Diabetische Retinopathie Auch Hypoglykämien werden der Netzhaut gefährlich

Erhöhte Blutzuckerwerte gehen nachweislich mit dem Risiko für diabetische Retinopathie einher. Laut Ergebnissen einer Studie aus Japan sind es aber nicht allein zu hohe Glukosespiegel, die der Netzhaut schaden können. Auch Hypoglykämien scheinen eine Gefahr zu sein – selbst wenn sie selten und in leichterer Form auftreten. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Wie sich eine intensive multifaktorielle Therapie von Patienten mit Typ-2-Diabetes auf die Inzidenz und Progression der diabetischen Retinopathie auswirkt, hat eine Arbeitsgruppe um Takayoshi Sasako von der Abteilung für Diabetes und Stoffwechselkrankheiten der Universität Tokio untersucht [1]. Das Forschungsteam unterzog dafür die Daten von 2540 Männern und Frauen mit Typ-2-Diabetes im Alter von 45 bis 69 Jahren, die an der randomisierten und kontrollierten offenen Studie J-DOIT3 (Japan Diabetes Optimal Integrated Treatment Study for 3 Major Risk Factors of Cardiovascular Diseases) teilgenommen hatten, einer Sekundäranalyse. Die J-DOIT3-Teilnehmer waren je zur Hälfte einer konventionellen leitliniengerechten Therapie unterzogen oder intensiv mit Blick auf die Kontrolle von Diabetes, Blutdruck und Lipidspiegel behandelt worden. Für die Intensivtherapie galten dabei ehrgeizige Ziele: HbA1c < 6,2%, Blutdruck < 120/75 mmHg, LDL-Cholesterin < 80 mg/dl bzw. < 70 mg/dl für Patienten mit KHK [2]. Die Studie lief median über 8,5 Jahre. Bei 317 der intensiv therapierten und 362 der konventionell behandelten Patienten traten Komplikationen an der Netzhaut auf, sie entwickelten entweder neu eine Retinopathie (261 Ereignisse in der Intensiv- vs. 311 in der konventionellen Gruppe) oder eine bereits bestehende schritt fort (56 vs. 51). Wie Sasako und Kollegen herausfanden, reduzierte die Intensivtherapie zwar die Inzidenz diabetischer Retinopathie signifikant um 17% – adjustiert nach BMI, Diabetesdauer, Nüchternglukose, Blutdruck und Nephropathie. Auf das Progressionsrisiko wirkte sich die intensive Behandlung aber nicht aus. Kein Schwellenwert für HbA1c auszumachen Der HbA1c-Wert ein Jahr nach der Randomisierung korrelierte nach Adjustierung positiv mit der Retinopathieinzidenz. „Für die Intensivtherapie als solche traf das nicht zu“, so Sasako und Mitarbeiter. Es liege daher nahe, dass die Reduktion der Inzidenz unter intensiver Behandlung einem verbesserten glykämischen Management zuzuschreiben sei. Der lineare Zusammenhang zwischen HbA1c und Retinopathiebeginn förderte im Übrigen aufgrund zweideutiger Konfidenzintervalle keinen Schwellenwert zutage. Empfehlung der Redaktion Diabetologische Notfälle Alles was Sie an theoretischem Rüstzeug brauchen, um Hypoglykämien, Ketoazidosen oder hyperosmolare hyperglykämische Komata schnell zu erkennen und sicher zu behandeln. Ein besonders interessantes Ergebnis der Studienanalyse betraf den Einfluss hypoglykämischer Episoden. Ärztlich festgestellte Hypoglykämien, unter Einbezug von Patientenberichten über Selbstmessungen, betrafen 41% der intensiv und 22% der konventionell Therapierten. Schwere Formen, also solche, die fremde Unterstützung nötig machten, waren mit einer Häufigkeit von rund 1% allerdings selten. Desungeachtet erhöhten auch leichtere Hypoglykämieformen das Risiko, eine diabetische Retinopathie zu entwickeln. Bereits 0,5 Episoden oder weniger pro Jahr steigerten die Retinopathieinzidenz um 25%. Und wer mehr als eine Hypoglykämie im Jahr durchmachte, dessen Risiko für Retinopathie stieg sogar um 85%. Für die Progression einer Retinopathie hatten die Hypoglykämien hingegen keine Bedeutung. „Glykämisches Management frei von jeder Hypoglykämie ist wichtig“ „Diese Sekundäranalyse der J-DOIT3-Studie zeigt, dass im Rahmen einer randomisierten klinischen Studie höhere HbA1c-Werte und Hypoglykämien bei Patienten mit Diabetes vom Typ 2 mit einem erhöhten Risiko für den Beginn einer Retinopathie einhergehen“, schreiben Sasako et al. in ihrem Resümee. Das gelte sogar dann, wenn die Werte der Blutglukose gut im Griff und die Inzidenz schwerer Hypoglykämien sehr gering sei. „Das unterstreicht, wie wichtig ein strenges glykämisches Management frei von jeder Hypoglykämie ist.“ Die Forscher vermuten, dass die erhöhten Insulinspiegel während einer Hypoglykämie über die neovaskularisierenden Effekte von Insulin auf das Endothel einwirken und eine Retinopathie auslösen können. Retinopathie war ein sekundärer Endpunkt der J-DOIT3-Studie, die primär auf kardiovaskuläre Endpunkte ausgerichtet war. Eingeschränkte Teststärke, besonders für die Progression der Retinopathie mit nur 107 Ereignissen, sei daher ein Problem, bemerken Joseph Giacalone und Andrew J. Barkmeier von der Mayo-Klinik, Rochester, in ihrem Kommentar zur Studie [3]. „Das erhöht die Wahrscheinlichkeit für falsch negative oder grenzwertige Signale.“ Aufgrund des schwankenden Glukosemonitorings sei zudem ein Detektionsbias für Hypoglykämien möglich. Die Übertragbarkeit auf andere Populationen bleibe zudem fraglich, nicht zuletzt aufgrund der Seltenheit schwerer Hypoglykämien. Insgesamt seien die Resultate als Hypothesen generierend anzusehen, obschon es verschiedene plausible biologische Mechanismen gebe, über die Hypoglykämien das Retinopathierisiko beeinflussen könnten. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie wirkt sich eine intensive Therapie von Patienten mit Typ-2-Diabetes auf deren Retinopathierisiko aus? Antwort: Höhere HbA1c-Werte, aber auch Hypoglykämien gehen laut einer Sekundäranalyse der J-DOIT3-Studie mit einem erhöhten Risiko für den Beginn einer Retinopathie einher. Bedeutung: Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig ein strenges glykämisches Management frei von Hypoglykämie ist. Einschränkung: Retinopathie war in der J-DOIT3-Studie ein sekundärer Endpunkt.

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Diabetische Retinopathie Auch Hypoglykämien werden der Netzhaut gefährlich

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