Nierentumorchirurgie: Organerhalt immer und für jeden?

Auch wenn die Vorteile eines organerhaltenden Operationsverfahrens für sich sprechen: Nach welchen Kriterien einer radikalen Nephrektomie der Vorzug gegeben werden sollte. Mehr vom Kongress Weitere Beiträge zum Kongress finden Sie im Dossier DGU-Kongress 2014. Lange Zeit war bei der Behandlung von Nierentumoren die Nierenteilresektion der obligaten Indikation, also bei Einzelnieren, bilateralen Tumoren oder ausgeprägter Niereninsuffizienz, vorbehalten. Inzwischen ist jedoch belegt, dass die partielle Nephrektomie hinsichtlich der onkologischen Sicherheit, der perioperativen Ergebnisparameter und der Lebensqualität als gleichwertig bewertet werden kann. Auch aus anderen Gründen findet derzeit ein Paradigmenwechsel hinsichtlich der Empfehlung zu organerhaltendem Operieren statt: Die wichtigste Entwicklung besteht hierbei in der zunehmenden Verbreitung und Verbesserung moderner Sonografie- und Schnittbildgebung, die zu einem signifikanten Anstieg der Diagnose von - zumeist kleinen - Nierentumoren geführt hat. Darüber hinaus konnte die Weiterentwicklung der histologischen Subklassifikation von Nierentumoren das pathologische Verständnis für diese Entitäten und ihre sehr heterogene Metastasierungswahrscheinlichkeit verbessern und die radikale Nephrektomie, insbesondere für den Anteil der benignen Tumoren in Höhe von 20 bis 30 Prozent als geeignete Therapie in Frage stellen. Nicht zuletzt hat sich ein differenziertes Verständnis zu den internistischen Folgen einer durch radikale Nephrektomie eingetretenen Verschlechterung der Nierenfunktion ausgebildet und es konnte in mehreren Studien das für nephrektomierte Patienten deutlich erhöhte Risiko, an kardiovaskulären Ereignissen zu sterben, dokumentiert werden. Vor diesem Hintergrund nimmt der Anteil der nierenerhaltenden Operationen im Vergleich zur radikalen Nephrektomie derzeit in Europa und auch in den USA stetig zu und wird auch durch die aktuelle Leitlinie der EAU „wann immer technisch möglich“ empfohlen. Tumorgröße und -Komplexität Bei der radikalen Nephrektomie ist im Wesentlichen das pathologische Tumorstadium (pT1 und pT2 entscheidend für die Operationsindikation. Vor der Planung einer organerhaltenden Tumorentfernung reicht der alleinige Größendurchmesser des Tumors nicht aus: Vielmehr ist die Komplexität des Tumors entscheidend. Hierzu zählen neben der Größe auch die Lage des Tumors innerhalb der Niere, zu Hilusgefäßen und Nierenhohlsystem, sowie die Unterscheidung zwischen exophytischem und endophytischem Wachstum. Der Grad der Komplexität des Tumors wird durch zwei Scoring-Systeme ermöglicht, der „PADUA-Klassifikation“ und des R.E.N.A.L.-Scores, die beide in den letzten Jahren zunehmend validiert wurden. Komorbiditätsindex und Komplikationsrisiko Unterschiedliche Systeme zur Evaluierung von Komorbiditäten und Komplikationen sind berichtet worden. Neben dem sehr subjektiven „ASA-Score“ ist der „Charlson-Comorbidity-Score“, der gezielt nach 22 unterschiedlichen Erkrankungsarten fragt und sie mit einem Punktesystem bewertet, ein sehr differenziertes Tool, welches Aussagen über die 10-Jahres-Mortalität zulässt und für das Auftreten von Komplikationen bei nierenchirurgischen Eingriffen prädiktiv ist. Da eine Nierentumorerkrankung nicht selten ältere Menschen betrifft, ist das Vorhandensein von Komorbiditäten häufig und sollte präoperativ präzise erhoben werden. In einer aktuellen Analyse der US-Datenbank SEER wurde eine Identifikation und Wichtung der häufigsten Komorbiditäten vorgenommen. Hier zeigte sich, dass Diabetes mellitus, COPD, eine zerebrovaskuläre Erkrankung, chronische Niereninsuffizienz, die periphere vaskuläre Erkrankung und Herzinsuffizienz die 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit der Patienten signifikant beeinflussen. Durch die Transparentmachung dieser Risikofaktoren kann bei zu hohem Risiko vom organerhaltenden Verfahren abgewichen und dem Patienten eine radikale Nephrektomie oder sogar ein alternatives ablatives Therapieverfahren empfohlen werden. Veranstaltung „Organerhalt immer und für jeden?“ Donnerstag, 2. Oktober, 15.10 bis 15.30 Uhr, Saal X Moderation: Kaiser, F., Oberhausen; Thüroff, J.W., Mainz; Wülfing, C., Hamburg Ted-Koordination: Wülfing, C.

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