Paradigmenwechsel beim Nierenzell-Ca?

Beim Nierenzellkarzinom muss zwischen inter- und intratumoraler Heterogenität unterschieden werden. Letztere kann die Entwicklung von Biomarkern erschweren und das Therapieansprechen auf systemische Therapien beeinflussen. Seit Jahrzehnten hält sich die Aussage, dass es sich beim Nierenzellkarzinom um einen heterogenen Tumor handelt, was in erster Linie auf dem makroskopisch heterogenen Bild dieses Tumors basiert. Wenn man sich mit dieser Heterogenität auseinandersetzen möchte, muss man zunächst definieren, welche Heterogenität gemeint ist. Hier sollten zwei Ebenen betrachtet werden, die intertumorale Heterogenität und die intratumorale Heterogenität. Intertumorale Heterogenität Damit werden die Unterschiede zwischen Tumoren beschrieben. Dies ist klar durch die histopathologischen Subtypen, die inzwischen mehr als 15 umfassen, definiert. Diese Subtypen müssen als eigenständige Tumorentitäten der Nierenzelltumore mit einem spezifischen genetischen Hintergrund betrachtet werden. Darüber hinaus sollte hier auch die Heterogenität zwischen Primärtumoren und Metastasen berücksichtigt werden. Intratumorale Heterogenität Die intratumorale Heterogenität (ITH) beschreibt Unterschiede innerhalb eines Tumors und wird als das Vorhandensein von genetisch unterschiedlichen Zellsubpopulationen in geografisch distinkten Regionen eines Primärtumors definiert. Durch die herausragende Arbeit von Gerlinger et al. im Jahre 2012 wurde die genetische Heterogenität erstmals systematisch aufgearbeitet und belegt. Es konnten Mutationen identifiziert werden, die in allen Arealen des Tumors vorkamen (Treibermutationen), aber auch Mutationen, die nur in einem Teil der Areale oder einem Areal auftraten (private Mutationen). Daraus schlussfolgerten die Autoren, dass die Analyse einer Region zur Erfassung relevanter Mutationen nicht ausreichend ist. Berücksichtigt werden sollte hier aber, dass die klinische Relevanz der Mutationsanalyse zunächst definiert werden muss. Zudem wurden in diesen Studien häufig große Tumore untersucht. Aufgrund der phylogenetischen Beziehung der Mutationen in den Arealen wurde weiter abgeleitet, dass die ITH das Ergebnis der Tumorprogression ist. Dem gegenüber stehen jedoch Daten von Hoefflin et al., die in einem etwas anderen Ansatz vor allem Unterschiede zwischen Zentrum und Peripherie des Tumors nachwiesen und dies auf den Einfluss der Mikroumgebung zurückführten. Sie sahen keine Stadienabhängigkeit und schlussfolgerten deshalb, dass die ITH nicht Konsequenz der Progression, sondern ein frühes Ereignis der Tumorentstehung ist. Eine weitere Schlussfolgerung der Arbeit von Gerlinger bezieht sich auf die Entwicklung von Biomarkern, die durch die ITH erschwert sein könnte. Jedoch sollte man nicht primär die Heterogenität von Mutationen oder der Genexpression an sich betrachten. Es wurden in den letzten Jahren eine ganze Reihe von prognostischen Signaturen mit hoher statistisch signifikanter prognostischer Wertigkeit identifiziert, die auch an unabhängigen Kohorten validiert wurden. Vorhersage der Metastasierung Auch unsere Arbeitsgruppe konnte sowohl einen genomischen Score als auch eine miRNA-Signatur zur Vorhersage der Metastasierung definieren und validieren. Es scheint unwahrscheinlich, dass derartige Biomarker und Signaturen einer größeren Heterogenität unterliegen, wenn sie hoch signifikante Ergebnisse liefern und in der Regel nur ein Tumorareal untersucht wurde. Dennoch sollte eine Heterogenität der identifizierten Marker geprüft werden. Dies wurde für die Genexpressionssignatur Clear Code34 durchgeführt, bei der sich eine geringe Heterogenität in Abhängigkeit von der Größe zeigte. Für unsere eigenen Signaturen prüfen wir derzeit die Heterogenität, konnten in der Pilotstudie aber nur in wenigen Fällen Unterschiede zwischen verschiedenen Tumorarealen finden. Unterstützt werden diese Ergebnisse auch durch die aktuellen Arbeiten von Turajlic et al., die für prognostisch relevante chromosomale Alterationen (z.B. Verlust auf 9p) eine hohe Stabilität beziehungsweise geringe Heterogenität bestätigen. Des Weiteren wird die Frage diskutiert, ob ITH auch das Ansprechen auf systemische Therapien beeinflusst und das Therapieversagen verursacht. Einige aktuelle tierexperimentelle Untersuchungen unter Verwendung von primärem Patientenmaterial im Xenograftmodell bestätigen eine ITH bezüglich des Ansprechens. Allerdings wurden die Metastasen systemisch behandelt. Geprüft werden sollte, ob aus Analysen von möglichen prädiktiven Markern im Primärtumor auf die Metastasen geschlossen werden kann. Daher sollte die Heterogenität zwischen Primärtumoren und Metastasen für ausgewählte Biomarker untersucht werden. Erste wenige Studienergebnisse zeigen abhängig vom Marker hohe Übereinstimmungen (z.B. PBRM1, BAP1) oder erhebliche Divergenzen (c-Met, PD-L1). Zusammenfassend sollten wir uns von der Hypothese der großen Heterogenität des Nierenzellkarzinoms trennen und die Heterogenität im Kontext interessanter Biomarker betrachten. aus: Kongresszeitung zum 70. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), 26.–29.9.2018, Dresden Empfehlung der Redaktion Kongressdossier DGU-Kongress 2018 Ist die Prostataarterienembolisation nur ein Hype? Wie können wir die Gefahr multiresistenter Erreger eindämmen? Welchen Einfluss haben Medikamente auf den PSA-Wert? Diese und weitere spannenden Fragen wurden auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie diskutiert. Mehr dazu finden Sie in unserem Kongressdossier.

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