Immunonkologie beim Nierenzellkarzinom

Innovative Sequenz- und Kombinationskonzepte werden immunonkologische Therapieansätze beim Nierenzellkarzinom in den kommenden Jahren noch breiter im klinischen Alltag etablieren. Basierend auf den 2015 erstmals publizierten Daten einer prospektiv randomisierten Phase-III-Studie zum Einsatz des Checkpoint-Inhibitors Nivolumab versus den mTOR-Inhibitor Everolimus in der Zweitlinientherapie – nach Versagen einer Tyrosinkinaseinhibitor( TKI)-Therapie des metastasierten (mts.) klarzelligen Nierenzellkarzinoms (NZK) (Check- Mate 025) – wird der PD-1 Antagonist Nivolumab in allen internationalen Leitlinien in dieser Indikation als Standard empfohlen. Es stellt sich die spannende Frage, ob das Behandlungsprinzip der Checkpointinhibition auch einen neuen Maßstab in der Erstlinientherapie setzen kann. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass mit den zwei TKI Pazopanib und Sunitinib bereits wirksame Optionen für die Erstlinientherapie verfügbar sind. Bisherige Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die Monotherapie mit einem PD-(L)1-Antikörper keine Verbesserung der therapeutischen Effektivität erbringt. Als positiv für diese Substanzen ist jedoch ihre gute Verträglichkeit festzuhalten. Dies bahnt der Idee einer Kombinationstherapie den Weg, da ohnehin davon ausgegangen wird, dass der Angriff einer einzelnen immunologischen Zielstruktur nur bei einer kleineren Patientengruppe dauerhafte Tumorremissionen erwarten lässt. Ideen einer verbesserten tumortherapeutischen Effektivität durch Kombination mehrerer Substanzen sind nicht neu. Bisher verfügbare TKI- und mTOR-Inhibitoren waren jedoch aufgrund ihrer Toxizität kaum kombinierbar. Erst TKI der aktuellen (dritten) Generation scheinen dafür bedingt geeignet. So erreichte ebenfalls 2016 die Kombination aus Lenvatinib und Everolimus analog Nivolumab in Deutschland die Zulassung in der Zweitlinientherapie des mts. NZK nach Versagen einer TKI Erstlinienbehandlung. Die Kombination zeichnet sich durch eine hohe sekundäre Remissionsrate (43 %) bei allerdings auch erheblicher Toxizität (Grad 3/4 unerwünschte Ereignisse bei 71 % der Patienten) aus. Interessanter erscheinen Kombinationen unter Einbindung der Checkpointinhibition. So konnte in der Therapie des Malignen Melanoms klar demonstriert werden, dass die Kombination des PD-1-Antikörpers Nivolumab mit einer Induktion durch den CTL-A4-Antikörper Ipilimumab sowohl das Ansprechen als auch das progressionsfreie und das Gesamtüberleben signifikant verlängert hat. Über die CTL-A4-Hemmung kann, unabhängig vom Effekt des zytotoxische T-Zellen modulierenden PD-1- Signalwegs, die Antigenpräsentation und Aktivierung von T-Zellen verbessert werden. Es liegt jedoch auf der Hand, dass der kombinierte Eingriff mit Targeting eines zentralen Immunmechanismus die Gefahr immunvermittelter Nebenwirkungen potenziert. Dies bestätigte sich erwartungsgemäß in bisherigen Studien wie auch im klinischen Alltag mit einer Rate immunvermittelter (und zum Teil lebensbedrohlicher) Nebenwirkungen für die Kombination von etwa 30 % (Monotherapie mit Nivolumab etwa 10 %). Aktuell wurde eine Pressemitteilung zur Kombination von Ipilimumab und Nivolumab versus Sunitinib in der Erstlinientherapie des mts. NZK intermediärer und schlechter Prognose (prospektiv randomisierte Phase-III-Studie CheckMate 214) veröffentlicht. Darin wird eine deutlich höhere Remissionsrate (Ipilimumab in Kombination mit Nivolumab 41,6 % versus Sunitinib 26,5 %) sowie ein tendenziell verlängertes progressionsfreies Überleben (Ipilimumab in Kombination mit Nivolumab 11,56 % versus Sunitinib 8,38 %) berichtet. Toxizitätsdaten werden nicht detailliert genannt, bezüglich des Gesamtüberlebens sind die Daten noch nicht ausreichend. Erste Daten liegen auch für die Kombination von Drittgenerations- TKI mit PD-(L)1-Antikörpern vor. Für Patienten in gutem Allgemeinzustand werden aber auch Dreierkombinationen aus CTL-A4- Antikörpern in Kombination mit PD-(L)1-Antikörpern und Drittgenerations- TKI evaluiert. Sequenzielle Konzepte Zur Minderung von Nebenwirkungen der Kombinationstherapien werden aktuell auch sequenzielle Konzepte untersucht. Einen Ansatz bietet die Therapieeskalation bei unzureichendem klinischen Effekt der PD-1-Antikörper- Monotherapie des mts. NZK (Erstlinie) der TITAN RCC-Studie. Hier wird die Behandlung mit Nivolumab bei fehlendem Ansprechen um Ipilimumab erweitert. Einen weiteren Ansatz verfolgt die Studie NIVOSWITCH, die eine Erstlinientherapie mit Sunitinib bzw. Pazopanib – gerade bei Patienten mit Therapieansprechen (stabile Erkrankung, partielle Remission) – bereits nach zwölf Wochen planmäßig auf Checkpointinhibition mit Nivolumab (prospektiv randomisiert versus Fortsetzung der TKI-Behandlung) umstellt. Fazit Seit Publikation der Zweitliniendaten zu Nivolumab und den TKI der dritten Generation im September 2015 gab es wenig wegweisende Neuigkeiten für die Systemtherapie des mts. NZK. Doch handelt sich eher um die Ruhe vor dem Sturm: Innovative Sequenz- und Kombinationskonzepte werden immunonkologische Konzepte beim NZK künftig noch breiter im klinischen Alltag etablieren. Prof. Thomas Steiner, HELIOS Klinikum Erfurt Veranstaltung „AUO – Immuntherapie in der Uro-Onkologie aktuell“ Freitag, 22. September, 8:30 bis 10:00 Uhr, Saal 1 Vorsitz: J. Gschwend (München), S. Krege (Essen), H. Suttmann (Hamburg)

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