Rezidivierende Harnröhrenstrikturen: Wie managen?

Die Behandlung von Harnröhrenstrikturen stellt eines der ältesten und schwierigsten Probleme der Urologie dar. In Deutschland sind geschätzt zwischen 90 000 und 250 000 Männer davon betroffen. Bei Harnröhrenstrikturen erfolgt nahezu immer primär eine endourologische Therapie (Dilatation oder Urethrotomie (UTI)). Langfristig führt dies in 20-35 % zu dauerhafter Heilung (gleichgültig ob UTI mit kaltem Messer oder Laser oder Bougierungsbehandlung). Rezidive, langstreckige (. 2 cm) oder penile Strikturen, können durch eine erneute UTI nicht effektiv behandelt werden. Die UTI ist nur bei kurzstreckigen, primären bulbären Strikturen gerechtfertigt, wobei über die hohe Rezidivrate (~ 50 %) aufgeklärt werden muss. Kurzstreckige bulbäre Strikturen (bis 2 cm) können mit End-zu-End- Anastomose (EzEA) in etwa 90 % erfolgreich behandelt werden. Dabei können allerdings Störungen der Sexualität (Ejakulationsstörungen, Sensibilitätsstörungen, erektile Dysfunktion und Penisverkürzung und Penisschaftdeviation in 20 resp. 40 %) auftreten. Äquieffektiv ist die Verwendung von Grafts (vorzugsweise Mundschleimhaut (OMG)) mit deutlich weniger Komplikationen assoziiert. Langstreckige Strikturen ($ 2 cm), Strikturen der penilen, penobulbären Urethra und des Meatus sowie das Vorliegen eines Lichen sclerosus erfordern Gewebetransfer, vorzugsweise OMG. Nach 5 und mehr Jahren sind 80 – 90 % der Patienten rezidivfrei. Alternativ kann der Einsatz vaskularisierter Lappen (Präputium oder longitudinale Penisschafthautlappen) bei Strikturen bis zu 10 cm erwogen werden. Die Verwendung von OMG benötigt weniger OP-Zeit, die Technik ist einfacher und es steht immer ausreichend Material auch für panurethrale Strikturen zur Verfügung. Der Einsatz extragenital gemeshter Haut ist operationstechnisch aufwändig und erfordert oft mehrere Eingriffe bis zur endgültigen Rekonstruktion. Extragenital gemeshte Haut wird sehr selten eingesetzt. Sie eignet sich als Salvageverfahren, wenn OMG nicht ausreichend zur Verfügung steht mit Erfolgsraten von 70 - 80 %. Nach multiplen Operationen kann ein mehrzeitiges Verfahren notwendig werden. Dabei wird in erster Sitzung die strikturierte Urethra eröffnet, OMG transplantiert und 4-6 Monate später die Neourethralplatte tubularisiert und ggf. mittels vaskularisiertem Skrotalhautlappen gedeckt. Zwischen 1994 und 6/2016 wurden in unserer Klinik 1100 Urethrastrikturen mit OMG rekonstruiert. EzEA kamen nur nach Distraktionstraumen zum Einsatz. Alle Patienten hatten eine Urethrotomie, respektive Dilatation im Vorfeld erhalten. Bei 18 % (187) war zusätzlich eine erfolglose offene Rekonstruktion erfolgt. Die mittlere Strikturlänge lag bei 9,4 cm (2 – 25); 430 (39 %) wiesen ein Mindest- Follow-up von 60 Monaten (60 - 230) und ein mittleres Follow-up von 85 Monaten (60 – 230) auf. Die OMG wurde panurethral und immer ventral eingesetzt. Die Follow-up-Untersuchungen erfolgten prospektiv standardisiert mittels „patient-self-reported“ Fragebögen, 3-monatlich im ersten Jahr und 6-monatlich auf Dauer. Bei Restharn über 50 ml, einem Uroflow # 20 ml / sec. wurde eine Urethroskopie und / oder Urethrographie durchgeführt. Von 885 Patienten (80,5 %) liegen auswertbare Daten vor, das FU dieser Patienten beträgt 58,5 Monate (2- 230). 91 % (805) blieben rezidivfrei. Zusammenfassung Die primäre kurzstreckige bulbäre Striktur (# 1 cm) kann mit Rezidivraten ~ 50% mittels UTI behandelt werden. Der Einsatz muss ausführlich mit dem Patienten diskutiert werden und ist aus unserer Sicht eher ein Management als eine kurative Therapie. Die EzEA ist in . 90 % erfolgreich mit guten funktionellen Ergebnissen, aber nicht selten mit Störungen der Sexualität assoziiert und wird von uns nur beim Distraktionstrauma eingesetzt. Strikturen können in der gesamten Urethra mittels OMG rekonstruiert werden. Vaskularisierte Flaps sind mit schlechteren Langzeitergebnissen, mehr Komplikationen sowie einer längeren Operationszeit assoziiert und somit die zweitbeste Lösung. Extragenital gemeshte Haut oder die Anlage einer Urethradammfistel können gelegentlich eine Option darstellen und gehören zum Armamentarium eines Harnröhrenchirurgen. Ein mehrzeitiges Vorgehen ist bei vollständiger Destruktion der Urethra, z. B. nach multiplen Voroperationen erforderlich und mit vergleichbaren Erfolgsraten wie die einzeitigen Rekonstruktionen durchführbar. Dr. Hansjörg Keller, Sana Klinikum Hof GmbH Veranstaltung „Komplikationsmanagement postoperativer stenosierender Prozesse im Urogenitaltrakt “ Freitag, 22. September, 8:30 bis 10:00 Uhr, Saal 4 Vorsitz: J. Rassweiler (Heilbronn), F. Chun (Hamburg), D. Frohneberg (Karlsruhe)

Springer Medizin

Rezidivierende Harnröhrenstrikturen: Wie managen?

Weiterführende Themen

Neu im Fachgebiet Urologie

Adjuvante Immuntherapie verlängert Leben bei RCC

Bei Senioren mit Prostatakarzinom auf Anämie achten!

Stufenschema weist Prostatakarzinom zuverlässig nach

Harnwegsinfektprophylaxe: Es geht auch ohne Antibiotika

Update Urologie