Harnableitung oder Urämie

Urologischer Handlungsbedarf besteht bei fast allen fortgeschrittenen Tumorentitäten, die zu einer Verlegung, Kompression oder Infiltration der harnableitenden Wege führen. Mehr vom Kongress Weitere Beiträge zum Kongress finden Sie im Dossier DGU-Kongress 2014. Besonders bei Tumoren des Retroperitoneums, fortgeschrittenen Darmtumoren, organüberschreitenden und Infiltrierenden Tumoren des kleinen Beckens aber auch als Therapiefolgen wie bei Strahlentherapie durch zunehmende Fibrose, Stenosen- und Fistelbildungen kann es zu Harnabflussstörungen bis hin zur Urämie kommen. Nicht selten war Urämie die unmittelbare Todesursache vieler Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren. Im Rahmen der interdisziplinären Behandlung sind minimale Invasivität, Schmerzfreiheit des Patienten und ein möglichst kurzer Krankenhausaufenthalt (ambulante Maßnahmen) zu fordern. Harnstauungsnieren entlasten? Wesentlich in der palliativen Situation ist die Klärung der Entlastung von Harnstauungsnieren. Nicht selten fallen erweiterte Nierenbeckenkelchsysteme in der Sonografie auf, obwohl der Patient keinerlei Beschwerden wie Nierenschmerzen, Koliken oder Fieber hat. Wichtig ist hierbei die Differenzierung zwischen einer akut oder chronisch aufgetretenen Nierenbeckenkelchektasie (NBK-Ektasie). Als absolute Indikation zur Entlastung gelten symptomatischer Harnaufstau, akute NBK-Ektasie und Zeichen einer beginnender Bakteriämie/Urosepsis. Eine relative Indikation ist asymptomatischer Harnstau oder chronische NBK-Ektasie. Besonders bei der Beurteilung der Ektasie ist der Parenchymsaum, die Weite (in cm) des Nierenbeckenabgangs (NBA) und die Weite der Majorkelche zu dokumentieren (Abb. 1). Zurückhaltend sollte die Indikation zur Harnableitung (Nierenfistelung oder Doppel-J-Ureterschiene) bei der einseitigen Stauung und normalen Kreatinin-Werten gestellt werden. Nicht immer ist eine innere Harnleiterschienung mittels DJ, Mantelstent oder 8/12 Stenostent für den Patienten von Vorteil; sie kann zu wiederkehrenden Koliken und zu aszendierenden Infekten führen. Die Praxis zeigt, dass die Schienen in regelmäßigen Abständen (meistens 3-4 Monate) gewechselt werden müssen. Häufig kommt es zu Verfärbungen und Inkrustationen der Materialien. Eine gleichzeitige Ansäuerung des Urins (Vitamin C, Methionin) wirkt einer frühzeitigen Inkrustation entgegen. Eine permanente antibiotische Gabe ist obsolet, nur ein nachgewiesener Infekt mit Antibiogramm soll therapiert werden. Eine Prophylaxe ist beim Wechsel der Schienen als Einmalgabe intraoperativ mit einem Cephalosporin (z.B. Cefuroxim 1,5 g i.v.) sinnvoll. Bei der Anlage eines Blasenkatheters in der palliativen Situation sollte von Anfang an bedacht werden, dass nur eine kurzfristige Urindrainage (unter 30 Tagen) über den Blasenkatheter erfolgen sollte. Eine Keimbesiedlung und aszendierende Infektionen sind sehr häufig die Folge. Als klare Indikation zur Entlastung der Harnblase gilt Makrohämaturie, Blasentamponade, hohe Restharnmengen (über 10 Prozent), eine Überlaufblase und nachgewiesene subvesikale Obstruktion. Bei der Makrohämaturie, nicht selten direkt oder indirekt tumorbedingt, sollte von Anfang an ein Harnblasenspülkatheter eingelegt werden. Bei Hb-wirksamer Hämaturie ist die Blasenspiegelung in Resektions-/Koagulationsbereitschaft indiziert. Auch die Blasentamponade durch okkludierende Blutkoagel erfordert meistens eine transurethrale Ausräumung in Narkose. Die SFK-Anlage sollte in allen Situationen angestrebt werden, in denen eine längerfristige (über 30 Tage) sichere Harnableitung auch aus pflegerischen Gründen abzusehen ist. Eine antibiotische Prophylaxe ist beim Wechsel der Katheter nicht indiziert. Nur bei nachgewiesenen Infekten und vorliegenden Antibiogramm ist eine gezielte Antibiotika-Therapie indiziert. Wichtig ist bei beiden Systemen eine genügend hohe Trinkmenge (möglichst über 1,5 Liter/24h) und ggf. eine Harnansäuerung. Veranstaltung „Harnableitung oder Urämie“ Mittwoch, 1. Oktober, 10.45 bis 11.00 Uhr, Raum 7a Moderation: Marten, V., Wuppertal; Protzel, C., Rostock

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Harnableitung oder Urämie

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