Risikofaktoren für reduzierte Libido bei Männern

Nicht nur Frauen leidern darunter: Die reduzierte Libido gehört zu den häufigsten sexuellen Dysfunktionen des Mannes neben erektiler Dysfunktion und Ejaculatio praecox. Die meisten wissenschaftlichen Publikationen, die sich in den letzten Jahren mit reduzierter Libido beschäftigt haben, konzentrieren sich auf die reduzierte Libido bei Frauen. Hier konnten viele Faktoren identifiziert werden, die mit einem erhöhten Risiko für eine reduzierte Libido assoziiert sind. Nichtsdestotrotz gehört die reduzierte Libido auch bei Männern zu den häufigsten sexuellen Dysfunktionen. In der Andrologie wird sie jedoch besonders im Vergleich zu erektiler Dysfunktion häufig nachrangig behandelt. Die German Male Sex-Study (GMS-Study) ist eine seit 2013 laufende Studie am Klinikum rechts der Isar der TU München unter der Leitung von Professor Kathleen Herkommer. Als Begleitprojekt der deutschen Prostatakrebs Screening-Studie PROBASE beschäftigt sie sich mit der Sexualität und sexuellen Dysfunktionen der Teilnehmer. Die Datenerhebung erfolgt über Fragebögen zu soziodemografischen Faktoren, Lifestyle und Sexualität sowie ein Anamnesegespräch mit einem Studienarzt und eine kurze körperliche Untersuchung. 11.000 Studienteilnehmer Zur Teilnahme an der Studie eingeladen werden über eine Zufallsstichprobe der jeweiligen Einwohnermeldeämter ausschließlich 45-jährige Männer, die im Umkreis der vier Studienzentren (Düsseldorf, Hannover, Heidelberg, TU München) wohnen. In die GMS-Study werden nur die Männer eingeschlossen, die eine Angabe zu ihrer sexuellen Identität (heterosexuell, homosexuell, bisexuell) gemacht haben. Es wurden fast 11.000 heterosexuelle Männer, die in den ersten zwei Jahren der Studie rekrutiert wurden, in die Analyse eingeschlossen. Mit einer Prävalenz von 4,7 Prozent war fast jeder 20. Mann im Alter von 45 Jahren von einer reduzierten Libido betroffen. Faktoren, deren Assoziation mit der reduzierten Libido untersucht wurde, waren soziodemografische Faktoren, das aktuelle Sexualverhalten, Komorbiditäten, Lifestyle-Faktoren und vier Facetten des Selbstbildes des Mannes. Untersucht wurde die Assoziation anhand einer univariaten und multivariaten logistischen Regressionsanalyse. In der univariaten Analyse zeigte sich, dass alleinlebende, arbeitslose und ledige Männer ohne Kinder eine höhere Wahrscheinlichkeit hatten, eine reduzierte Libido zu haben. Auch Männer ohne sexuelle Aktivität in den letzten drei Monaten und Männer, denen Sexualität aktuell nicht wichtig war, waren häufiger von einer reduzierten Libido betroffen. Männer mit weiteren sexuellen Funktionsstörungen, nämlich erektiler Dysfunktion und Ejaculatio praecox, waren mit höherer Wahrscheinlichkeit von einer reduzierten Libido betroffen. Welchen Einfluss hat der Lifestyle? Entgegen unserer Erwartung waren Lifestyle-Faktoren wie viszerale Adipositas, gemessen über den Taillenumfang, Rauchen und Diabetes in der univariaten Analyse nicht mit reduzierter Libido assoziiert. In der multivariaten Analyse zeigte sich interessanterweise auch keine statistisch signifikante Assoziation mit den anderen untersuchten Lifestyle-Faktoren wie körperliche Aktivität und BMI 25 kg/m2 mehr. Auch von den untersuchten soziodemografischen Faktoren konnte nur noch ein signifikanter Zusammenhang bei reduzierter Libido und Kindern nachgewiesen werden: Männer mit zwei oder mehr Kindern hatten eine niedrigere Wahrscheinlichkeit für eine reduzierte Libido. Alle weiteren Faktoren, die mit einer reduzierten Libido assoziiert waren, waren Faktoren, die die Sexualität betreffen: Der Zusammenhang zwischen einer reduzierten Libido und weiteren sexuellen Dysfunktionen konnte auch in der multivariaten Analyse bestätigt werden. Männer, die Sexualität als wichtig empfinden und Männer mit einem höheren sexuellen Selbstwertgefühl waren seltener von einer reduzierten Libido betroffen. Fazit Bei 45-jährigen Männern ist die reduzierte Libido eine häufige sexuelle Dysfunktion. Ein Zusammenhang zwischen Lifestyle-Faktoren und der reduzierten Libido konnte entgegen unserer Erwartung nicht nachgewiesen werden, was am jungen Alter der Männer (45 Jahre) liegen könnte. Männer mit weiteren sexuellen Dysfunktionen haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, auch eine reduzierte Libido zu haben und sollten daher hierauf auch gescreent werden. aus: Kongresszeitung zum 70. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), 26.–29.9.2018, Dresden Empfehlung der Redaktion Kongressdossier DGU-Kongress 2018 Ist die Prostataarterienembolisation nur ein Hype? Wie können wir die Gefahr multiresistenter Erreger eindämmen? Welchen Einfluss haben Medikamente auf den PSA-Wert? Diese und weitere spannenden Fragen wurden auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie diskutiert. Mehr dazu finden Sie in unserem Kongressdossier.

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