Laktat-Azidose oft unerkannt

Nur jede vierte Laktatazidose wird dokumentiert, viele Fälle bleiben wahrscheinlich unerkannt, wie dänische Studiendaten vermuten lassen. Ein Grund: Laktatazidosen sind keineswegs nur Komplikationen einer Metformin-Behandlung. In Dänemark wurden Laktatazidosen bei stationärer Behandlung im Jahr 2012 mit einer Inzidenz von 10/100.000 Patientenjahre gemeldet. Die Auswertung von Registerdaten ergeben dagegen eine Inzidenz von 18/100.000 Patientenjahren, wie Prof. Dr. Henning Beck-Nielsen, Endokrinologe an der Odense Universitätsklinik in Dänemark, berichtete. Legt man für eine Laktatazidose einen Plasmalaktatspiegel ≥ 2,0 mmol/l und einen pH-Wert von < 7,35 zugrunde, sind es sogar 82 Ketoazidosen/100.000 Patientenjahre. Das bedeutet laut Beck-Nielsen, dass nur jede vierte Laktatazidose entdeckt und den Gesundheitsbehörden gemeldet wird. Metformin nicht alleine Schuld Weil in Dänemark die Zahl der gemeldeten Fälle einer Laktatazidose bei Diabetikern von 2002 bis 2012 deutlich zugenommen hatte, ging der dänische Endokrinologe der Frage nach, ob diese Entwicklung eine Folge der steigenden Metformin-Verordnung sein könnte. Nach seiner Fall-Kontroll-Studie mit 163 Fällen einer Laktatazidose und 3834 alters- und geschlechtsentsprechenden Kontrollpatienten mit Diabetes ohne Laktatazidose ist aber eher das Gegenteil der Fall: Von den Patienten mit Laktatazidosen waren weniger mit Metformin als mit anderen blutzuckersenkenden Medikamenten behandelt worden (42,3 vs. 48,8%). Das um andere Einflussfaktoren bereinigte Risiko für Laktatazidosen war bei Metformin-Behandlung um 33% niedriger als bei einer anderen Diabetestherapie (adjustierte Odds Ratio 0,67). Das blieb auch so, wenn als Grenzwert des Plasmalaktatspiegels ≥ 5,0 mmol/l zugrunde gelegt wurde. Geringere Sterblichkeit bei Metformin-Therapie Die Mortalität war bei einer Laktatazidose unter Metformin-Behandlung mit 25% sogar geringer als bei anderen blutzuckersenkenden Therapien (48%). Beck-Nielsen glaubt aber nicht, dass das auf einen Schutzeffekt von Metformin zurückzuführen ist. Vielmehr ist die Aufmerksamkeit für eine Laktatazidose bei Metformin-Therapie und damit die Wahrscheinlichkeit eines adäquaten Managements höher: „Bei Metformin schaut man eher hin.“ Nichtsdestotrotz hält er Metformin nach seinen Untersuchungen insgesamt auch in Bezug auf eine Laktatazidose für relativ sicher. Nach der Fall-Kontroll-Studie war auch eine eingeschränkte Nierenfunktion mit einer eGFR von ≥ 30 ml/min/1,73m² nicht mit einem erhöhten Risiko für eine Laktatazidose bei Metformin-Therapie assoziiert. Bei schwerer Niereninsuffizienz und insbesondere bei anaeroben Bedingungen, z.B. bei Patienten mit chronisch obstruktiver Atemwegserkrankung COPD) ist aber weiterhin Vorsicht geboten, betonte Beck-Nielsen. Steigende Laktatazidose-Inzidenz muss Konsequenzen haben Die steigende Inzidenz von Laktatazidosen gibt in jedem Fall Anlass zur Sorge und sollte wegen der hohen Mortalität dieser Komplikation Konsequenzen haben. Beck-Nielsen empfiehlt, bei Krankenhauseinweisung jedes Patienten mit Diabetes wegen einer Begleiterkrankung, den Plasmalaktatspiegel und pH-Wert zu messen.

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