrichten Polypharmazie – eine besondere Kunst 15.09.2016 | DGRM-Jahrestagung 2016 | Kongressbericht | Nachrichten Zwischen palliativer Schmerztherapie und aktiver Sterbehilfe 15.09.2016 | DGRM-Jahrestagung 2016 | Kongressbericht | Nachrichten Was hatte die Mutter mit den Atemausfällen ihres Säuglings zu tun? 15.09.2016 | DGRM-Jahrestagung 2016 | Kongressbericht | Nachrichten Unfallopfer To Go: Ein Mann landet im Kofferraum 15.09.2016 | DGRM-Jahrestagung 2016 | Kongressbericht | Nachrichten Tödliche Vergiftung mit Desinfektionsmittel

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